„Das Prinzip ‘Maschine gegen Geld’ ist lange vorbei“
Interview mit Thomas Schlüter, Geschäftsführer der Schlüter Baumaschinen GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Schlüter, als Full Service-Dienstleister für Baumaschinen stehen Sie in Ihrer Marktposition zwischen dem Produkthersteller und seinem Anwender. Welches Nutzenversprechen geben Sie Ihren Kunden?
Thomas Schlüter: Die Schlüter Baumaschinen GmbH versteht sich grundsätzlich als Lösungsanbieterin: Wir liefern nicht nur die jeweilige Baumaschine oder den Bagger aus, sondern sondieren lange vorher gemeinsam mit unserem Kunden, wie die ideale Lösung für seine spezifischen Anforderungen aussieht. Dazu führen wir am künftigen Einsatzort der jeweiligen Anlage eine ausführliche Begehung durch und analysieren in enger Zusammenarbeit mit unserem Partner, wie die ideale Lösung für seine individuellen Herausforderungen ausgestaltet sein müsste. Dieser engmaschige Beratungsprozess hört mit der Auslieferung der jeweiligen Baumaschinen natürlich nicht auf, sondern geht an diesem Punkt mit entsprechenden Wartungstätigkeiten in eine neue Phase – die jeweiligen Anlagen sind schließlich wertvolle Investitionsgüter und technologisch komplexe Produkte, was eine entsprechende fachkundige Betreuung erforderlich macht. Auch im Fall technischer Problemen können wir unverzüglich mit zielgerichteten Abhilfemaßnahmen intervenieren. Die Zeiten, in denen eine Transaktion als B2B-Fachhändler einfach nach dem Motto 'Maschine gegen Geld' ablief, sind lange vorbei – zum Vorteil beider Seiten.
Wirtschaftsforum: In welchen Branchen sind Sie aktiv?
Thomas Schlüter: Unsere Maschinen kommen in sehr unterschiedlichen Industriezweigen zum Einsatz, etwa im Verkehrswege- und Gleisbau wie auch in der Abfallwirtschaft sowie in Energie- und Hafenbetrieben oder auch in zahlreichen Fabrikanlagen.
Wirtschaftsforum: Wie individuell müssen Ihre Lösungen dabei ausfallen – und wie stellen Sie den konkreten Bedarf Ihrer Kunden fest?
Thomas Schlüter: Die Anpassungen unserer Lösungen erstrecken sich auf quantitative wie qualitative Elemente der spezifischen Leistungsanforderungen, die auch eine Optimierung des zeitlichen Ablaufs am Einsatzort ermöglichen: Bei Fernstraßen- oder Brückenbauarbeiten sind fast immer viele verschiedene Baufirmen eingebunden, die sich in unterschiedlichen Gewerken engagieren, weshalb die Zeitslots bei den jeweiligen Arbeiten entsprechend eng getaktet sind. Eine Kernfrage ist dabei oft, mit welcher Maschinenkombination der Kunde bestmöglich zum Ziel kommt – eher mit einem großen Bagger anstatt drei kleineren oder gerade andersherum? Um das herauszufinden, ist es oft unerlässlich, dass wir uns selbst vor Ort ein Bild machen. Mithilfe von Drohnen zeichnen wir dabei ein digitales Abbild der Baustelle, anhand dessen wir auch die komplexesten Prozesse und Abläufe simulieren können. Auf Basis dieser Erkenntnisse sind wir schließlich in der Lage, verbindliche Aussagen zur optimalen Lösung zu treffen.
Wirtschaftsforum: Welche technischen Innovationen spielen derzeit die größte Rolle im Markt, und mit welchen Trends ist in naher Zukunft zu rechnen?
