Reif für die Insel

Interview mit Rolf Seelige-Steinhoff, Geschäftsführender Gesellschafter der Seetel Hotel GmbH & Co. Betriebs – KG

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Wirtschaftsforum: Herr Seelige-Steinhoff, seit wann sind Sie auf Usedom tätig?

Rolf Seelige-Steinhoff: Wir haben 1991 zum ersten Mal die neuen Bundesländer aufgesucht und die ersten Projekte gestartet. 1992 haben wir von der Treuhand Projekte auf Usedom erworben. In diesem Mikrokosmos haben wir heute 16 Häuser stehen, die teilweise in Wurfweite sind. Deswegen müssen sie auch unterschiedliche Positionierungen haben.

Wirtschaftsforum: Sie verfügen sowohl über Luxushotels als auch Ferienwohnungen und mietbare Villen. Meinen sie das mit ‘Positionierung’?

Rolf Seelige-Steinhoff: Nicht nur. Jedes Haus ist anders, hat eine andere Gästestruktur. Bisher haben wir unsere Hotels nach drei Dimensionen ausgerichtet: Wir wollten etwas für jede Altersklasse, vom Kleinkind bis zum Erwachsenen mit 99 Jahren, anbieten, wir wollten etwas für jeden Familienstand, vom Single bis zur Großfamilie, und wir wollten den ganzen Bereich von Dreisterne- bis Fünfsterne-Deluxe abdecken. Vor fünf Jahren haben wir alles wieder in Frage gestellt. Wir wollen Erlebnisse, wir wollen Geschichten verkaufen, deshalb müssen wir etwas hinzufügen, das auch diesen Erlebnis-Charakter mit reinbringt. Das ist also die vierte Dimension, die Reisemotive.

Wirtschaftsforum: Und wie haben Sie diesen Ansatz umgesetzt?

Rolf Seelige-Steinhoff: Zum Beispiel über die Kulinarik. Wir bieten unter anderem eines der besten thailändischen Restaurants in Deutschland, ausgezeichnet von der thailändischen Botschaft. Und da viele Häuser in unmittelbarer Nähe voneinander stehen, können die Gäste dort die unterschiedlichen kulinarischen Produkte nutzen. Gerade im Fünfsterne- Bereich muss man eine Überraschungsqualität bieten, einen Mehrwert bringen, zum Beispiel durch Luxus und Kultur. Unser nächster Fokus war der Lifestyle.

Wirtschaftsforum: Haben Sie deshalb auch das Ostseehotel in Ahlbeck nach 30 Jahren kernsaniert?

Rolf Seelige-Steinhoff: Dafür haben wir vor fünf Jahren einen Masterplan gemacht, und alles komplett neu ausgerichtet. Im Ostseehotel haben wir gesagt, wir machen es anders: Es ist ein Cluster für Golden-Ager im Durchschnittsalter von 63 bis 65 Jahren, ein frisches, freches, moderneres Objekt für die älteste Generation und ihr Selbstgefühl. Wir nutzen Kleinigkeiten wie höhere Sessel, Toiletten und Betten, um es ihnen bequem zu machen. Anfang März war die Eröffnung. Parallel haben wir zwei Häuser für 1,7 Millionen EUR umgebaut. Da haben wir für die Baugenehmigung für zwei Wände fünf Monate gewartet. Das ist nicht gesund.

Wirtschaftsforum: Sie planen jetzt, noch ein weiteres Haus zu übernehmen. Aber was kommt danach? Wie schätzen sie die Entwicklung auf Usedom ein?

Rolf Seelige-Steinhoff: Usedom ist heute der Jacuzzi von Berlin. Generell boomt der Deutschlandtourismus. In zwei bis drei Jahren haben wir die Renovierungswelle durch. Ich habe einen sehr guten Freund in der Branche, Walter C. Neumann, der dieselben Werte wie ich teilt. Mit dem erarbeite ich gerade ein Konzept, mit dem wir ab 2022 an den Markt gehen wollen. Wir werden im gesamten deutschsprachigen Raum eine verrückte neue Hotelgruppe namens ‘Roots’ aufbauen. Die ist quasi wie Motel One im Leisure-Bereich, aber trotzdem mit einer familiären Umgebung. Also zum Beispiel mit einem Restaurant wie eine private Wohnküche, wo die Gäste zu jeder Zeit etwas zu essen bekommen. Der Name ‘Roots’ steht für die Verwurzelung vor Ort, wir wollen die Umgebung mit in das Konzept aufnehmen.

Wirtschaftsforum: Schon jetzt beschäftigen Sie 550 Mitarbeiter in der Gruppe, zu Spitzenzeiten sogar mehr. Wie finden Sie Ihren Nachwuchs?

Rolf Seelige-Steinhoff: Man muss sich schon etwas einfallen lassen. Diese Woche war wieder ein Casting für unser ‘Deutschland sucht den Super-Azubi’ Event. Da laden wir junge Leute im letzten Schuljahr ein, um ihnen zehn Situationen in unserer Branche zu zeigen. Die Guten gewinnen einen Ausbildungsplatz, die Besten eine Woche in unserem Hotel auf Mallorca. Dieses Jahr haben wir das erste Mal ein iPad verschenkt. So erkennen wir versteckte Potenziale. Empathie ist da ein wichtiges Thema. Man muss auf die Gäste eingehen, ihnen Stimmung schenken. Manchmal sind es Kleinigkeiten wie ein Lächeln auf den Lippen, die den Unterschied machen. Wenn Leute Spaß an ihrem Beruf haben, unsere Dienstleistung gut verkaufen können, dann haben wir ganz andere Möglichkeiten.

Wirtschaftsforum: Haben Sie sich auch für Ihren Beruf entschieden, weil Sie Spaß daran haben?

Rolf Seelige-Steinhoff: Aus meiner Sicht ist das eine tolle Branche, weil wir mit Menschen für Menschen arbeiten. Allerdings sind wir immer im Einsatz und arbeiten dann am meisten, wenn alle anderen Feierabend haben. Und dann haben wir noch mit Regularien zu kämpfen. Vielen Politikern fehlt der Blick in unsere Branche und deshalb lassen sich viele Dinge leider nicht umsetzen.

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