Mit Digital Fashion in die Zukunft
Interview mit Detlef Beiter, CEO der SPH AG

Das Interview führte: Manfred Brinkmann
Wirtschaftsforum: Wird der aktuelle Boom im E-Commerce nachhaltig sein, oder ist dies für den Handel nur die Aktivierung eines neuen Standbeins? Kann E-Commerce langfristig tatsächlich den stationären Handel ersetzen?
Detlef Beiter: Es ist nicht einfach, E-Commerce gut oder sogar exzellent zu machen. Man braucht Spezialwissen, im Marketing, für die Positionierung der Marke und in vielen anderen Bereichen. Man kann jetzt versuchen, den Anteil im E-Commerce zu erhöhen, aber diese Aktivitäten werden nicht langfristig den stationären Handel ersetzen können. Wenn 300 Läden geschlossen sind, kann man das online nicht auffangen.
Wirtschaftsforum: Was sind besondere Features Ihrer Software?
Detlef Beiter: Wir sind echte Experten, wenn es um die Modebranche geht. Die Modebranche arbeitet mit ‘verderblicher’ Ware. Im Sommer wird andere Kleidung verkauft als im Winter. Das heißt, wenn man Ware für Mai gekauft hat, interessiert sich niemand mehr im September dafür. Man kann die Ware erst im nächsten Jahr wieder brauchen. Dann ist die Ware aber meist nicht mehr gefragt oder modern. Gerade wenn man in Asien bestellt, hat man zudem Vorlaufzeiten von bis zu einem Jahr. Durch den Lockdown ist der Cashflow eingebrochen. Den brauchen die Händler aber, um die Kollektionen für das nächste Jahr zu bestellen. Das heißt, eine zentrale Herausforderung der Branche ist es, die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt in den richtigen Läden zu haben. Diese Herausforderung können wir mit unserer Software lösen. Es gibt zudem saisonale Einflüsse, wie das Wetter oder große Events. Man kann aus diesen Einflussfaktoren Regeln ableiten, wie sich der Verkauf entwickelt. Auch das können wir mit unseren Lösungen abdecken. Selbstverständlich agieren wir Omnichannel-orientiert. Ganz gleich, ob Katalog, Stores, Aktionen oder E-Commerce, wir können das Marketing mit unserer Software zentral steuern. Im Retail-Bereich sind wir ebenfalls sehr gut aufgestellt. Hier gibt es viele Parallelen zur Modewelt, wie zum Beispiel saisonale Einflüsse oder Verderblichkeit von Ware.
Wirtschaftsforum: Wie wichtig ist das Thema Recruitment für Sie? Ist das Thema Fachkräftemangel bei Ihnen im Haus ein Thema?
Detlef Beiter: Mitarbeiter sind zurzeit der limitierende Faktor in unserem Bereich. Deshalb ist es eines der wichtigen Themen für die Zukunft, neue Mitarbeiter zu gewinnen und unsere bereits vorhandenen Mitarbeiter weiter zu qualifizieren. Wir müssen ein gutes Team bilden – das ist entscheidend für unseren Erfolg. Das gelingt uns ganz gut. Wir sind eines der wenigen Unternehmen in unserer Branche, das keine Kurzarbeit hat. Das spricht sich herum. Wir suchen zum Beispiel aktuell zehn ERP-Consultants, die wir sofort einsetzen können.
Wirtschaftsforum: Herr Beiter, SPH gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Was waren bislang die wichtigsten Entwicklungsschritte?
Detlef Beiter: Begonnen hat alles 1975. Ursprünglich sind wir mit ERP-Lösungen für Versandhändler gestartet. Früher haben die Versandhändler mit Katalogen gearbeitet, dann kam das Internet und der Bedarf an IT-Lösungen wuchs. Wir haben 2009 entschieden, uns auf Speziallösungen zu konzentrieren, zusätzliche Softwaremodule zu entwickeln, die mit Microsoft-Standard-Software nutzbar sind. Vor fünf Jahren haben wir uns dann weiter spezialisiert und auf die Modebranche fokussiert. Heute bilden wir hier alle wichtigen Funktionen im ERP-Bereich ab und haben Referenzkunden wie Bogner, TRIGEMA oder Planet Sports.
Wirtschaftsforum: Was sind für Sie weitere wichtige Themen für die Zukunft?
Detlef Beiter: Wir haben ein sehr wichtiges hauseigenes Event – unsere Digital Fashion Days, die in diesem Jahr vom 1. bis zum 2. Oktober stattfinden werden. Das ist eine wichtige Plattform für uns, keine Vertriebsveranstaltung. Hier sprechen Referenten von unterschiedlichen Unternehmen der Branche, wie zum Beispiel die Geschäftsführer von Engelhorn oder Peter Hahn, der Microsoft-Geschäftsführer, zum Thema Künstliche Intelligenz oder ein Professor für Textilmanagement aus Stuttgart. Diese Veranstaltung bildet ab, wie wir den Markt bearbeiten. Wir bilden eine Plattform für Entscheider, auf der sie sich informieren können, nach unserem Motto ‘Shared Intelligence’. Es ist für uns wichtig, in einem guten Netzwerk zu arbeiten. Wir sind ein Netzwerk-Unternehmen. So können wir Partnern und Kunden echte Mehrwerte bringen. Wir stellen uns immer die Frage: Was sind die Painpoints für die Kunden? Dazu stehen wir in ständigem Austausch mit anderen Playern der Branche.