Autoreparatur: „In fünf Jahren so einfach wie das Versenden einer SMS“
Interview mit Krunoslav Bagaric, CEO von TOPMOTIVE

Wirtschaftsforum: Herr Bagaric, seit fast 30 Jahren ist die DVSE bereits am Markt und agiert heute unter dem Brand TOPMOTIVE. Wenn Sie zurückblicken: Welche Ereignisse und Entscheidungen haben maßgeblich zur Entwicklung des Unternehmens beigetragen?
Krunoslav Bagaric: Gegründet wurde die DVSE 1994 aus der Motivation heraus, den sich damals am Markt entwickelnden Bedarf an Aftermarket-Dienstleistungen zu decken. Einerseits sind wir eine IT-Gruppe, andererseits liegt unsere noch größere Stärke in unserem Know-how im Bereich Automotive, also in allem, was mit der Reparatur und der Instandhaltung von Automobilen zu tun hat. 1994 ging es darum, zunächst einmal in rein datentechnischer Hinsicht Strukturen zu schaffen, damit alle Kunden aus dem gleichen Datentopf schöpfen können, wenn es um Autoreparatur, Ersatzteilservice und die entsprechenden Bestell- und Logistikprozesse geht.
An diesem Thema haben wir damals mitgewirkt und ein solches Datenformat im Auftrag eines großen Unternehmens technisch entwickelt und eingeführt. Das war ein sehr großer Schritt, denn zu diesem Zeitpunkt gab es das in Deutschland noch nicht. Das Ganze war von Anfang an so konzipiert, dass es in ganz Europa genutzt werden konnte, ließ sich also in verschiedenen Sprachen bedienen – für uns ein Riesenerfolg.
Wirtschaftsforum: Kann man es so ausdrücken, dass Sie die Digitalisierung in diesen Bereichen schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt vorangetrieben haben?
Krunoslav Bagaric: Das stimmt schon. Trotzdem gibt es – und das sage ich durchaus mit einem Augenzwinkern – in Deutschland zwei Branchen, die noch nicht digital ʿangekommenʾ sind, und zwar was Monitoring und Transparenz betrifft: Das sind einerseits die Ärzteschaft und andererseits die Autowerkstätten. Haben Sie zum Beispiel schon einmal erlebt, dass Sie Ihr Auto in die Werkstatt gebracht und auch nur ansatzweise vorher gewusst haben, was dort gemacht wird und was das kosten wird? Sie holen das Auto ab und es ist immer teurer, als Sie vorher gedacht haben. In anderen Branchen sind Ferndiagnose und Fernwartung längst gang und gäbe. Verbraucher erwarten heute Transparenz. Wir haben dazu mit der Hochschule für digitale Medien in Stuttgart ein Projekt über ein Jahr durchgeführt, für das untersucht wurde, wie wichtig Transparenz und Convenience für Verbraucher tatsächlich sind. So möchte ich zum Beispiel nicht auf den Anruf aus der Werkstatt warten müssen, dass mein Auto fertig ist. Es ist wichtig, die Branche technologisch und durch Schulungen so fit zu machen, dass sie diese Transparenz auch leisten kann. Wir waren hier in Deutschland beispielsweise einer der Ersten, der eine KI-gestützte Fahrzeugdokumenterkennung auf den Markt gebracht hat.
Wirtschaftsforum: Was ist vor diesem Hintergrund Ihr letztes Element?
Krunoslav Bagaric: Dieses letzte Element heißt CARTELLIGENCE. Mit diesem Element schließen wir die letzte Lücke vom Kunden beziehungsweise Auto komplett bis zur Teileproduktion. Wir bedienen damit die Wertschöpfungskette Industrie–Handel–Werkstätten, in der jeder Teil andere Anforderungen hat und für den es deshalb jeweils ein spezifisches Knowhow und Produkt braucht. Für einen Teilehändler etwa müssen wir Informationen über Teile und Reparaturen mit dessen Anforderungen in Logistik, Prozess, Warenwirtschaftssystem, Pricing, Verfügbarkeit sowie Bestell- und Lieferwegen verbinden. Der Autofahrer kann dagegen über eine App die für ihn passende Werkstatt finden.
Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihr Ziel insgesamt aus?
Krunoslav Bagaric: In fünf Jahren möchten wir die Reparatur eines Fahrzeugs so digital wie möglich und so einfach wie das Versenden einer SMS machen. Voraussetzung dafür ist aber gerade in Deutschland ein gegenüber der digitalen Weiterentwicklung aufgeschlossenes Mindset, das sie mitträgt und sie nicht durch Skepsis und Zaudern unnötig erschwert.