Der Reiz des Unbekannten

Interview mit Marco Barbanera, Geschäftsführer der Barbanera Srl

Wirtschaftsforum: Herr Barbanera, Sie leiten in der dritten Generation das Weingut der Familie, das 1938 von Ihren Großeltern gegründet wurde. Wofür steht der Name Barbanera?

Marco Barbanera: Zunächst einmal natürlich für Qualitätsweine aus der Toskana. Für uns ist Qualität immer das A und O gewesen, wir sind nie zufrieden, sondern streben kontinuierlich nach Verbesserung – und wir sind sehr hartnäckig, wenn es darum geht, diese Ziele zu erreichen. Gleichzeitig spüren wir eine große Neugierde auf Neues. Wir fühlen uns nie wirklich angekommen, sondern suchen immer wieder neue Herausforderungen. Glücklicherweise wird diese Haltung von allen im Unternehmen gemeinsam getragen.

Wirtschaftsforum: Barbanera ist ein klassisches Familienweingut, das sich dank dieser Motivation kontinuierlich weiterentwickelt hat. Gab es besondere Meilensteine und wie ist das Unternehmen heute aufgestellt?

Marco Barbanera: Mein Vater hat das Gut von seinen Eltern übernommen. 1978 sind mein Bruder Paolo und ich eingetreten; mittlerweile ist auch die vierte Generation aktiv, was uns sehr glücklich macht, da wir unseren Kunden so die bewährte Kontinuität garantieren können. Heute haben wir 35 Mitarbeiter, produzieren rund 11,5 Millionen Flaschen Wein und setzen etwa 33,4 Millionen EUR um. Eine wichtige strategische Entscheidung war der Beginn der Exporttätigkeiten 1982 mit Deutschland als erstem Auslandsmarkt. Noch heute ist Deutschland unser wichtigster Kernmarkt. Auf Produktseite sorgten Weine, die nicht unbedingt typisch für die Toskana, sondern fruchtiger und weicher waren und Tradition und Innovation vereinten, für eine neue Dynamik. Wir sind mit diesen Weinen bewusst neue Wege gegangen, waren die Ersten und sind heute stolz darauf, dass die Weine sich durchsetzen konnten. Uns war es immer wichtig, Pionier zu sein, selber Trends zu setzen, statt anderen zu folgen. In den letzten drei Jahren haben wir zum Beispiel neue toskanische Weine kreiert; einen Rotwein, einen Weißwein und einen Rosé aus leicht angetrockneten Trauben. Damit nehmen wir eine Ausnahmestellung ein. Das Gleiche gilt für einen toskanischen Sangiovese als Weißwein, der bei Kunden in der ganzen Welt hervorragend ankommt.

Wirtschaftsforum: Gibt es bestimmte Weine, die heute Aushängeschilder des Weinguts sind?

Marco Barbanera: Rotweine machen mit etwa 85% den Hauptanteil aus. Wir bieten heute die Linien ʻDuca di Saragnanoʼ und ʻBarbaneraʼ an; es sind Rot-, Weiß- und Roséweine, die lediglich über verschiedene Verkaufskanäle, einmal den Lebensmitteleinzelhandel und einmal Horeca sowie E-Commerce, vertrieben werden. Unsere Premiumweine vermarkten wir unter dem Brand ʻCollezione Famiglia Barbaneraʼ. Es sind der ʻVeccianoʼ, ʻChietenoʼ und ʻPiano Oroʼ, allesamt IGT-Weine. Ein weiteres Highlight ist unser ʻGiginoʼ, ein Super-Tuscan-Wein, den wir zu Ehren unseres Vaters Luigi kreiert haben. Er ist seit drei Jahren auf dem Markt, ist kraftvoll und elegant zugleich. 2020 haben mehr als 200.000 Flaschen verkauft. Ein weiteres wichtiges Produkt und eine Spur hochwertiger ist der ʻGigino Grandeʼ, von dem wir jährlich maximal 40.000 Flaschen herstellen. Große Erwartungen sind zudem an unsere neueste Kreation geknüpft, einen Primitivo aus dem Salento mit Namen ʻNgudràʼ, der im September lanciert wird. Er wird in einem der besten Weingüter Apuliens hergestellt und reift sieben bis neun Monate im Barrique-Fass.

Wirtschaftsforum: Der international bekannte Weinkritiker Luca Maroni hat Barbanera 2018 und 2020 als bestes Weingut Italiens ausgezeichnet, viele Weine sind mit internationalen Auszeichnungen dekoriert. Dieses Jahr hat der ʻChietenoʼ die begehrte Goldmedaille auf der Mundus Vini erhalten, der ʻGiginoʼ wurde mit der Goldmedaille auf der Berliner Wine Trophy ausgezeichnet. Barbanera ist längst eines der renommiertesten Weingüter Italiens. Wohin soll vor diesem Hintergrund die Zukunft gehen?

Marco Barbanera: Da wir sehr exportorientiert sind, genießen wir vor allem im Ausland hohes Ansehen. Jetzt wollen wir den italienischen Markt ausbauen, sind bereits erste Schritte gegangen, wurden dann allerdings durch COVID ausgebremst. Was die Produkte betrifft, werden wir weiter in exzellentes Rohmaterial investieren und auf der Basis neue, unbekannte Denominationen entwickeln. Der Reiz liegt im Unbekannten; wir wollen auf keinen Fall Mitbewerber kopieren, sondern innovative Produkte mit Entwicklungspotenzial kreieren und unseren Kunden hervorragende Services und Kontinuität bieten.

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