Grüner Stahl – Hightech für den Klimaschutz

Interview mit Merlin Röttger, Geschäftsführer der GeisslerWista GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Röttger, als Geschäftsführer der GeisslerWista GmbH treiben Sie maßgeblich den Wandel des Unternehmens zur nachhaltigen Produktion voran. Wie ist das Unternehmen aufgestellt, um diese Transformation zu meistern? 

Merlin Röttger: GeisslerWista ist mit einer hundertjährigen Firmengeschichte ein Traditionsunternehmen – und gleichzeitig ein Pionier. Die Gründung fällt in das Jahr 1903. Ursprünglich gab es mit der Heinrich Geissler GmbH und Wista Stahlhandel zwei Unternehmen, die auf unterschiedlichen Straßenseiten lagen; das eine konzentrierte sich auf die Verarbeitung von Stahl, speziell von Blankstahl, das andere auf den Handel. Seit der Fusion 2017 gibt es damit zwei Standbeine, wobei die Handelssparte nicht zu unterschätzen ist. Wir sind, was Verbindungselemente betrifft, einer der größten Händler Deutschlands. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft war der 2002 erfolgte Beitritt zur GMH-Gruppe. Sie ist ein Vorreiter auf dem Gebiet des grünen Stahls und eines der wenigen Stahlhersteller in Deutschland, das zu 100 Prozent in Familienbesitz ist. Als Teil der Gruppe decken wir von der Stahlerzeugung und des Stahlrecyclings bis zur fertigen Komponente alles ab. Nicht zuletzt ergeben sich durch die Struktur viele Synergieeffekte, auch wenn jedes Unternehmen eigenständig arbeitet. Als Spezialist für Blankstahl profitieren wir zum Beispiel von Vormaterialien anderer Unternehmen im Verbund. 

Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie künftige Marktperspektiven? 

Merlin Röttger: Wir arbeiten schwerpunktmäßig für den Maschinen- und Anlagenbau sowie für die Rohrindustrie, da diese Märkte sich momentan eher verhalten entwickeln, gehen wir hier von einem moderaten Wachstum aus. Anders stellt sich der Energiesektor dar, wo wir von einem dynamischen Wachstum ausgehen. 

Wirtschaftsforum: GeisslerWista ist ein Spezialist für Blankstahl. Wie sieht das Portfolio genau aus? 

Merlin Röttger: Wir wollen für unsere Kunden ein möglichst breites Spektrum abdecken und bieten unterschiedlichsten Stahl an. Stabstahl für Hydraulikkomponenten, Schrauben, Muttern und Gewindeteile für Windkraftanlagen, Blankstahl für die Herstellung von Führungswellen für den Maschinenbau. Für die Rohrindustrie produzieren wir fertige Werkszeuge wie Dornstangen mit einer Länge von bis zu 26 Metern; in diesem Bereich gibt es nicht viele Wettbewerber. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist der lagerhaltende Handel. Die meisten Stahlwerke verkaufen fertigen Stahl ab Haus; wir lagern nochmal ein und kommissionieren für die Kunden getreu der Maxime ‚Der Kunde ist König‘. 

Wirtschaftsforum: Das Thema Nachhaltigkeit wird bei GeisslerWista seit vielen Jahren groß geschrieben. Was steckt hinter dem großen Schlagwort Green Steel? 

Merlin Röttger: Nachhaltigkeit ist für GeisslerWista und die GMH-Gruppe kein bloßes Schlagwort, sondern seit Jahren gelebte Realität und ein Kernelement der Firmenphilosophie. Um unseren CO2-Ausstoß signifikant zu reduzieren, haben wir bereits, die Hochofentechnologie durch CO2-arme E-Ofen-Technologie ersetzt. Statt Eisenerz, Kohle und Legierungen zu verarbeiten, setzen wir in Elektroöfen auf Metallschrott und Legierungen. Mit den Elektrolichtbogenöfen sind wir in der Lage, grünen Stahl zu produzieren, der 80 Prozent weniger CO2-Emissionen verursacht als traditionell hergestellter Stahl; aus Schrott wird so auf umweltfreundliche Art und Weise Hightech-Stahl. Durch die Elektrifizierung ist unser Strombedarf enorm gestiegen, was angesichts der aktuellen Energiepreise eine Herausforderung ist. Als Voraussetzung für die Dekarbonisierung der Stahlindustrie brauchen wir in Deutschland wettbewerbsfähige Energiepreise. Hier ist die Politik gefragt. 

Wirtschaftsforum: Das Ziel, bis 2039 komplett CO2-frei zu arbeiten, ist ambitioniert. Die Elektrifizierung ist dafür entscheidend. Welche weiteren Schritte geht das Unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen? 

Merlin Röttger: Wir gehen viele verschiedene Schritte, um die Zukunft nachhaltig zu gestalten; dabei steht die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen im Vordergrund. Als Gruppe produzieren und beziehen wir Solarenergie, 30 Prozent des Strombedarfs decken wir über Windkraft, wir ersetzen schrittweise Erdgas durch elektrifizierte H2-ready Öfen und nutzen Abwärme für den internen Wärme- und Dampfbedarf und zur Stromerzeugung.  

Wirtschaftsforum: Was ist Ihre persönliche Motivation hinter dieser grünen Unternehmenstransformation? 

Merlin Röttger: Mich treibt es an, Entscheidungen zu treffen, nachhaltig Arbeitsplätze zu sichern und Veränderungen herbeizuführen. Als Vorreiter im Bereich des nachhaltigen Präzisionsstahls wollen wir Akzente für eine grüne Zukunft setzen.

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