Wenn Hörspiel-Technik Kindern einfach nur Spaß macht
Interview mit Patric Faßbender, Geschäftsführer der Boxine GmbH

Wirtschaftsforum: Sie selbst gehören zur Generation „Europa-Kassette“, einige Zeit später gab es die Hörspiele auf CDs, heute wird der Content dezentral gestreamt. Ihre haptische Tonie-Box wirkt da aus technischer Sicht wie ein Schritt zurück. Weshalb wird sie Ihnen dennoch aus den Händen gerissen?
Patric Faßbender: Die Tonie-Box ist auch aus technischer Sicht sicherlich kein Schritt zurück: Wir haben modernste Technologie verbaut, zum Beispiel WiFi und NFC. Aber die Technologie ist nur ein Mittel zum Zweck. Deshalb haben wir sie auch nicht in den Vordergrund gestellt, sondern den Nutzer. Auf ihn kommt es an, er ist das Wichtigste.
Wirtschaftsforum: Auf Ihrer Webseite erzählen Sie, wie die Idee für Ihre Tonie-Box aus der Frustration über zerkratzte CDs und unzuverlässige Abspielgeräte entstand. Wie lange und schwierig war der Weg von der Idee bis zur serienreifen Tonie-Box?
Patric Faßbender: Leider deutlich länger als ich anfänglich dachte, aber trotzdem im Endeffekt erstaunlich schnell. In Summe haben wir von der ersten Idee bis zum Launch 3,5 Jahre benötigt. Am meisten Zeit haben wir sicher für die Entwicklung der Tonie-Box gebraucht. Aber schon zum Start hatten wir 20 Tonies im Programm, wir haben konsequent unsere Marke entwickelt, den Vertrieb aufgebaut und unser Unternehmen ausgebaut. Angesichts dieser Herausforderungen waren wir doch relativ zügig.

Die Technologie ist nur ein Mittel zum Zweck. Deshalb haben wir sie auch nicht in den Vordergrund gestellt, sondern den Nutzer. Auf ihn kommt es an, er ist das Wichtigste. Patric Faßbender
Wirtschaftsforum: Mehr als einmal haben Sie die Nachfrage nach Ihrem Produkt unterschätzt und Eltern wie Einzelhändler saßen auf dem Trockenen. Wie haben Sie für das aktuelle Weihnachtsgeschäft kalkuliert – und ging die Rechnung diesmal auf?
Patric Faßbender: Wir sind diesmal deutlich mehr ins Risiko gegangen und haben aus den Erfahrungen der Vorjahre gelernt. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, in einem stark wachsenden Markt eine Punktlandung hinzulegen. Wir haben unser Volumen fast vervierfacht – eine großartige Leistung des Teams und unserer Produktionspartner! Wir hätten auch dieses Jahr mehr verkaufen können, aber die Produktengpässe sind lange nicht so dramatisch wie 2017.
Wirtschaftsforum: Als vor einiger Zeit die „Höhle der Löwen“ bei Ihnen angerufen hat und Sie zu einem Pitch vor den prominenten Investoren einlud, haben Sie dankend abgelehnt. Weshalb hatten Sie kein Interesse an dem zusätzlichen Kapital und Publicity-Schub?
Patric Faßbender: Vor allem weil wir gut finanziert sind. Auch die wirklich tolle Unterstützung im Vertrieb, die der eine oder andere Löwe sicherlich mitgebracht hätte, war für uns kein Argument. Denn auch in diesem Segment waren wir schon sehr gut aufgestellt. Sicherlich sind fünfzehn Minuten Air-Time in der „Höhle der Löwen“ aus Marketingsicht wahnsinnig spannend, aber wir waren eben nie auf einen wahnsinnigen Peak in der Kommunikation an einem einzigen Tag aus, sondern wollten Stück für Stück wachsen. Das ging dann sogar deutlich schneller als angenommen, auch ohne die „Höhle der Löwen“.
Wir waren eben nie auf einen wahnsinnigen Peak in der Kommunikation an einem einzigen Tag aus, sondern wollten Stück für Stück wachsen. Patric Faßbender

Wirtschaftsforum: Nachdem die Tonie-Box schon den deutschen Markt erobert hat, lautet Ihr nächstes Ziel Großbritannien. Welche neuen Herausforderungen erwarten Sie dort, mit denen Sie auf dem Heimatmarkt nicht zu kämpfen hatten?
Patric Faßbender: Die Erfolgsstory, die wir im DACH-Raum geschrieben haben, spielt im UK keine Rolle. Das muss man so feststellen. Noch dazu existiert das Thema Hörspiel dort so gut wie gar nicht. Der britische Markt funktioniert ganz anders, ist noch preissensibler. Aber das war uns von Anfang an klar und macht ja gerade den Reiz aus!
Wirtschaftsforum: Welches Tonie-Hörspiel steht bei Ihren eigenen Kindern ganz hoch im Kurs, und auf welche Hörspielrechte wollten Sie aus unternehmerischer Sicht auf keinen Fall verzichten?
Patric Faßbender: Bei meinen beiden Töchtern schwankt das stark. Die Musik-Tonies der großartigen Reihe „Unter meinem Bett“ werden von ihnen aber besonders geliebt, zurzeit auch die „Schule der magischen Tiere“ und die „Fuchsbande“. Natürlich sind Tonies von Disney noch ein Ziel, das wir uns gesetzt haben. Aber aus unternehmerischer Sicht kommt es auf den Mix an: Was ist wirtschaftlich spannend? Welche Themen geben unserer Marke ein Profil? Und welche Themen funktionieren lokal oder international?
Interview: Julian Miller | Fotos: Boxine GmbH