Millioneninvestitionen mitten in der Wirtschaftskrise

Interview mit Rüdiger Schaaf, Geschäftsführer der Lausitzer Stahlbau Ruhland GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Schaaf, trotz Energiekrise, hohen Inflationsraten und Wirtschaftsflaute blickt die Lausitzer Stahlbau Ruhland GmbH gerade auf sehr erfolgreiche Geschäftsjahre zurück.

Rüdiger Schaaf: 2023 war ein Traum. Wir hatten volle Auftragsbücher und mussten bisweilen sogar Fremdvergaben tätigen, weil wir es alleine nicht mehr geschafft haben. Dadurch konnten wir auch einiges an Liquidität ansammeln, sodass ich mich im Herbst 2023 schließlich entschloss, eine zwei Jahre zuvor aufgeschobene Investition mit einem Gesamtvolumen von 13 Millionen EUR zu tätigen. Am 19. September 2024 haben wir nun die neuen Hallen, Maschinen und Anlagen bei einer schönen Eröffnungsfeier mit Herrn Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke einweihen können. Aber das ist nur der erste Schritt: Mit unserer Stahlgittermastfertigung als neuem Geschäftsbereich wollen wir unsere Produktionskapazitäten am Standort Ruhland und damit auch unsere Belegschaft auf insgesamt 250 bis 300 Mitarbeiter verdoppeln. Als Unternehmensgruppe gehören wir mit einer jährlichen Produktionskapazität von 30.000 t dann mit Sicherheit zu den drei größten Stahlbauunternehmen in Deutschland.

Wirtschaftsforum: In einer Zeit, in der andere energieintensive Unternehmen mit Abwanderung drohen und vor der Deindustrialisierung Deutschlands warnen – wie schaffen Sie es offensichtlich trotzdem?

Rüdiger Schaaf: Wenn man nicht dem Bundeswirtschaftsminister hinterherläuft, sondern selber nachdenkt, kommt man auch zu wirtschaftlich umsetzbaren Möglichkeiten. Selbstverständlich haben auch wir mit den von der aktuellen Bundesregierung aufgestellten Hürden zu kämpfen – die sind aus meiner Sicht eine absolute Katastrophe. Aber es wird mir nicht gelingen, Herrn Bundeskanzler Scholz abzuberufen, auch wenn ich mir das wünschen würde. Wir haben einen anderen Weg gewählt und erzeugen etwa unsere Energie selbst: Auf unseren Dächern befinden sich Photovoltaikanlagen und unser Fuhrpark wurde bereits auf Elektroautos umgestellt. Aber dazu muss man Geld in die Hand nehmen – nicht nur für die Fahrzeuge und Solarmodule, sondern auch für die Trafos und die Sicherstellung einer strukturierten Energieversorgung der Maschinen: Jetzt betreiben wir unsere Anlagen sowie unsere Fahrzeuge mit unserem selbst erzeugten Strom, und wenn der Betrieb am Wochenende geschlossen ist, speisen wir die Energie in das Netz ein und beziehen dafür Netzentgelte. So muss ich mir allen Versorgungskrisen zum Trotz keine Gedanken mehr darüber machen, wie ich mein Unternehmen in den nächsten Jahren mit Strom versorgt bekomme.

Wirtschaftsforum: Was hält andere davon ab, es Ihnen gleichzutun?

Rüdiger Schaaf: All das kriegt man von der Politik nicht erklärt. Dem Automobilhändler, von dem wir unsere Elektrofahrzeuge bezogen haben, habe ich gesagt: „Eure größte Katastrophe ist, dass ihr den Menschen nicht vermittelt bekommt, warum E-Auto fahren günstig ist!“ Ich habe das in meinem eigenen Unternehmen erlebt, denn einige Mitarbeiter wollten das nicht und haben sich gegen diese Veränderung gesträubt. Ich habe ihnen dann einmal ganz nüchtern die Gegenüberstellung vorgerechnet – dass sie statt 1% Pauschalversteuerung für ihr derzeitiges Dienstfahrzeug dann nur noch 0,25% Steuern bezahlen müssen und somit am Ende des Monats mehr Geld im Portemonnaie haben und dass dieser Schritt darüber hinaus auch für unser Unternehmen mit deutlichen wirtschaftlichen Vorteilen verbunden ist, weil die KFZ-Steuer ersatzlos entfällt und aufgrund der Wartungsarmut von E-Fahrzeugen die Betriebskosten viel niedriger sind, was dann wiederum neue Möglichkeiten für weitere Lohnsteigerungen eröffnet. Wenn die Automobilindustrie und die Politik diese mannigfaltigen Vorteile ähnlich stringent kommunizieren könnten, würden sich viele Vorbehalte rasch in Luft auflösen – nur leider kriegen sie das anscheinend nicht hin.

Wirtschaftsforum: Dann wäre da noch der allgemeine Fachkräftemangel, unter dem die hiesige Industrie und bisweilen auch die Politik vielfach stöhnt.

Rüdiger Schaaf: Auch da werden mir zu viele Sprüche geklopft. Wir haben keinen Fachkräftemangel, sondern einen Mangel an qualifizierter Suche nach Fachkräften. Das hängt sicherlich auch mit negativen Veränderungen bei der Berufsausbildung zusammen: Bevor ich in meinem Leben zwei Studiengänge erfolgreich abgeschlossen habe, hatte ich eine Ausbildung zum Technischen Zeichner durchlaufen – einen Ausbildungsberuf, den es heute nicht mehr gibt. Stattdessen gibt es heute den sogenannten Produktdesigner mit 28 verschiedenen Ausbildungsklassen, aber ohne einschlägige Richtung für den Stahlbau. Entsprechende Absolventen müssen wir deshalb selbst weiterqualifizieren, was natürlich mit mehr Aufwand für die Unternehmen verbunden ist und ein entsprechendes Engagement voraussetzt. Gleiches gilt für die Fachkräfteeinwanderung, die wohlgemerkt nicht mit der Zuwanderung durch Flüchtlinge gleichgesetzt werden sollte – denn das sind zwei völlig unterschiedliche Phänomene! Doch an qualifizierte neue Mitarbeiter aus dem Ausland kommt man nicht, wenn man in seinem Büro sitzt und Däumchen dreht und jammert. Dazu muss man den Arsch hochbekommen und in die entsprechenden Länder reisen. Genau das haben wir getan – und werden dieses Jahr die ersten neuen Kollegen aus Vietnam und den Philippinen begrüßen können.

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