Messen als inspirierende Business-Plattformen

Interview mit Dr. Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender, über die Deutsche Messe AG

Wirtschaftsforum: Wie sieht die Zukunft der Deutschen Messe AG in Ihren Augen aus, Herr Dr. Köckler? Was sind die großen Pläne und Träume?

Dr. Jochen Köckler: Wir haben eine ehrgeizige und klare Vision für die Zukunft. Unser oberstes Ziel ist es, unsere Messen zu den führenden Business-, Wissens- und Inspirationsplattformen ihrer jeweiligen Branchen zu entwickeln. Die Marke Deutsche Messe soll dabei als führend in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Kundenorientierung wahrgenommen werden. Dazu setzen wir weltweit auf innovative und emotional ansprechende Veranstaltungskonzepte. Diese verbinden wir mit erstklassiger Infrastruktur und exzellentem Service. Wir wollen aber auch immer wieder deutlich machen, welchen wesentlichen Beitrag wir als Messegesellschaft für die Gesellschaft leisten: Wir bringen Menschen zusammen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: Innovationen voranzutreiben, Nachhaltigkeit zu fördern und Wohlstand zu mehren.

Wirtschaftsforum: Die Welt ist online – wie springt die Deutsche Messe AG auf diesen digitalen Zug auf? Können Sie uns ein paar coole digitale Neuerungen nennen, die bald kommen?

Dr. Jochen Köckler: Wie in allen Branchen, so ist auch im Messewesen die Digitalisierung entscheidend, um den Kundennutzen signifikant zu steigern. In den letzten Jahren haben wir bereits bedeutende Schritte unternommen – sei es eine digitale Besucherführung via App, sowie weitere digitale Lösungen, die es Besuchern erleichtern, die passenden Aussteller zu finden.

Für die Zukunft setzen wir zum Beispiel auf digitales Besuchertracking, um unseren Ausstellern präzise Informationen über die Besuchergruppen, deren Bewegungsprofile und Interessenschwerpunkte zu liefern. Darüber hinaus wird die künstliche Intelligenz (KI) zunehmend eine zentrale Rolle im Messegeschäft einnehmen. Ein vielversprechender Ansatz ist der Einsatz von Technologien wie ChatGPT zur Unterstützung bei der Aussteller- und Produktsuche.

Wirtschaftsforum: Nachhaltigkeit ist das große Ding – wie macht die Deutsche Messe AG die Welt ein bisschen grüner? Haben Sie ein paar Beispiele, wie Ihre Messen umweltfreundlicher werden?

Dr. Jochen Köckler: Nachhaltigkeit ist für uns nicht nur ein Schlagwort, sondern eine zentrale Säule unserer Unternehmensphilosophie. Ziel unseres unternehmensweiten Nachhaltigkeitsprojekts Fair2Future ist es, bis zum Jahr 2035 C02-neutral zu werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Bereichen Energie, Mobilität und Entsorgung. So beziehen wir seit einigen Jahren ausschließlich Ökostrom. Wir überarbeiten auch unser Angebot an Mietständen, indem wir verstärkt auf CO2-arme und energieeffiziente Komponenten setzen. Wie etwa recycelbare Bodenbeläge, Grafikmaterialien und LED-Beleuchtung.

Wirtschaftsforum: Welche neuen, spannenden Orte haben Sie im Blick für die Deutsche Messe AG? Gibt es Länder, in denen Sie besonders gerne eine Messe veranstalten würden?

Dr. Jochen Köckler: Im Ausland sind wir bereits stark vertreten. Mit Tochtergesellschaften unter anderem in Australien, China, Italien, Kanada, Mexiko oder Indien und einem weltweiten Netz von Vertretungen. Doch auch hier wollen wir weiter wachsen. Dafür haben wir eigens einen neuen Geschäftsbereich geschaffen: „New & Global Business Development“. Kernaufgabe wird es sein, neue Messen im In- und Ausland zu konzipieren und voranzutreiben.

Wirtschaftsforum: Was hält Sie nachts wach, Herr Dr. Köckler? Welche großen Hürden muss die Deutsche Messe AG nehmen, und wie stellen Sie sich diesen?

Dr. Jochen Köckler: Angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und des Kostendrucks in vielen Unternehmen stehen Messebeteiligungen jedes Jahr auf dem Prüfstand. Messeveranstalter müssen daher noch näher an den Themen und Herausforderungen der jeweiligen Branche sein, um ihre Messen so zu konzipieren, dass sie einen echten Mehrwert für die ausstellenden Unternehmen und die Besucherinnen und Besucher schaffen. Es reicht nicht mehr aus, nur einmal im Jahr eine Messe zu veranstalten. Auch unter dem Jahr müssen Anknüpfungspunkte geschaffen werden, damit die Messe bei den Zielgruppen relevant bleibt.

Deshalb haben wir im Januar erstmals eine neue Hannover Messe Konferenz zum Thema KI veranstaltet. Damit schaffen wir einen Anlaufpunkt für die KI-Community und einen Spannungsbogen zur Hannover Messe im April, auf der KI eine zentrale Rolle spielen wird.

Das erfordert natürlich auch ein Umdenken bei uns im Unternehmen. Die Teams müssen sich darauf einstellen, Teil der Communities zu sein, die sich auf unseren Messen treffen, um die Trends und Themen der Branche aufzuspüren. Nur so können wir jede Veranstaltung gezielt auf die aktuellen und zukünftigen Trends der Branche ausrichten.

Wirtschaftsforum: Wie sehen Messen in 10 Jahren aus? Haben Sie spannende Visionen oder verrückte Ideen für die Zukunft?

Dr. Jochen Köckler: Ich bin überzeugt, dass sich der Kern von Messen nicht ändern wird. Die Menschen werden sich auch in 10 Jahren noch persönlich treffen wollen, um sich inspirieren zu lassen, vertrauen zu Geschäftspartnern auszubauen und komplexe Technologien zu verstehen. Das hat auch der Neustart nach der Corona gezeigt: Menschen wollen sich nicht nur online treffen und informieren.

Was sich aber ändern wird, sind die Rahmenbedingungen. Die so genannte Customer Journey wird komplett digital unterstützt und auch B2B-Messen werden zunehmend Eventcharakter haben. Das wird gerade für die jüngere Zielgruppe, die wir ja auch für Messen begeistern wollen, eine wichtige Rolle spielen.

Wirtschaftsforum: Zum Schluss etwas Persönliches: Was war Ihr glänzendster Moment bei der Deutschen Messe AG? Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Dr. Jochen Köckler: Natürlich trifft man auf jeder Messe die unterschiedlichsten, beeindruckenden Menschen und hochrangige Staatsvertreter, aber besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Besuch des damaligen US-Präsidenten Barack Obama auf der HANNOVER MESSE 2016. Das war schon etwas ganz Besonderes.

Strategisch liegt mein Fokus derzeit darauf, unser Unternehmen noch stärker auf den Kunden auszurichten. Dazu läuft ein unternehmensweites Projekt mit dem Ziel, alle Prozesse so auszurichten, dass sie einen echten Mehrwert für den Kunden schaffen. Und das alles zahlt wiederrum auf unsere Vision ein: Messe auszurichten, die die führenden Business-, Wissens- und Inspirationsplattformen ihrer jeweiligen Branche sind.

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