Komfort für unterwegs

Interview mit Marcus Remmel, Geschäftsführer der Dometic Germany GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Remmel, erzählen Sie uns doch zunächst etwas über die Entstehung Ihres Unternehmens und welche Idee hinter der Gründung stand. 

Marcus Remmel: Dafür müssen wir bis in die 1920er-Jahre zurückgehen. Zwei schwedische Ingenieure haben damals die Absorptionskältetechnologie erfunden, die auch im Haushaltsbereich für die ersten Kühlschränke genutzt wurde. Die Firma Elec-trolux hat das Patent gekauft. Im Haushaltsbereich wurde die Technologie von der Kompressortechnologie verdrängt, sie hat jedoch im Freizeitbereich ihre Nische gefunden. Electrolux hat dann alles, was nicht zum Kernmarkt, also weiße Ware, gehörte, abgestoßen. Aus der Electrolux-Sparte Freizeitprodukte ist so 2001 die Dometic Gruppe entstanden. Sie ist seitdem kräftig gewachsen, auch durch Akquisitionen.

Zur Gründungszeit hatten wir um die 300 Millionen EUR Umsatz. 2024 lag der Umsatz der Gruppe bei knapp 3 Milliarden EUR. Anfangs haben wir fast ausschließlich den Bereich Freizeitfahrzeuge bedient. Inzwischen sind die Marineindustrie und der Bereich Lkw hinzugekommen: Auch in Booten und Lkw sind Kühlschränke oder Klimaanlagen von uns verbaut. Darüber hinaus gibt es noch einige weitere Märkte, in denen wir tätig sind. Der Standort Emsdetten ist unser größtes Lager und Verteilzentrum in Europa und damit eine große Drehscheibe für die Logistik. Daneben übernehmen wir weitere wichtige Funktionen für die Gruppe wie Produktentwicklung und Marketing. 

Wirtschaftsforum: Ihr Geschäft dreht sich also noch heute unter anderem um die vor über 100 Jahren erfundene spezielle Kältetechnologie. Worin liegt deren Vorteil? 

Marcus Remmel: Sie kann sowohl mit elektrischer Energie als auch mit Gas betrieben werden. Im Vergleich zur Kompressortechnik ist sie absolut lautlos. Mit diesen Vorteilen hat sie den Einzug in die Freizeitbranche gefunden, in Form von Kühlschränken in bewohnten Freizeitfahrzeugen, aber auch in die Hotellerie, zum Beispiel bei den Minibars. Nach und nach hat Dometic immer mehr Produkte und Märkte erschlossen.

Wirtschaftsforum: Erwarten Sie weiterhin ein so starkes Wachstum wie bisher?

Marcus Remmel: Unsere Branche hat sehr viel Wachstumspotenzial. Die Menschen investieren mehr in ihre Freizeit und haben ein großes Interesse an Outdooraktivitäten. Das Thema Work-Life-Balance spielt uns natürlich auch in die Karten. Urbanisierung ist ja ein Megatrend. Die Menschen wollen dazu einen Ausgleich haben und Zeit in der Natur verbringen. Genau dort setzen wir mit unseren Produkten an. Wie für viele andere Branchen waren die letzten Jahre auch für uns schwierig, beginnend mit der Pandemie. Aber dann hat der Outdoorbereich einen Boom erlebt. Jetzt sind wir in der Phase, in der sich die Inflation auswirkt und die Kauflust gesunken ist. Trotzdem werden weiterhin Fahrzeuge gekauft. Langfristig sehen wir uns auf jeden Fall auf einem Wachstumspfad. Dies auch vor dem Hintergrund, dass viele aus der Babyboomer-Generation jetzt in Rente gehen. Damit haben wir in den nächsten Jahren viele Menschen, die deutlich mehr Freizeit haben und etwas von der Welt sehen wollen.

Wirtschaftsforum: Wie ist Ihr heutiges Portfolio aufgebaut? 

