Das Glas ist halb voll

Interview mit Jan Rettberg, Geschäftsführer Gebr. Rettberg GmbH

Innovationen sind für Unternehmen unterschiedlicher Branchen ein Schlüssel zum Erfolg. Die Labortechnik zählt nicht zu diesen innovationsgetriebenen Branchen. Produkte wie der Erlenmeyerkolben sind seit langer Zeit unverändert – weil hier Veränderung nicht notwendig ist. Beständigkeit und konstante Qualität charakterisieren auch die Gebr. Rettberg GmbH selbst. Gleichzeitig arbeitet das Unternehmen mit seinen Produkten am Puls der Zeit und ist Teil von Forschung und Entwicklung – ein Aspekt, den Geschäftsführer Jan Rettberg besonders spannend findet. „Wir sind Vollversorger von Laboren und bieten im Glasapparatebau eher ein Standardprogramm“, sagt er. „Aber wir sind sehr nah an der Forschung und Entwicklung. In der Coronazeit haben wir zum Beispiel für Biontech Laborglasgeräte geliefert. Das macht unsere Arbeit so vielfältig und spannend.“

Konstanz seit drei Generationen 

Rettberg wird als erfahrener und verlässlicher Partner für Laborgeräte geschätzt. Das Unternehmen wurde 1958 von Kurt und Helmut Rettberg gegründet, 1999 übernahm Axel Rettberg die Geschäftsführung. Sein Sohn Jan ist seit 2010 im Unternehmen tätig, seit zehn Jahren in leitenden Funktionen, seit 2021 als Geschäftsführer und Teilhaber.

Das Unternehmen hat 17 Mitarbeiter und setzt mit dem Glasapparatebau und dem Laborhandel auf zwei Standbeine. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten hat sich der Fokus auf den Sonderbau als wichtige Stütze erwiesen. Rettberg ist einer der wenigen in Deutschland verbliebenen Glasapparatehersteller; bei Wettbewerbern handelt es sich oft um Ein-Mann-Betriebe. „Die Zeiten sind herausfordernd“, sagt Jan Rettberg. „Das spüren auch wir. Mir war es deshalb wichtig, das Unternehmen so aufzustellen, dass es wettbewerbsfähig bleibt. Ein großer Vorteil ist, dass wir als Familienunternehmen langfristig denken können.“ 

Beim Standard besonders gut

Um im Wettbewerb zu bestehen, setzt Rettberg auf Beständigkeit, aber auch auf Technikvorsprung. „Wir haben ein neues ERP-System implementiert, viele Prozesse digitalisiert, optimiert und verschlankt, um ressourcenschonend zu arbeiten“, betont Jan Rettberg. „Es geht darum, gut aufgestellt und transparent zu sein.“ Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg sind nicht zuletzt die Mitarbeiter. Rettberg hat ein junges Team, das sich mit dem Unternehmen identifizieren und sich wohlfühlen soll. Dafür wurden gezielte Investitionen getätigt. Der Pausenraum wurde renoviert, die Büros modernisiert, Arbeitsplätze angenehm gestaltet.

Aushängeschild des Unternehmens bleibt das breite Portfolio, das von Destillationsapparaten über Extraktionsanlagen hin zum Erlenmeyerkolben reicht. Rettberg bietet Standardprodukte in hoher Qualität und überzeugt auch dann, wenn es besonders anspruchsvoll wird. „In den Glasteilen gibt es Verbindungen, sogenannte Schliffe, die aus Kern und Hülse bestehen“, sagt Jan Rettberg. „Hier geht es darum, eine hohe Dichtigkeit zu erzielen, da viele Arbeiten unter Vakuum und Schutzgas erfolgen. In unserer Schleiferei werden Verbindungen häufig nachgeschliffen, was uns vom Wettbewerb absetzt.“

Auch beim Service kein Standard

Wissenschaftliche Einrichtungen und die Industrie profitieren vom Know-how und Handwerkskönnen der Göttinger. Kunden, die sowohl aus Deutschland als auch aus dem weltweiten Ausland kommen, bietet sich ein Angebot mit mehr als 150.000 Artikeln, das von vielen Serviceleistungen flankiert wird. Rettberg realisiert Einzel- und Serienproduktionen und übernimmt Reparaturen und Veredelungen. Langfristig soll der Bereich Laborhandel gestärkt werden. „Wir haben vor Kurzem einen erfahrenen Mitarbeiter eingestellt, der den Vertrieb leitet, um hier neue Akzente zu setzen“, erklärt Jan Rettberg

 „Zudem sind wir auf der Suche nach neuen Geschäftspartnern, um Produkte fokussiert zu platzieren.“ Auch der Besuch kleinerer Messen wie der Lab Supplies und Wissenschaftsforen bieten sich als Plattformen für neue Kontakte an. Das Glas wird damit auch künftig für Rettberg halb voll sein. 

