Abschied von "Mister Haribo"

Zum Tod von Hans Riegel

Ob US-Schauspielerin Sandra Bullock, der britische Kronprinz William oder der deutsche TV-Entertainer Thomas Gottschalk, es gibt wohl kaum jemanden auf der Welt, der sie nicht kennt und „zum Fressen gern hat“ – die Goldbären von Haribo. Doch der Vater der Goldbären, Hans Riegel, ist tot. Nach Firmenangaben starb er im Alter von 90 Jahren plötzlich und unerwartet an Herzversagen. Noch im Juli hatte sich Riegel einer Hirnoperation unterzogen, bei der ein gutartiger Tumor erfolgreich entfernt worden war, und befand sich nun in der Rehabilitation.

Deutschland verliert damit nicht nur den ältesten diensthabenden Geschäftsführer, sondern einen seiner erfolgreichsten Familienunternehmer. Seit fast 100 Jahren schon bringt der deutsche Süßwarenhersteller Haribo mit seinen Produkten – allen voran die Goldbären – vor allem Kinderaugen zum Leuchten. „Ich liebe Kinder. Sie sind meine Kunden. Ich muss darüber informiert sein, was sie naschen wollen, was sie denken, welche Sprache sie sprechen", sagte Hans Riegel einmal und verriet damit zugleich eines seiner Erfolgsgeheimnisse – wie er 67 Jahre lang Haribo zu dem machte, was es heute ist.

Mit einem Sack Zucker fing alles an

Dabei hatte sein Vater, Hans Riegel sen., im Jahr 1920 unter ganz bescheidenen Verhältnissen angefangen. In einem Bonner Vorort in einer Hinterhof-Waschküche brauchte er neben einem einfachen Sack Zucker nur eine Idee, mit der die Erfolgsgeschichte des heutigen Weltmarktführers im Fruchtgummi- und Lakritzbereich ihren Lauf nahm.

Begeistert und inspiriert von den damals auf Jahrmärkten zur Schau gestellten Tanzbären schuf Hans Riegel sen. eine Naschversion aus Fruchtgummi. Im Laufe der Zeit wurde der Fruchtgummi-Tanzbär immer kleiner und schrumpfte auf zuletzt 22 Millimeter, die Größe des heutigen Goldbären. Die Firma Haribo, deren Name sich von HAns RIegel und dem Stammsitz in BOnn ableitet, war geboren.

Langjährige Werbepartnerschaft mit Thomas Gottschalk

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Tod des Vaters im Jahr 1946 wagte Hans Riegel gemeinsam mit seinem Bruder Paul den schwierigen Wiederaufbau, während er im Fach Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bonn promovierte. Paul Riegel trug bis zu seinem Tod im August 2009 die Verantwortung für den Produktionsbereich, sein Bruder Hans führte bis zuletzt den kaufmännischen Bereich einschließlich Marketing und Vertrieb.

So war er es auch, der den Mitte der 30er Jahre vom Vater entwickelten Werbeslogan „Haribo macht Kinder froh“ 30 Jahre später um den Zusatz „und Erwachsene ebenso“ erweiterte, um eine breitere Zielgruppe anzusprechen – mit Erfolg. Die jahrzehntelange Verbreitung des Slogans und zahlreiche seit 1991 ausgestrahlte TV-Werbespots mit Entertainer Thomas Gottschalk sorgten dafür, dass den Namen Haribo heute so gut wie jeder kennt. Hans Riegel verband eine persönliche Freundschaft mit Gottschalk, dessen langjährige Werbepartnerschaft mit dem Primus der Süßwarenbranche weltweit einzigartig ist.

Über 6.000 Mitarbeiter an weltweit 15 Produktionsstandorten

Der Unternehmenserfolg ist aber nicht allein auf ein exzellentes Marketing zurückzuführen. Von Anfang an hat Haribo konsequent auf ein engmaschiges Produktions- und Vertriebsnetz gesetzt. So knüpfte Gründungsvater Hans Riegel sen. bereits Ende der 20er Jahre die erste ausländische Geschäftsbeziehung mit einer dänischen Firma. Aus der Kooperation entstand später mit Haribo Lakrids A/S Kopenhagen die erste Auslandsvertretung.

Zahlreiche weitere Firmenübernahmen sollten seit Anfang der 60er Jahre unter der Regie von Hans Riegel in Europa, den USA, Russland und Australien folgen. Heute beschäftigt Haribo über 6.000 Mitarbeiter an weltweit 15 Produktionsstandorten. Als Reaktion auf seine Beliebtheit hat Haribo sogar ein eigenes Museum, das „Musée du Bonbon“, im südfranzösischen Ort Uzès bauen lassen. Viele interessante und sehenswerte Highlights warten dort auf die Besucher, genauso wie bei der Haribo-Wanderausstellung sowie bei der jährlichen Haribo-Deutschland Truck Tour.

Auszeichnungen für zahlreiche Verdienste

Für sein soziales Engagement, u. a. mit der Hans Riegel Stiftung zur Förderung junger Talente, sowie die Verdienste zur Förderung des Sports, wurde Hans Riegel bereits 1994 mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet. 2009 erhielt er das „Große goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich“ für sein jahrzehntelanges Engagement für und in Österreich. 2010 wurde Riegel in die französische „Ehrenlegion“, die „Légion d`Honneur“ aufgenommen. Eine Auszeichnung, die bisher nur wenigen ausländischen Personen zuteilwurde und in Frankreich die höchste verliehene Anerkennung militärischen Ursprungs ist.

Doch bei allen Auszeichnungen lag Hans Riegel sein Unternehmen immer besonders am Herzen. Im täglichen Geschäftsleben bewies er mit seinen innovativen Produktentwicklungen das richtige Gespür für Trends. Zuletzt traf er eine Entscheidung zur langfristigen Sicherung und dem Ausbau des Produktionsstandorts Deutschland. Hans Riegel prägte mit seiner Kreativität und Entschlossenheit die nationale und internationale Süßwarenbranche wie kein zweiter und hinterlässt ein stolzes Erbe.

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