Industriebau mit Anspruch

Interview mit Lukas Holzinger, Geschäftsführender Gesellschafter der RSE+ Architekten Ingenieure GmbH

Reiser, Stremme und Engelhardt, das sind die drei Gründer, die RSE+ ab 1971 aufgebaut und dem Unternehmen den aus ihren Anfangsbuchstaben gebildeten Namen gegeben haben. „Sie haben unternehmerische Weitsicht bewiesen, indem sie frühzeitig ihre Nachfolge geregelt haben. Wir sehen heute, wie schwierig es für Architekturbüros ist, Nachfolger zu finden. Viele werden von großen, international tätigen Planungsgesellschaften aufgekauft“, berichtet der geschäftsführende Gesellschafter Lukas Holzinger, der schon früher Mitarbeiter bei RSE+ war und seit 2016 der 3. Eigentümergeneration angehört. Er hat die erste Niederlassung in Stuttgart gegründet, eine zweite befindet sich mittlerweile in Göttingen. Seit 2001 existiert zudem eine Schwestergesellschaft für Fabrik- und Logistikplanung. Daraus ergeben sich Synergien, betont Lukas Holzinger: „Dass wir als Büro, das viel Industriearchitektur macht, eigene Fabrikplaner im Haus haben, verschafft uns einen viel tieferen Einblick in die Prozesse unserer Kunden.“ Über 100 Mitarbeiter sind bei Architekten Ingenieure beschäftigt, 15 bei RSE+ Fabrik Logistik. 

 

Kleines großes Büro

Die Schwerpunkte von RSE+ Architekten Ingenieure liegen im Bereich Automotive mit Kunden wie VW, Porsche und Mercedes sowie Zulieferern. Im medizinischen Bereich ist das Unternehmen unter anderem für Aesculap tätig. „Auch hier sind Reinräume wichtig, und damit kennen wir uns wirklich gut aus“, so Lukas Holzinger, der selbst im Vorstand des Deutschen Reinrauminstituts ist. Benötigt werden diese Kenntnisse aus mittlerweile über 25 Jahren ebenso in den Bereichen Hightech, Pharma und IT. Gerade wurde die erste Halbleiterfabrik für Jenoptik in Dresden eingeweiht, eine Chip-Fabrik von Vishay in Itzehoe befindet sich noch im Bau. „Während Automotive schwächelt, sind wir für die anderen Branchen vorsichtig optimistisch“, erklärt Lukas Holzinger. 

Die vergangenen Jahre waren für RSE+ erfolgreich. Der Jahresumsatz des Unternehmens liegt inzwischen bei über 20 Millionen EUR. Lukas Holzinger sieht sein Büro als „kleines unter den großen“ und erklärt: „In Deutschland teilt sich die Architekturbranche in sehr viele kleine Büros und sehr wenige sehr große. Mit unseren 100 Mitarbeitern konkurrieren wir hier schon einmal mit Firmen, die deutlich mehr als 1.000 Mitarbeiter haben. Mit unserer Expertise im hochkomplexen Industriebau und Reinräumen sind wir aber ganz gut im Markt aufgestellt. Und wir sind noch klein genug, um sehr flexibel agieren zu können.“ Man sei darüber hinaus extrem kundenorientiert, projektfokussiert und uneitel. Der Idealfall ist für den Geschäftsführer, den Kunden vom Anfang – der Ideenfindung – bis zum Ende – der Schlüsselübergabe – zu begleiten. Doch nicht immer kommt es dazu. „Wir machen viele Konzept- und Machbarkeitsstudien. Häufig wird die Leistung danach neu ausgeschrieben. Durch unseren Wissensvorsprung haben wir dann zum Teil einen kleinen Vorteil“, berichtet er. 

20.000 Vorschriften

Das Thema Nachhaltigkeit sei in den vergangenen Jahren stärker in den Vordergrund gerückt, sagt Lukas Holzinger. „Das ist der vielleicht einzige positive Aspekt des Energiepreisschocks. Wir haben schon vorher Untersuchungen zu nachhaltigen Konzepten durchgeführt, die dann aber aus wirtschaftlichen Gründen häufig verworfen wurden. Jetzt haben wir gerade den Grundstein für ein Pharma-Projekt in der Nähe von Stuttgart gelegt, bei dem das gesamte Gebäude über Geothermie geheizt und gekühlt wird. Insofern finde ich, dass man solch eine Krise auch einmal positiv sehen und sich freuen kann, dass jetzt nachhaltige Konzepte in den Vordergrund rücken.“ Nachhaltigkeit bedeutet in seinen Augen aber auch, dass die Gebäude lange genutzt werden können und leicht umzubauen und umzunutzen sind. Zu kämpfen hat er mit der Bürokratie.

„Wir müssen im Bau 20.000 Vorschriften einhalten. Allein die Arbeitsstätten-Richtlinien lassen uns an manchen Stellen verzweifeln, wenn wir mit den Kunden zum Beispiel diskutieren müssen, warum die Abstände zwischen Umkleideschränken und damit auch die Räume plötzlich größer sein müssen als früher. Man sollte bei einer Novellierung einer Norm immer erst einmal fragen: Geht es auch einfacher?“ Er appelliert daher an die Berufsverbände, sich mehr in den Normenausschüssen zu engagieren. 

Noch digitaler werden

Die Kunden von RSE+ sind überwiegend internationale Konzerne, die in Deutschland produzieren. „Wir sind grundsätzlich offen für eine Internationalisierung. Bei uns arbeiten Leute aus über 25 Ländern “, sagt Lukas Holzinger. Im Bereich Digitalisierung sieht er für seine Branche noch Luft nach oben: „Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen. Wir nutzen BIM, zeichnen in 3D und haben eine eigene Preisdatenbank. Seit etwa zwei Jahren sind wir auch dabei, unsere Baustellen zu digitalisieren.“

Im nächsten Schritt sollen alle Projekte in die Cloud wandern. Darüber hinaus wird das Thema KI eine größere Rolle spielen. Geplant ist, das Marketing zu professionalisieren und weitere Services im Bereich Supply Chain und Produktionsplanung anzubieten. „Hier entwickeln wir gerade ein Produkt, das wir noch 2025 launchen werden“, kündigt Lukas Holzinger an. Neben der fachlichen Herausforderung ist der zwischenmenschliche Umgang für ihn ein wichtiger Faktor: „Wir begegnen einander auf Augenhöhe und mit Respekt. Mein Antrieb ist außerdem mein Spaß an der Arbeit.“ 

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