Technik und Köpfe: der Mix macht‘s

Interview mit Carsten Liske, CEO der CHIRON Group SE

Wirtschaftsforum: Herr Liske, die CHIRON Group konnte 2021 ihr 100-jähriges Jubiläum feiern. Was hat das Unternehmen zu dem gemacht, was es heute ist?

Carsten Liske: In der Geschichte der CHIRON Group gab es verschiedene Meilensteine, die das Unternehmen auf die Zukunft ausgerichtet haben. Nach der Gründung ging es zunächst um die Fertigung von chirurgischem Besteck, später unter anderem um OP-Ausstattungen und Kompressoren. Richtungsweisend war 1957 der Einstieg der Familien Hoberg und Driesch, die bis heute 100% der Anteile halten. Dieser stabile Hintergrund war immer prägend. In den Folgejahren wurden viele Maschinen gebaut, die Globalisierung vorangetrieben, Akquisitionen getätigt.

Nachden wir bereits acht Jahre in China Maschinen gebaut hatten, wurde 2019 das erste Produktionswerk vorort, die Taicang Innovation Factory, errichtet. 2020 haben wir ein Schweizer Unternehmen akquiriert; damit einher ging die Übernahme eines Fertigungskonzepts für die Mikrobearbeitung. 2022 kam es zu zwei weiteren Akquisitionen: die auf Automatisierung spezialisierte Greidenweis Maschinenbau GmbHsowie HSTEC aus Kroatien, die seit 25 Jahren auf Hochleistungsmotorspindeln spezialisiert ist. Durch diese strategischen Zukäufe sind wir global gewachsen; gleichzeitig haben wir auch in schwierigen Zeiten Innovationen immer vorangetrieben und können heute vielversprechende neue Märkte wie die Elektromobilität bedienen.

Wirtschaftsforum: Wie lässt sich diese Dynamik in Zahlen ausdrücken?

Carsten Liske: Wir beschäftigen weltweit 1.900 Mitarbeitende und sind in 16 Ländern mit eigenen Gesellschaften, Vertriebs- und Servicestandorten sowie Produktionsstätten präsent. Der Auftragseingang liegt heute bei rund 400 Millionen EUR und hat sich nach einem Rückgang durch die Transformation in der Automobilindustrie und die Coronakrise erholt. Wir haben die Krise schließlich für eine Neuaufstellung genutzt, sodass wir gestärkt aus der Zeit hervorgehen konnten und heute wieder ganz klar Wachstumsziele verfolgen.

Wirtschaftsforum: Die CHIRON Group SE stellt komplexe Hightech-Bearbeitungszentren her, legt gleichzeitig großen Wert darauf, Kunden mit umfassenden Services zu unterstützen. Was kennzeichnet das Portfolio?

Carsten Liske: Kundenzufriedenheit ist unser Motor. Kunden kaufen nicht allein eine Maschine, sondern schlüsselfertige Lösungen, die ihnen erlauben, sich im Wettbewerb zu differenzieren. Unsere Kernkompetenzen liegen im Fräsen, Fräs-Drehen, der Automation und auch in digitalen Lösungen, die sich um die Maschinen arrangieren. In Zukunft werden größere, integriertere Lösungen mit zusätzlichen Prozessschritten entlang der Wertschöpfungskette gefragt sein. Der Trend geht hin zur Smart Factory, die digital gesteuert ist, um effiziente, hochproduktive Fertigungsprozesse abzubilden. Gleichzeitig werden Services immer wichtiger.

Wirtschaftsforum: Sind es allein innovative Produkte, die CHIRON Group zum globalen Marktführer avancieren ließen?

Carsten Liske: Nein. Es gab die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort; hier sei zum Beispiel der ehemalige CEO Dr. Hans-Henning Winkler zu nennen, ein Visionär, der das Unternehmen global zu dem gemacht hat, was es heute ist. Dann gab es Innovationen, die Gamechanger waren, zum Beispiel die doppelspindelige Bearbeitung, die zu extremen Produktivitätssteigerungen und Kostensenkungen führte. Es ist damit die Kombination aus guten, innovativen Produkten, die im richtigen Moment auf den Markt kommen, um Probleme der Kunden auf neue Art zu lösen, gepaart mit den richtigen Personen, die das erkennen und umsetzen können. Ein Mix aus Technik und Köpfen. Am Ende ist es die Summe der Mitarbeitenden, die Veränderungen herbeiführen. Sie sind das zentrale Gut des Unternehmens und das größte Asset.

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