Thomas Schlüter: Mittlerweile verfügen die meisten unserer Baumaschinen über On-Board-Units, die alle relevanten Stellen über den jeweiligen technischen Zustand der Anlage sowie über ihre aktuelle GPS-Position informieren können. Ferner wurden bestimmte Baumaschinentypen mittlerweile auch so weit digitalisiert, dass neben einer unmittelbaren Auskunft über ihre aktuelle geografische Position auch die Grabwerkzeuge mit entsprechenden Sensoren ausgestattet sind, sodass der Baumaschinenführer sich auf zehn Millimeter genau orientieren kann, wo genau er sich auf der Baustelle befindet und an welcher präzisen Stelle er seine Arbeiten auszuführen hat, ohne dass ihm ein Polier den exakten Einsatzort anzeigen müsste. Die Vermeidung derartiger Abstimmungskosten zwischen den verschiedenen Gewerken wird dabei in Zukunft weiter entscheidend an Bedeutung gewinnen, woran diese technischen Lösungen einen bedeutsamen Anteil haben: Die gesamte Supply Chain, die auf einer Baustelle reibungslos ineinandergreifen muss und deren Elemente in zahlreichen verschiedenen Stellen eingebunden sind, kann mittels der digitalen Vernetzung um ein Vielfaches effizienter strukturiert und gesteuert werden als je zuvor. Für die erfolgreiche Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen des Bundes sind entsprechende Fähigkeiten schon heute unabdingbar.
Wirtschaftsforum: Diese zunehmende technische Komplexität erhöht gleichzeitig die Anforderungen an das Fachpersonal – wie können Sie diesem Umstand im Kontext des allgemeinen Fachkräftemangels Rechnung tragen?
Thomas Schlüter: Hierbei handelt es sich in der Tat um einen entscheidenden Hebel, an dem wir ansetzen müssen, um uns weiterhin erfolgreich im Markt bewegen zu können, weswegen wir inhouse auch unsere Schlüter-Akademie gegründet haben, mit der wir unseren Anspruch an lebenslanges Lernen mit Leben füllen möchten. Die zunehmende Diversifizierung der Tätigkeitsspektren hat unterdessen dazu geführt, dass wir in unserem Unternehmen auch Berufe abbilden, mit denen wir früher keine Berührungspunkte hatten, etwa Drohnenpilotinnen, Vermesser oder Software-Experten, die remote Fehlerbehebungen an unseren Baumaschinen durchführen.
Wirtschaftsforum: Sie führen die Schlüter Baumaschinen GmbH derzeit in 2. Generation, während mit Ihren beiden Söhnen, die sich ebenfalls im Unternehmen engagieren, bereits die 3. Generation in den Startlöchern steht. Worin unterscheidet sich die Perspektive Ihrer beiden Kinder bisweilen von Ihrem eigenen Blick auf das Unternehmen?
Thomas Schlüter: Ich bin ungemein froh, dass meine beiden Söhne genau wie ich Freude an unserem Unternehmen gefunden haben und dieses schöne Projekt mit all ihren Mitstreitern aus ihrer Generation weiterführen werden. Als Digital Natives erkennen sie möglicherweise prägnanter als ich die zahlreichen Entwicklungspotenziale, die sich hinter den umfangreichen Monitoring-Möglichkeiten verbergen, um gemeinsam mit dem Kunden einen 360-Grad-Blick auf all seine individuellen Herausforderungen werfen zu können.
Wirtschaftsforum: Worin unterscheidet sich die Ausgangssituation der neuen Generation von der Zeit, als Sie Ihre Tätigkeit bei Schlüter Baumaschinen aufnahmen?
Thomas Schlüter: Als ich in das Unternehmen eintrat, hatten wir große Probleme, wettbewerbsfähige Maschinen zu finden, nachdem der Hersteller, der bis dato von uns vertriebenen Anlagen in Konkurs gegangen war. Während wir uns auf der Suche nach einem Lieferanten von wirklich hochwertigen Produkten befanden, haben wir uns eine Zeitlang mit dem übergangsweisen Vertrieb von qualitativ ansprechenden, aber wenig bekannten Marken begnügt, bis wir schließlich aus heiterem Himmel einen Anruf des japanischen Baumaschinenherstellers Komatsu bekamen, der damals gerade seine Fühler auf den deutschen Markt ausstreckte. Dem Führungspersonal war unsere langjährige engagierte Arbeit aufgefallen und man wollte uns als elementaren Teil des neuen Distributionsnetzwerks in Europa gewinnen. Dieses Telefongespräch war der Anfang einer Erfolgsgeschichte, die bis heute andauert.