„Der Sinn einer Uhr bleibt, die Uhrzeit abzulesen“
Interview mit Jörg Schauer, Geschäftsführer der STOWA GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Schauer, wie begann die Geschichte von STOWA?
Jörg Schauer: Der Name STOWA ist abgeleitet von Walter Storz, der die Firma 1927 im Kinzigtal im Schwarzwald gegründet hat. 1935 ist er nach Pforzheim übergesiedelt. Die erste bekannte und heute für uns immer noch wichtige Uhr war das Modell Antea im Bauhausstil, die 1937 präsentiert wurde. 1938 wurde in Pforzheim das erste eigene Firmengebäude gebaut. 1940 wurde STOWA einer von fünf Herstellern der Fliegeruhr. Diese große, sehr funktionale Uhr wurde von den Fliegern über der Jacke getragen. Sie hatte ein reduziertes Design und war durch Leuchtzahlen und -zeiger sehr gut ablesbar. Diese Uhr erlebte 1990 einen neuen Boom. Mittlerweile habe ich ihr Design modernisiert und in die heutige Zeit transferiert. 1942 hat STOWA auch eine Marineuhr zur Verwendung auf Schiffen gebaut. In den letzten Kriegstagen wurde das Firmengebäude zerstört. Die Firma zog daraufhin nach Rheinfelden, kam aber schon 1954 nach Pforzheim zurück.
Wirtschaftsforum: Wann sind Sie eingestiegen, und wie ging es unter Ihrer Leitung weiter?
Jörg Schauer: 1996 habe ich STOWA von Werner Storz, dem Sohn des Firmengründers, übernommen. Bereits 1990 hatte ich begonnen, Unikate unter meiner eigenen Marke Schauer zu bauen. 2006 habe ich unseren ersten Onlineshop aufgebaut, um Uhren in hoher Qualität zu bezahlbaren Preisen anbieten zu können, zunächst nur in Deutschland. Dann bekamen wir immer mehr Anfragen aus dem Ausland, und so kamen weitere Länder hinzu. Heute können wir über 90 Länder beliefern. 2008 haben wir ein neues Gebäude in Engelsbrand gebaut, das auch ein kleines Museum mit unseren schönsten Stücken beinhaltet. Hier beschäftigen wir heute 20 bis 25 Mitarbeiter.
Wirtschaftsforum: Sind Sie der kreative Kopf von STOWA?
Jörg Schauer: Ja, ich entwickele, designe und baue die Prototypen. Ich sehe mich nach wie vor als Ideengeber, der immer wieder Inspirationen für neue Uhren gibt. Als Designer und Uhrenbauer möchte ich Klassiker modernisieren, auch mit moderneren Materialien, dabei aber nah am Original bleiben. Mein Anspruch ist, die Modelle in die heutige Formensprache zu übertragen und trotz neuen Designs die DNA von STOWA zu erhalten.
Wirtschaftsforum: Sie führen damit den Geist des Unternehmens weiter...
Jörg Schauer: Ja, der Geist ist sehr wichtig. Besuchern unseres Museums fällt immer wieder auf, wie schön unsere alten Uhren sind. Man muss bedenken, dass die Uhrenhersteller bis in die 1990er-Jahre, anders als heute, keine eigenen Designer hatten. Es gab Zifferblattfirmen und Gehäusefirmen, die ihnen ihre Entwürfe vorgestellt haben. Deshalb ähneln sich die Uhren aus diesen Zeiten. Meine beiden Vorgänger hatten ein gutes Händchen für die Auswahl und haben sich immer für sehr schöne Modelle entschieden. Ich möchte auch neue Impulse setzen, aber im Moment leben wir von unseren schönen Klassikern.
Wirtschaftsforum: Was macht Ihre Uhren aus?
Jörg Schauer: Ich habe ein gutes Gespür für klares, deutliches Design. Meine Uhren sind schon emotional, aber reduziert auf eine klare Aussage. Eine Uhr muss auch aus einem Meter Entfernung noch ablesbar sein. Denn bei allen modischen Spielereien bleibt der Sinn einer Uhr, die Uhrzeit abzulesen – möglichst schnell und genau. Es braucht aber auch ein präzises Uhrwerk und wertiges Material. Zu unseren Mindeststandards zählt die Verwendung von Saphirgläsern und ehrlichen Materialien wie Edelstahl, eine gute Ablesbarkeit, hohe Qualität und guter Service. Ich finde auch, eine Uhr muss zeitlos sein. Man sollte nicht beim alten Design stehen bleiben.
Wirtschaftsforum: Welche Faktoren sind außer den Uhren selbst ursächlich für den Erfolg von STOWA?
Jörg Schauer: Wichtig sind unsere Kreativität und die Entschlusskraft. Der Direktvertrieb versetzt uns außerdem in die Lage, unmittelbar mit dem Kunden zu kommunizieren. Wir können kurzfristig Feedbacks einholen, und das macht uns flexibler und schneller.
Wirtschaftsforum: Wo möchten Sie das Unternehmen in den nächsten Jahren hinführen?
Jörg Schauer: Wir werden analog bleiben und trotzdem digital sein. Wir wollen ein emotionales Produkt, und das erreicht man, wenn Dinge noch nachvollziehbar sind. Deshalb werden wir weiter mechanische Uhren bauen. Aber die Vermarktung wird zunehmend digital erfolgen. Dennoch wird es uns auch weiterhin wichtig sein, Kunden, etwa bei unseren Manufaktur-Tagen, zu uns zu holen und uns direkt mit ihnen auszutauschen.
Wirtschaftsforum: Worin liegt Ihre persönliche Motivation?
Jörg Schauer: Mir waren Menschen immer wichtig. Ich wollte ihnen Uhren nach ihren Wünschen bieten, die es noch nicht gab. Für mich war es immer erfüllend, ihnen das i-Tüpfelchen zu geben, das sie woanders nicht bekommen konnten. Mich motiviert es, sie zufriedenzustellen und immer wieder Neues auszuprobieren.