Ein Familienunternehmen, das sich gewaschen hat

Interview mit Alexander Seitz, Geschäftsführer der Seitz GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Seitz, Sie leiten die Seitz GmbH heute in der vierten Generation. Was waren die entscheidenden Meilensteine in den weit über 100 Jahren seit Unternehmensgründung?

Alexander Seitz: Die Seitz GmbH hat sich immer konsequent auf veränderte Marktsituationen eingestellt; das ist ein Grundsatz, der bis heute gilt. Eine epochale Veränderung brachte unter anderem der zweite Weltkrieg. Ursprünglich konzentrierte sich Seitz auf die Herstellung von Farben zum Färben von Textilien. Als nach dem Krieg immer mehr Produktionsstandorte nach Asien verlagert wurden, nahm dies großen Einfluss auf das traditionelle Geschäft. Weil niemand mehr färbte, wurden ehemalige Färbereien oft zu Reinigungen und Wäschereien. Das galt auch für unser Unternehmen, das fortan den Schwerpunkt auf die Textilreinigung, das heißt die chemische Reinigung, legte. Dieser Wandel von Farben hin zur Reinigung wurde von meinem Vater angestoßen, der das Unternehmen dahingehend neu aufstellte und den Weg in eine neue Zukunft ebnete.

Wirtschaftsforum: Wie sah diese Zukunft aus?

Alexander Seitz: Bis etwa Mitte der 1980er-Jahre funktionierte dieses Geschäftsmodell sehr gut; es war die Blütezeit der Textilreinigung. Mit immer strengeren Umweltauflagen und einem abnehmenden Bedarf an formellen Textilien wie Anzügen, Hemden und Krawatten kamen dann neue Herausforderungen auf das Unternehmen zu. Eine Konsequenz war die Ausweitung des Auslandsgeschäfts, eine weitere die Etablierung neuer Geschäftszweige in Deutschland, zu denen die Konzentration auf den Bereich des betreuten Wohnens zählte. Diese Neuorientierung wurde von der nächsten Generation ab 1993 forciert. Um diese Kundengruppe mit ihren speziellen Anforderungen optimal bedienen zu können, wurden professionelle Waschmittel entwickelt. Waschmittel, die besondere Anforderungen an Effektivität, Chemie, Produktivität und Ökologie erfüllten. Gleichzeitig ergaben sich mit den neuen Kundengruppen neue Aufgabenbereiche. In Altersheimen oder Hotels gibt es Küchen, Zimmer und Bäder, die gereinigt werden müssen. Dementsprechend entwickelten wir Produkte zur Desinfektion, zur Oberflächenreinigung und zur Reinigung von Töpfen, Tellern und Ähnlichem. Bis heute sind das wachsende Marktsegmente, da das Hygienebedürfnis und auch die Anforderungen kontinuierlich steigen.

Wirtschaftsforum: Seitz ist damit zum Inbegriff für sämtliche Hygieneprodukte geworden. Wie stellt sich das Portfolio heute dar und wie sieht die Struktur hinter den Produkten und Services aus?

Alexander Seitz: Wir bieten heute ein Komplettprogramm an Hygieneprodukten im privaten und öffentlichen Bereich, sind überall dort aktiv, wo professionell gereinigt wird. Mit mehr als 80% bilden Wasch- und Reinigungsmittel den Schwerpunkt des Portfolios. Hergestellt werden diese neben dem deutschen Standort in Kriftel in Indien und Indonesien, Vertriebsniederlassungen gibt es in Frankreich und den USA, weitere Länder werden über Vertriebspartner betreut. Wir sind in 93 Ländern rund um den Globus vertreten und damit außergewöhnlich international aufgestellt. Hygiene und Sauberkeit ist weltweit ein Thema und deshalb ist die Internationalisierung so wichtig. Wir profitieren davon, dass Deutschland, wenn es um Ökologie und Hygiene geht, auf dem Markt als Vorreiter und Vorbild gilt.

Wirtschaftsforum: Mit 90 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 35 Millionen EUR präsentiert sich Seitz als modernes mittelständisches Familienunternehmen. Welche Philosophie vertritt das Unternehmen?

Alexander Seitz: Wir ruhen uns nicht auf dem Erfolg aus, sondern stellen uns immer wieder infrage und entwickeln uns weiter. Sind wir noch marktrelevant? Wie entwickeln sich die Märkte? Diesen Fragen stellen wir uns laufend. Langfristigkeit ist essenziell; wir denken in Generationen, nicht in Quartalen. Diese Haltung wird von den Mitarbeitern mitgetragen. Seitz wird familienorientiert geleitet; hier sitzen alle in einem Boot, es herrschen ein kollegiales, freundliches Miteinander und ein ausgeprägter Teamgedanke. Uns liegt viel daran, Mitarbeiter einzubinden, ihnen Verantwortung zu übertragen, sie langfristig aufzubauen und ihnen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Wir haben eine sehr geringe Fluktuation; wenn jemand geht, dann in den Ruhestand.

