Fabelhafte Gewebe

Interview mit Daniel Odermatt, Ventile Brand Director der Ventile Fabrics Stotz & Co. AG

Wirtschaftsforum: Herr Odermatt, was verbirgt sich hinter dem Namen Ventile?

Daniel Odermatt: Wenn wir von der Marke Ventile reden, reden wir von einem hochdichten Gewebe, das im 2. Weltkrieg in England für die Piloten entwickelt wurde. Es war im Cockpit komfortabel und gleichzeitig so dicht, dass es sie im Wasser vor dem Kältetod bewahrt hat. Bis in die 1970er-Jahre wurde das Gewebe in England gewoben. Da dort das Know-how des Färbens immer mehr verloren ging, wurde zunächst dieser Teil der Produktion in die Schweiz als bekannte Textilnation verlegt, etwas später auch die Weberei. Seit über 40 Jahren liegt also das gesamte Know-how bei uns. Wir haben dann das Gewebe wieder nach England verkauft, und der englische Markeninhaber hat es weltweit unter der Marke Ventile vertrieben. Vor fünf Jahren hat er uns die Markenrechte verkauft. Das war ein wichtiger Meilenstein, denn dadurch hatten wir direkten Zugang zum Markt.

Wirtschaftsforum: Wie hat sich das Unternehmen seitdem entwickelt?

Daniel Odermatt: Bis heute hat sich unser Umsatz verdreifacht. Stotz & Co. ist immer noch ein Familienbetrieb. Wir sind ein sogenannter Converter, das heißt, wir lassen spezifisch für uns weben, färben und ausrüsten. Deshalb kommen wir auch mit neun Beschäftigten aus. Sieben von ihnen sind in Zürich und zwei in unserem Lager am Bodensee tätig. Vor fünf Jahren haben wir uns stark auf Nachhaltigkeit fokussiert.

Wirtschaftsforum: Wie sieht das aus?

Daniel Odermatt: Wir verwenden immer mehr Bio-Baumwolle und haben bereits fünf Produkte aus 100% recycelter Baumwolle entwickelt. Den Umsatz mit diesen Eco-Produkten konnten wir von rund 20% auf weit über 50% steigern. Auch der Rest unserer Produkte ist nachhaltig. Hier verwenden wir normale Baumwolle, also ausschließlich Naturfaser. Der Verzicht auf Polyester und Mikroplastik ist heute ein Riesenthema. Wir bewegen uns nicht nur der richtigen Welle, sondern sind auch Vorreiter, denn wir waren schon bereit, als das Thema aufkam.

Wirtschaftsforum: Erwarten Sie dadurch weiteres Wachstum?

Daniel Odermatt: Mit unseren sehr hochwertigen Geweben besetzen wir eine Nische. Unsere Kapazitäten sind begrenzt, denn wir können für unsere Produkte nur Extra-Langstapel-Baumwolle verwenden, bei der die Einzelfaser mindestens 36 mm lang ist. Sie macht weltweit gerade einmal 2% der Baumwollproduktion aus. Noch schwieriger wird es, wenn sie auch noch Bio-Qualität haben soll, denn auch der gesamte Anteil an Bio-Baumwolle beträgt nur 2%. Die Kombination von Ex-tra-Langstapel- und Bio-Baumwolle an der weltweiten Produktion liegt rechnerisch bei 0,04%. Es handelt sich also um eine extrem seltene Faser, die entsprechend teuer ist. Unsere Wachstumsmöglichkeiten sind deshalb begrenzt.

Wirtschaftsforum: Wo werden diese exklusiven Gewebe denn verwendet?

Daniel Odermatt: Viele große Marken im Fashion-Bereich gehören zu unseren Kunden, der größte ist Stone Island. Ein weiterer wichtiger Abnehmer ist die Outdoor-Industrie. Unser Gewebe wird auch in der Schuhproduktion, etwa bei Doc Martens, eingesetzt, ebenso für Baseball-Caps, Taschen, Rucksäcke, Uhrenarmbänder und auch noch immer im militärischen Bereich.

Wirtschaftsforum: Kommen wir zu Ihrer Person: Wie lange sind Sie schon im Unternehmen, und welche Impulse konnten Sie bereits geben?

Daniel Odermatt: Ich bin schon seit 40 Jahren in dieser Industrie tätig und seit 16 Jahren bei Stotz & Co. Eingestiegen in das Geschäft bin ich mit einer Lehre in einem Textilbetrieb. Hier im Unternehmen bin ich für Beschaffung, Qualitätssicherung und Vermarktung verantwortlich und quasi das Gesicht nach außen. Ich habe engen Kontakt zu unserer PR-Firma in England, mit der wir unsere Marktpräsenz ausbauen. In Ägypten habe ich ein Projekt initiiert, mit dem wir Baumwollbauern bei der Umstellung von Nicht-Bio- auf Bio-Baumwolle unterstützen. Ich treibe auch die Entwicklung im Bereich der Extra-Langstapel-Bio-Baumwolle voran. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Imprägnierung. All unsere Gewebe sind imprägniert. Ich habe früh angeregt, alle Produkte ohne PFC zu produzieren. Der Stoff ist schädlich für die Umwelt; Ökotex hat ihn inzwischen verboten. Mit unserem Verzicht waren wir der Zeit voraus.

