„Jedes Denkmal erzählt eine Geschichte!“
Interview mit Christian Baierl, Geschäftsführer der renaissance Immobilien und Beteiligungen Aktiengesellschaft

Wirtschaftsforum: Herr Baierl, Sie haben Ihre Karriere als Bankkaufmann begonnen. Wie führte Ihr Weg in die Immobilienbranche?
Christian Baierl: Mein Einstieg war tatsächlich eher ungewöhnlich. Ein bekannter Redner sagte einmal, man solle sich an das erinnern, was man als Kind am liebsten gemacht hat. Das hat mich zum Nachdenken gebracht – und ich erinnerte mich daran, dass ich schon als Kind mit einer Kleinbildkamera Gebäude fotografiert habe. Ich wusste, ich wollte etwas mit Immobilien machen. 1996 begann ich dann, gemeinsam mit zwei Partnern, Eigentumswohnungen zu erwerben und weiterzuentwickeln. 1999 kam der Fokus auf denkmalgeschützte Immobilien hinzu, und seit 2013 liegt unsere Spezialisierung fast ausschließlich auf der Sanierung historischer Bauten.
Wirtschaftsforum: Warum der Fokus auf denkmalgeschützte Immobilien?
Christian Baierl: Wir glauben an den Wert historischer Gebäude. Jedes Denkmal erzählt eine Geschichte, es hat Charakter und eine eigene Identität, die es wert ist, erhalten zu werden. Der größte CO₂-Produzent ist die Bauwirtschaft – Abriss und Neubau verursachen immense Emissionen. Daher setzen wir auf Sanierung statt Abriss: Ein Bestandsgebäude nachhaltig zu sanieren, ist umweltschonender als ein Neubau. Ein Professor der Universität Wuppertal sagte einmal: „Das nachhaltigste Gebäude ist das, das bereits gebaut wurde.“ Das trifft den Kern unserer Philosophie.
Wirtschaftsforum: Welche besonderen Herausforderungen bringt die Arbeit mit denkmalgeschützten Gebäuden mit sich?
Christian Baierl: Viele verbinden Denkmalschutz mit Einschränkungen und hohen Auflagen. Wir hingegen verstehen die Anforderungen und sehen sie als Chance, den Charakter eines Gebäudes zu bewahren. In manchen Fällen gehen wir sogar über die gesetzlichen Anforderungen hinaus, um den historischen Charme zu erhalten. Ein gutes Beispiel ist unser Projekt Pfennig-Schumacher Werke (PSW), eine alte Knopffabrik in Wuppertal, die wir mit 37 Wohnungen, einem Co-Working-Space und Gemeinschaftsflächen in ein modernes Wohnkonzept verwandelt haben.
Wirtschaftsforum: Können Sie weitere aktuelle Projekte nennen?
Christian Baierl: Ein besonders spannendes Projekt ist das ehemalige Priesterseminar der Universität Bochum, das wir in ein Studierendenwohnheim umwandeln. Hier schaffen wir nicht nur Wohnraum, sondern auch Lernorte mit einem besonderen Ambiente – die entweihte Kapelle dient künftig als Lernraum. Auch die ehemalige Spitzenfabrik in Wuppertal ist ein Beispiel für nachhaltige Umnutzung – hier verbinden wir Wohnen und Gewerbe in einem historischen Gebäude.
Wirtschaftsforum: Wie wichtig ist Ihnen die soziale Komponente in Ihren Projekten?
Christian Baierl: Sehr wichtig. Unsere Gebäude sollen nicht nur Wohnungen bieten, sondern Gemeinschaft fördern. Viele Neubauten verzichten auf gemeinschaftlich genutzte Räume, wir hingegen erhalten diese bewusst. Begegnungsräume sind essenziell – ob in einem Wohnquartier oder in einem Studierendenwohnheim. Die Fabrik als Dorf zu betrachten, ist ein Leitgedanke, der sich in vielen unserer Projekte widerspiegelt.
Wirtschaftsforum: Wie hebt sich die renaissance Immobilien von anderen Immobilienentwicklern ab?
Christian Baierl: Zum einen durch unsere Spezialisierung auf Denkmalschutz, zum anderen durch unsere nachhaltige und langfristige Denkweise. Wir kaufen nicht einfach Gebäude und verkaufen sie weiter – wir betreuen unsere Immobilien langfristig durch unsere eigene Hausverwaltung. Dadurch kennen wir jedes Objekt bis ins Detail und können es optimal erhalten. Zudem setzen wir auf innovative Nutzungskonzepte, die sowohl ökologisch als auch sozial nachhaltige Lösungen bieten.
Wirtschaftsforum: Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Unternehmen?
Christian Baierl: Wir möchten unser Erfolgsmodell auch in andere Regionen ausweiten. Bisher sind wir stark in Wuppertal und Umgebung aktiv, aber wir können uns gut vorstellen, ähnliche Projekte auch an anderen Standorten zu realisieren. Unser Ziel ist es, zu zeigen, dass nachhaltige Stadtentwicklung durch den Erhalt bestehender Bausubstanz nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich attraktiv ist.
Wirtschaftsforum: Herr Baierl, was treibt Sie persönlich an?
Christian Baierl: Die Leidenschaft für alte Gebäude und die Möglichkeit, mit unserer Arbeit einen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung zu leisten. Es gibt für mich nichts Schöneres, als ein historisches Gebäude zu sehen, das durch unsere Arbeit wieder zum Leben erweckt wurde und eine neue Bestimmung gefunden hat. Das ist der schönste Lohn für unsere Arbeit.