Wirtschaftsforum: Wie fällt angesichts dieser Kontinuität der Blick in die Zukunft aus?

Alexander Seitz: Corona hat uns vor große Herausforderungen gestellt, jetzt sind es die explodierenden Rohstoffpreise. Dies haben wir gemeistert. Wir werden auch weiterhin der Ansprechpartner für Probleme im Bereich der Pflege von Textilien und der Reinigung von Gebäuden sein, um Lösungen für unsere Kunden zu finden.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Chemie

Im Labor der Möglichkeiten

Interview mit Johannes Steinel, Geschäftsführer der Schirm GmbH

Im Labor der Möglichkeiten

Die chemische Industrie ist eine tragende Säule der globalen Wirtschaft. Die Schirm GmbH aus Schönebeck (Elbe) zählt zu den führenden mittelständischen Spezialisten in der Auftragsfertigung für chemische Stoffe – von…

Prozesskompetenz  in der Lohnfertigung

Interview mit Mark Schürmann, Geschäftsführer der ProChem GmbH

Prozesskompetenz in der Lohnfertigung

Ob in der Kosmetik, Lebensmittelverarbeitung, Chemie oder Hightech-Elektronik – die Anforderungen an Lohnfertiger wachsen. Die ProChem GmbH ist in diesem anspruchsvollen Umfeld breit aufgestellt und punktet mit Flexibilität, Prozessvielfalt und…

Die Formel für nachhaltiges Wachstum

Interview mit Marcus Acker, Geschäftsführer der Imhoff & Stahl GmbH

Die Formel für nachhaltiges Wachstum

Die Chemiedistribution ist das verbindende Glied zwischen Herstellern und Industrie. Sie sorgt dafür, dass chemische Rohstoffe sicher, flexibel und termingerecht dorthin gelangen, wo sie gebraucht werden – in nahezu allen…

Spannendes aus der Region Main-Taunus-Kreis

Mit Hochdruck zum Erfolg

Interview mit Dipl.-Ing. Frank Ackermann, Geschäftsführer der Fritz Wiedemann & Sohn GmbH

Mit Hochdruck zum Erfolg

Das Hochdruckwasserstrahlen hat sich in den letzten Jahren als unverzichtbare Technologie in der Bauwerksinstandsetzung etabliert. Mit Wasserdrücken von bis zu 3.000 bar werden Betonoberflächen schonend und dennoch effektiv abgetragen oder…

„The next smart thing“ für Beschaffung und Logistik

Interview mit Dr. Sandro Reinhardt Vorstandsmitglied der DG Nexolution eG und Andreas Malorny Geschäftsführer der DG Nexolution Procurement & Logistics GmbH

„The next smart thing“ für Beschaffung und Logistik

Schon seit etlichen Jahrzehnten bewegt sich die DG Nexolution eG als versierter Dienstleister der genossenschaftlichen Finanzgruppe mit ihren 700 Volksbanken und Raiffeisenbanken. Seit einem Jahr bietet das Tochterunternehmen DG Nexolution…

Wie ein kleiner Clip die Verpackungswelt revolutioniert

Interview mit Dr. Alexander Giehl, Geschäftsführer der Poly-clip System GmbH & Co. KG

Wie ein kleiner Clip die Verpackungswelt revolutioniert

Kaum jemand kennt sie beim Namen, doch ihre Produkte begegnen uns täglich: Ob Wurst, Marmelade und Butter, Milch, Milchreis oder Silikonkartuschen – die Poly-clip System GmbH & Co. KG ist…

Das könnte Sie auch interessieren

Supply-Chain-as-a-Service für Spezialarzneien

Interview mit Christoph Staub, Geschäftsführer der Allpack Group AG

Supply-Chain-as-a-Service für Spezialarzneien

Während Massenarzneimittel wie frei verkäufliche Schmerzpräparate millionenfach produziert und vertrieben werden, gestaltet sich das Geschäft mit Orphan Drugs für seltene Krankheiten deutlich komplexer: Das gilt auch für die Verpackung, Etikettierung…

Kunden zu Fans machen

Interview mit Sebastian Lauer, Gesellschafter und Marius Ollinger, Gesellschafter der ZAHL Gebäudetechnik KG

Kunden zu Fans machen

„Wir wollen Kunden zu Fans machen“ – mit dieser Philosophie führt Marius Ollinger seit 2019 das saarländische Familienunternehmen ZAHL Gebäudetechnik durch unbeständige Zeiten. Vom politisch getriebenen Heizungsboom bis zur aktuellen…

Mut statt Stillstand:  Wie AKO in der Krise wächst

Interview mit Daniel Vogel, Geschäftsführer der AKO - KUNSTSTOFFE ALFRED KOLB GmbH

Mut statt Stillstand: Wie AKO in der Krise wächst

Während viele Unternehmen in der Krise den Rotstift ansetzen, investiert AKO Kunststoffe aus Hoffenheim antizyklisch in Anlagen im Millionenbereich. Das Familienunternehmen, das 1956 mit Bakelit-Knöpfen für Traktoren startete, will mit…

TOP