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Chemie

„Wir denken mit und liefern Lösungen“

Interview mit Christian Hofmann, Vertriebsleiter der Alfred Kron GmbH

„Wir denken mit und liefern Lösungen“

Die Metallverarbeitungsbranche steht unter Druck: Digitalisierung, Fachkräftemangel und globale Lieferketten stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Wer heute erfolgreich sein will, muss flexibel agieren und Prozesse durchdenken. Ein Beispiel für diese…

Präzision aus Metall – Wertschöpfung in Perfektion

Interview mit Rob Paulissen, Managing Director der Doesburg Components B.V.

Präzision aus Metall – Wertschöpfung in Perfektion

Vom Guss bis zum einbaufertigen Bauteil: Die Doesburg Components B.V. steht für metallurgisches Know-how, moderne Fertigung und enge Kundenbeziehungen. Das Unternehmen produziert präzise bearbeitete Gusskomponenten für Motoren, Getriebe und Fahrwerke.…

Lokale Stärke, globale Vision

Interview mit Maria Wünsch-Guaraldi, CEO und Alfred Wagner, Finance Director der Sanden International (Europe) GmbH

Lokale Stärke, globale Vision

Der japanische Klimaanlagen-Spezialist Sanden navigiert in Europa mit 1.650 Mitarbeitern und 450 bis 500 Millionen EUR Umsatz durch turbulente Zeiten. Während die Automobilindustrie zwischen Elektromobilität, regulatorischen Unsicherheiten und chinesischer Konkurrenz…

Spannendes aus der Region Landkreis Göttingen

„Verlässlichkeit ist unsere DNA!“

Interview mit Dr. -Ing. Marco Krist, Geschäftsführer der TECTRON WORBIS GmbH

„Verlässlichkeit ist unsere DNA!“

Was den Kunden wichtig ist, weiß Geschäftsführer Dr. -Ing. Marco Krist genau – und handelt danach. Bei der TECTRON WORBIS GmbH steht der Kunde mit seinen Anliegen im Mittelpunkt –…

Willkommen im digitalen Einzelhandel

Interview mit Frank Hagemann, Geschäftsführer der xplace GmbH

Willkommen im digitalen Einzelhandel

In vielen deutschen Innenstädten ist der Wandel des Einzelhandels sichtbar – leere Ladenflächen und eine sinkende Anzahl an Kunden in den Geschäften. Der stationäre Einzelhandel befindet sich vielerorts in einer…

„Wir bauen mehr als nur Läden“

Interview mit Christian Hunold Geschäftsführer der Ladenbau Hunold GmbH

„Wir bauen mehr als nur Läden“

In einer alten Werkstatt in Leinefelde nahm eine Vision Gestalt an: Ladengeschäfte zu bauen, die mehr als nur Verkaufsräume sind. Heute hat sich die Ladenbau Hunold GmbH als kompetenter Partner…

Das könnte Sie auch interessieren

Supply-Chain-as-a-Service für Spezialarzneien

Interview mit Christoph Staub, Geschäftsführer der Allpack Group AG

Supply-Chain-as-a-Service für Spezialarzneien

Während Massenarzneimittel wie frei verkäufliche Schmerzpräparate millionenfach produziert und vertrieben werden, gestaltet sich das Geschäft mit Orphan Drugs für seltene Krankheiten deutlich komplexer: Das gilt auch für die Verpackung, Etikettierung…

Kunden zu Fans machen

Interview mit Sebastian Lauer, Gesellschafter und Marius Ollinger, Gesellschafter der ZAHL Gebäudetechnik KG

Kunden zu Fans machen

„Wir wollen Kunden zu Fans machen“ – mit dieser Philosophie führt Marius Ollinger seit 2019 das saarländische Familienunternehmen ZAHL Gebäudetechnik durch unbeständige Zeiten. Vom politisch getriebenen Heizungsboom bis zur aktuellen…

Mut statt Stillstand:  Wie AKO in der Krise wächst

Interview mit Daniel Vogel, Geschäftsführer der AKO - KUNSTSTOFFE ALFRED KOLB GmbH

Mut statt Stillstand: Wie AKO in der Krise wächst

Während viele Unternehmen in der Krise den Rotstift ansetzen, investiert AKO Kunststoffe aus Hoffenheim antizyklisch in Anlagen im Millionenbereich. Das Familienunternehmen, das 1956 mit Bakelit-Knöpfen für Traktoren startete, will mit…

TOP