Wirtschaftsforum: Worin liegt Ihr persönlicher Antrieb für Ihre Arbeit?

Daniel Odermatt: Ich arbeite in einem unheimlich spannenden Bereich. Wir haben extrem langlebige Produkte, die 10 bis 20 Jahre im Einsatz sind. Für mich gibt es nur diesen einen Weg: etwas Exklusives, Tolles, Schönes zu machen – und Leute davon zu überzeugen.

Wirtschaftsforum: Und wie sehen Sie die Zukunft von Ventile?

Daniel Odermatt: Wir wollen auf dem bisherigen Niveau weitermachen. Bei Technologie und Qualität gehen wir keine Kompromisse ein und werden unser technisches Level halten. Hier sind wir bereits am Limit. Nun werden wir das Thema Ökologie weiter vorantreiben.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Europas größer Fotoverbund – und noch viel mehr

Interview mit Thilo Röhrig, Geschäftsführer der Ringfoto GmbH & Co. KG

Europas größer Fotoverbund – und noch viel mehr

Seit über 60 Jahren bündelt Ringfoto die Schlagkraft von über 1.200 Fotofachhändlern in Deutschland und 26 weiteren europäischen Märkten und geht in seinem Selbstverständnis wie in seinem Leistungsspektrum weit über…

Wege aus dem Wettbewerbsdruck: Automatisieren, diversifizieren, vorangehen

Interview mit Dr. Ronald Bernstein, Geschäftsführer der BERGI-PLAST GmbH

Wege aus dem Wettbewerbsdruck: Automatisieren, diversifizieren, vorangehen

Steigende Kosten, globaler Wettbewerbsdruck und der rasche technologische Wandel fordern die Kunststoffindustrie heraus. Die BERGI-PLAST GmbH aus Bad Gottleuba-Berggießhübel begegnet diesen Entwicklungen mit konsequenter Automatisierung, digitaler Weiterentwicklung und einem klaren…

Vom Reststoff zur Ressource – eine Erfolgsgeschichte im Kreislauf

Interview mit Dirk Kopplow, Geschäftsführer und Benjamin Fiekens, Vertrieb der GVÖ Gebinde-Verwertungsgesellschaft der Mineralölwirtschaft mbH

Vom Reststoff zur Ressource – eine Erfolgsgeschichte im Kreislauf

Die Kreislaufwirtschaft ist längst mehr als ein ökologisches Ideal – sie ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Steigende Rohstoffpreise, strengere Umweltgesetze und das wachsende Bewusstsein für nachhaltiges Handeln verändern die Industrie grundlegend.…

Spannendes aus der Region Zürich

Die Krankenhausumdenker

Interview mit Herrn Dr. Axel Paeger Gründer und Gesellschafter der AMEOS Gruppe, Zürich

Die Krankenhausumdenker

Die wirtschaftliche Lage zahlreicher Krankenhäuser in Deutschland ist angespannt. Steigende Betriebskosten, akuter Personalmangel, unzureichende Finanzmittel durch Krankenkassen und die Einführung von Fallpauschalen setzen viele Häuser unter Druck. Die AMEOS Gruppe…

Vom Druck- zum Digitalisierungs­experten

Interview mit Armin Bäbler, CEO der Faigle AG

Vom Druck- zum Digitalisierungs­experten

Mit ihren Managed Printing Solutions hat sich die Faigle AG schon lange einen Namen in der Schweiz gemacht hat: Ausgehend von seiner Druck- und Scankompetenz engagiert sich das Unternehmen inzwischen…

Zahntechnik mit Vision für morgen

Interview mit Jurand Zagorowski, Inhaber der ESS Zahntechnik AG

Zahntechnik mit Vision für morgen

Die Zahntechnikbranche erlebt einen stetigen Wandel, angetrieben durch technologische Innovationen und die wachsenden Ansprüche der Kunden. Jurand Zagorowski, der Inhaber der ESS Zahntechnik AG, hat diese Herausforderungen angenommen und das…

Das könnte Sie auch interessieren

Das Garn macht den Stoff

Interview mit Bernd Schäfer, Geschäftsführer der bäumlin & ernst ag

Das Garn macht den Stoff

1920 gegründet, blickt die bäumlin & ernst ag (beag) auf fast 125 Jahre Firmengeschichte zurück. Waren es anfangs Baumwollzwirne für die in der Region St. Gallen typische Bestickung von Tüllstoffen,…

Mit dem besonderen Gespür für unverwechselbare Mode

Interview mit Michele Ventrella, Geschäftsführer der Agentur Ventrella GmbH

Mit dem besonderen Gespür für unverwechselbare Mode

Für Michele Ventrella ist Mode weniger Beruf als Berufung: In der Branche ist er für seine ausgeprägte Affinität zu Mode und besonders für seinen hochentwickelten Sinn für nicht alltägliche Designs…

Wenn der Schuh passt: Erfolg im Lizenzgeschäft

Interview mit David Friedrich, CSO und Moritz Hamm, CEO der Hamm Footwear GmbH

Wenn der Schuh passt: Erfolg im Lizenzgeschäft

Die Lizenzierung einer Modemarke im Bereich Accessoires kann das Markenimage erheblich stärken und die Marktpräsenz erweitern. Im Interview mit Wirtschaftsforum erläutern Moritz Hamm, CEO, und David Friedrich, CSO der Hamm…

TOP