Die Jahrhundertfirma
Interview mit Lisa-Marie Müller, Geschäftsführerin der Himmelberger Zeughammerwerk Leonhard Müller & Söhne GmbH
Lisa-Marie Müllers Name steht im Firmennamen. Und das ist ein echter Auftrag, zumal für sie als erste Frau an der Spitze des Unternehmens seit 1675. Umso mehr hat sie gegeben, bevor sie Verantwortung übernahm: Teilzeit-Mitarbeit und Durchlaufen aller Firmenabteilungen seit sie 16 Jahre alt war. Bachelor- und MBA-Studium, auch in Unternehmensmanagement. Nebenbei den Staplerführerschein gemacht, um sich mit etwas Handfestem in der männlichen Domäne zu beweisen. „Ich habe früh gesehen, dass ich als Frau 120% geben und ein hohes Maß an Durchhaltevermögen, Motivation und Durchsetzungskraft mitbringen muss. Entsprechend habe ich Gas gegeben und bin mit meiner klaren Kommunikation auf Augenhöhe und Authentizität jetzt fest etabliert. Nun möchte ich auch noch ein bisschen Staub aufwirbeln.“
Das beste Produkt der Nische
Was kommt, was bleibt? Genau das darf man sich fragen, wenn ein solch positiver Bruch in einer Unternehmenshistorie erfolgt. Und für Lisa-Marie Müller ist klar, dass sie weiter auf Tradition und die hohe Qualität der handgefertigten und individualisierbaren Werkzeuge setzt: „Das beste Produkt in der Nische, das macht uns aus.“ Gerade das Klassik-Sortiment hat sie dabei im Auge, vor allem die rustikale Linie an Äxten und Krampen, die mittlerweile bis nach Kanada und Australien exportiert werden. Auch setzt sie weiter auf Unabhängigkeit und hält die Lager an Rohlingen und Co. gut gefüllt. Modernisierung und Optimierung bringt sie durchdacht voran: Damit das Wissen um die Handwerkskunst nicht verloren geht, digitalisiert sie das Know-how angestammter Mitarbeiter für den Nachwuchs. Und: Sie erschließt sich neue Geschäftsfelder, vor allem im Eventbereich, und lädt interessierte Kunden und Händler ins Zeughammerwerk ein, um etwa eine Meisteraxt mitzuschmieden und den Produktionsprozess live zu erleben – Funkensprühen und Feuer spüren inklusive.
Zero Wegwerfgesellschaft
Was Lisa-Marie Müller besonders stolz macht: Ihre Produkte sind die Antithese zur Wegwerfgesellschaft. „Wenn ich auf Menschen treffe, die von der Langlebigkeit unserer Produkte schwärmen wie zuletzt auf der KWF-Tagung, dann geht mir das Herz auf.“ Und ganz Geschäftsfrau erweitert sie das Sortiment entsprechend. „Die Kunden wollen die Produkte pflegen und erhalten, also gibt es jetzt mehr Zubehör, Gadgets etwa zum Nachschleifen daheim.“ Zweifelsohne: Lisa-Marie Müller ist angekommen an der Spitze einer Jahrhundertfirma.