Faszination für Getränke
Interview mit Günter Thiel, Verwaltungsrat der Splendid Drinks AG
Wirtschaftsforum: Herr Thiel, wie sind Sie zur Getränkelogistik gekommen?
Günter Thiel: Ich bin schon vor 55 Jahren als gelernter Speditionskaufmann ins Berufsleben eingestiegen. Bereits in den 1990er-Jahren, lange bevor jemand von Logistik als Standardbegriff sprach, habe ich Logistikdienstleistungen angeboten, die über den reinen Warentransport von A nach B hinausgingen. Im letzten Jahrzehnt entwickelte ich ein Interesse an der Getränkelogistik und begann in relativ kleinem Rahmen mit unserer eigenen Marke des Energydrinks ‘28 Black’. Splendid Drinks wurde dann 2014 mit dem Ziel gegründet, der größte unabhängige Getränkefachlogistiker zu werden. Durch eine Mischung aus organischem Wachstum und strategischen Übernahmen haben wir dieses Ziel in den Gebieten, in denen wir aktiv sind, erreicht.
Wirtschaftsforum: Sie haben mit einem Energydrink angefangen. Spiegelt dies einen allgemeinen Trend wider?
Günter Thiel: Auf jeden Fall. In den letzten Jahren ist der Bereich Energy Drinks überproportional gewachsen und bietet auch in Zukunft noch weitaus mehr Potenzial. Wir verzeichnen aktuell mehr als 30% Wachstum pro Jahr. Der Sektor der alkoholfreien Getränke entwickelt sich insgesamt gut. Es gibt einen klar erkennbaren Trend weg von alkoholischen Getränken und hin zu alkoholfreien oder alkoholarmen Lifestyle-Getränken. Mit 28 Black, dem ersten Energydrink, der nicht nach Gummibärchen schmeckte, konnten wir diesen Trend vorwegnehmen.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich dieser Trend auf Ihre Produktpalette ausgewirkt und welchen Einfluss üben sie über den Erfolg neuer Produkte aus?
Günter Thiel: Unsere Produktpalette besteht aktuell zu gleichen Teilen aus alkoholischen und nicht-alkoholischen Getränken. Insgesamt haben wir über 8.000 Artikel im Angebot. Dennoch müssen wir selektiv vorgehen und nicht jedem Trend blindlings folgen. Letztes Jahr schwappte beispielsweise eine Welle aus den USA nach Europa für sogenannte Hard Seltzer oder alkoholische wasserbasierte Mischgetränke. Wir haben beschlossen, auf diesen speziellen Trend zu verzichten, da wir nicht glauben, dass der Markt dafür hier existiert.
Wirtschaftsforum: Wie erkennen Sie zukünftige Trends?
Günter Thiel: Zuerst muss man sich von seinen eigenen Vorlieben lösen. Ein neues Getränk oder eine neue Geschmacksrichtung muss natürlich bei der Mehrheit der Kunden ankommen. Wir betreiben eigene Marktforschung und arbeiten mit Partnern zusammen. Ein regionales Produkt in einen nationalen oder internationalen Erfolg zu verwandeln, ist eine große Herausforderung. Aber mit den logistischen Ressourcen von Splendid Drinks ist genau das möglich. Das macht auch Spaß. Ich glaube, dass es am unteren und oberen Ende der Preisspanne ein großes Potenzial gibt. Die Marken im mittleren Preissegment haben zur Zeit mehr zu kämpfen.
Wirtschaftsforum: Wie gehen Sie mit den aktuellen Herausforderungen um?
Günter Thiel: Wir hoffen, einen Teil der Energiepreissteigerungen durch Effizienzsteigerungen abfedern zu können. Wir sind auch dabei, die Digitalisierung im Unternehmen weiter voranzutreiben. Dieses Jahr werden wir die Implementierung eines ERP-Projektes abschließen, das unsere Abläufe deutlich optimieren wird. Die größte Herausforderung ist jedoch der Fahrermangel. Dafür gibt es noch keine Patentlösung.
Wirtschaftsforum: Wie bleibt man nach 55 Jahren motiviert bei der Arbeit?
Günter Thiel: Ich will Dinge verändern und weiterentwickeln. Das hat sich über die Jahre nicht verändert. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die glauben, früher war alles besser. Es ist heute einfach anders. Neue Menschen, neue Wege – es gibt nichts Spannenderes. Das Ziel für die kommenden fünf Jahre ist die Verdoppelung der Unternehmensgröße durch weitere Übernahmen und organisches Wachstum. Das ist eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle.