Stadtwerke Südholstein: Als regionaler Energieversorger in der Energiewende
Interview mit Thomas Behler, Geschäftsführer der Stadtwerke Südholstein GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Behler, Sie sind seit 2007 in der Versorgungsindustrie tätig. Wie haben Sie die jüngsten Krisen erlebt?
Thomas Behler: Corona haben wir als Chance begriffen. Die Mitarbeitenden konnten im Homeoffice arbeiten und die Shutdown-Phase genutzt werden, um Bauarbeiten zu forcieren. Während andere Stadtwerke ihre Läden zugemacht haben, war unsere Devise: Wer draußen arbeitet und Abstand halten kann, soll weiterarbeiten. Bei Volatilitäten gibt es nicht nur Bedrohungen, sondern auch Chancen. Die Energiekrise war dann eine andere Dimension. Als der Krieg ausbrach, wurden wir aufgrund unserer vergleichsweise niedrigen Preise von den Kunden regelrecht überrannt. Die Energiediscounter haben sich vom Markt verabschiedet und ihre Verträge gekündigt. Als Grundversorger haben wir diese Kunden aufgenommen.
Wirtschaftsforum: Sie haben bereits 2021 eine wichtige strategische Entscheidung getroffen – gegen Gas und für Fernwärme. Warum?
Thomas Behler: Als ich hier anfing, war die Erschließung eines Gewerbegebietes mit Gas geplant. Ich habe dem Gesellschafter mitgeteilt, dass dieser Plan mit mir nicht umgesetzt wird. Das war Monate vor Kriegsausbruch. Es war bei Weitem nicht einstimmig im Rat, aber wir haben uns für Fernwärme entschieden. Damit haben wir wahrscheinlich wichtige Ausbauvoraussetzungen für den Rest der Stadt geschaffen.
Wirtschaftsforum: Wie sehen Sie die Zukunft des Gases?
Thomas Behler: Wir sind überzeugt, dass der Anteil von Gas in Zukunft spürbar zurückgehen wird. Schon heute beobachten wir, wie immer mehr Privathaushalte auf zukunftsfähige Alternativen wie die Wärmepumpe umsteigen. Im Neubau setzen sich inzwischen fast ausschließlich Fernwärme oder Wärmepumpen durch. Dieser positive Trend wird sich unserer Einschätzung nach weiter beschleunigen. Noch vor zwei Jahren herrschte oft die Meinung, ältere Gebäude ließen sich nicht sinnvoll auf Wärmepumpen umstellen. Die Praxis zeigt jedoch: In sehr vielen Fällen ist das durchaus möglich! Wir gehen daher davon aus, dass die Bedeutung von Gas als Absatz- und Ertragsquelle in den kommenden Jahren stetig abnehmen wird – und sehen darin eine große Chance für den weiteren Ausbau nachhaltiger Energielösungen.
Wirtschaftsforum: Ein großes Thema ist auch der Zustand der Wassernetze. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Thomas Behler: In Deutschland lässt sich allgemein beobachten, dass die Infrastruktur in den vergangenen Jahren teilweise weniger im Fokus stand. In Tornesch sehen wir – abgesehen von einigen wenigen Einzelfällen – keine größeren Herausforderungen. In Pinneberg ist die Infrastruktur zwar nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand, aber grundsätzlich weiterhin zuverlässig. Für die Zukunft möchten wir jedoch noch mehr in die Modernisierung investieren als bisher, um die hohe Qualität unserer Versorgung langfristig zu sichern. Das wird sich auch auf die Preisgestaltung auswirken, da die Wasserpreise bislang oft politisch beeinflusst und nicht immer kostendeckend waren. Unser Ziel ist es, gemeinsam nachhaltige Lösungen zu finden, damit unsere Infrastruktur auch weiterhin stabil und zukunftsfähig bleibt. Eine vorausschauende Planung ist dabei der beste Weg, um langfristige Herausforderungen zu vermeiden und die Versorgungssicherheit für alle zu gewährleisten.
Wirtschaftsforum: Welche Vision haben Sie für die Stadtwerke Südholstein?
Thomas Behler: Wir fühlen uns den Bedürfnissen unserer Kommunen besonders verpflichtet und möchten die lokalen Verwaltungen aktiv unterstützen – gerade angesichts der großen Herausforderungen, vor denen sie stehen. Als Stadtwerk sehen wir uns als Möglichmacher und Partner, der gemeinsam mit der Kommune nach zukunftsfähigen Lösungen sucht. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist dabei die Optimierung von Strukturen: Viele Aufgaben werden derzeit doppelt erledigt, was wir im Sinne der Kosteneffizienz gerne gemeinsam angehen möchten. Auch innovative Ideen wie die Nutzung von Rechenzentren als dezentrale Wärmequelle haben wir im Blick. Immerhin entsteht dort ein Großteil der eingesetzten Energie als Wärme, die wir sinnvoll weiterverwenden können. Die Wärmewende wird für uns alle ein zentrales Thema bleiben. Ohne die Initiative und die Impulse aus dem Stadtwerk wird es für viele Städte schwierig, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Dabei ist uns bewusst, dass wir unsere Ressourcen verantwortungsvoll einsetzen müssen – denn die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte lassen sich nicht von heute auf morgen aufholen. Wir setzen daher auf nachhaltige, realistische Schritte und eine enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, um gemeinsam die besten Lösungen für unsere Region zu finden.
Wirtschaftsforum: Wie positionieren Sie sich zwischen den verschiedenen Interessen von Politik, Verwaltung und Bürgern?
Thomas Behler: Wir nehmen bewusst eine verantwortungsvolle Rolle ein, auch wenn diese nicht immer bequem ist. Als Stadtwerk profitieren wir davon, dass wir technische und wirtschaftliche Aspekte objektiv betrachten können – frei von politischen Zwängen. Das ermöglicht es uns, innovative und nachhaltige Lösungen voranzubringen, beispielsweise die stärkere Nutzung von Gründächern auf Flachdächern, was für das Abwassermanagement immer wichtiger wird. In solchen Fällen stehen für uns die fachlichen Notwendigkeiten im Vordergrund. Wir wissen, dass solche Maßnahmen manchmal erklärungsbedürftig sind und nicht immer sofort auf Zustimmung stoßen. Deshalb ist uns eine enge Zusammenarbeit mit der Verwaltung und der Politik wichtig, um gemeinsam die besten Wege zu finden und diese auch verständlich an die Bürgerinnen und Bürger zu vermitteln. Wir sehen uns als konstruktiven Impulsgeber, der offen anspricht, was für die Zukunft unserer Städte notwendig ist – gerade bei Themen wie Klimaanpassung und Infrastruktur. Auch wenn unsere Vorschläge manchmal als unbequem wahrgenommen werden, möchten wir damit Orientierung bieten und Verantwortung übernehmen. Unser Ziel ist es, den Kommunen ein verlässlicher Partner zu sein, der ehrlich sagt, was machbar ist – und gemeinsam Lösungen entwickelt, die langfristig tragen.