Marcus Remmel: Der größte Geschäftsbereich Land Vehicle besteht aus installierten Produkten für Freizeitfahrzeuge und kommerzielle Fahrzeuge wie Lkw. Dazu gehört der Schwerpunkt ‘Food & Beverage’, also Kühlschränke, Kocher und Kochfelder. Ein weiterer Schwerpunkt ist Heizung, Klima und Belüftung mit Klimaanlagen, Belüftungssystemen und Heizungen unter anderem für die Fahrzeuge aus dem Bereich Land Vehicle. Dann haben wir den Produktbereich Windows and Doors mit Fenstern, Türen und Dachsystemen für Fahrzeuge. Im Bereich Rahmenfenster und rahmenlose Fenster für Freizeitfahrzeuge sind wir in Europa Marktführer. Außerdem haben wir den Bereich Sanitärsysteme, also in Fahrzeugen installierte Toilettensysteme. Ein weiterer globaler Geschäftsbereich ist Marine mit der Ausrüstung von Booten wie zum Beispiel hochkomplexer Steuerungs- oder Navigationssysteme. Hier haben wir gerade, zunächst in Nordamerika, eine Innovation herausgebracht: ein System, dass dafür sorgt, dass das Boot in Balance bleibt, das es also im Prinzip den Wellengang ausgleichen kann. Im Geschäftsbereich Mobile Cooling bieten wir tragbare Kühlsysteme. Weiterhin haben wir den Produktbereich Outdoor Stand Alone mit Zelten und Vorzelten sowie mobilen Kochern und Grills und schließlich noch Mobile Power Solutions mit in Fahrzeuge installierten, aber auch tragbaren Batterien, Solarzellen und Wechselrichtern.

Wirtschaftsforum: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Erfolgsfaktoren von Dometic?

Marcus Remmel: Einer ist definitiv unsere globale Präsenz. Wir haben schon immer global gedacht. Ein weiterer sind unsere Produkte – nicht nur die, die wir selbst entwickelt haben, sondern auch die, die wir durch Akquisitionen hinzugewonnen haben. All das fügt sich zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen. Denn unser Unternehmenskern ist, möglichst vielen Menschen zu ermöglichen, ihre Freizeit draußen zu verbringen, an schönen Plätzen auf der Welt länger zu verweilen und dabei flexibel zu sein, ohne auf Komfort zu verzichten. Darüber hinaus haben wir viele Mitarbeiter, die schon lange Jahre bei Dometic und stark mit dem Unternehmen verbunden sind. Das ermöglicht uns, im Markt erfolgreich zu sein.

Wirtschaftsforum: Wie würden Sie Ihre Unternehmenskultur beschreiben? 

Marcus Remmel: Wir stellen unsere Werte immer wieder infrage und formulieren sie neu. So entstand jetzt der Slogan „We play to win“. Wir haben hohe Ambitionen und verlangen auch viel von unseren Mitarbeitern. Aber das Ganze soll ein bisschen spielerisch und motivierend sein. Wir spielen als Team zusammen das Spiel, um zu gewinnen.

Wirtschaftsforum: Wo wollen Sie das Unternehmen in den nächsten drei bis fünf Jahren sehen?

Marcus Remmel: Wir wollen weiter wachsen, noch mehr Produkte hinzufügen und neue Märkte erschließen. Dabei wollen wir uns auch auf bestimmte Produktbereiche fokussieren und dort mehr Marktanteile holen. Ein Ziel ist, den Lebenszyklus unserer Produkte noch enger zu begleiten. Das bedeutet, mehr Services anzubieten, um das Produkt auch länger nutzbar zu machen. Deshalb werden wir uns mit unserer Produktentwicklung auch auf den Aftermarket fokussieren. 

Wirtschaftsforum: Zum Schluss wüssten wir gern mehr über Ihre Person und was für Sie der Antrieb für Ihre Arbeit ist.

Marcus Remmel: Ich bin schon seit 2001 dabei und war zunächst in der Produktentwicklung tätig. Neben meiner Funktion als Geschäftsführer am Standort Emsdetten verantworte ich seit zwei Jahren im Geschäftsbereich Land Vehicle EMEA sowohl das Produktmanagement als auch die Produktentwicklung. Das ist mein Steckenpferd. Ich bin also in einem Markt aktiv, der mir persönlich nahe liegt. Außerdem bin ich sehr Outdoor-affin. In meiner Freizeit verbringe ich viel Zeit draußen und kann mich mit unseren Produkten absolut identifizieren. 

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