Löcher stopfen und Daten managen

Interview mit Dr.-Ing. Karsten Gruber, Geschäftsführer und Joachim Ernst, Geschäftsführer der OBERMEYER Infrastruktur GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Gruber, Herr Ernst, kurz zu Ihren beruflichen Hintergründen: Was hat Sie zu OBERMEYER geführt?

Dr. Karsten Gruber: Ich komme ursprünglich aus dem operativen Baugeschäft, bin seit über 13 Jahren in der Welt der Planungsbüros tätig und seit 2022 Sprecher der Geschäftsführung von OBERMEYER Infrastruktur. Mich fasziniert die Breite und Tiefe der Infrastrukturthemen, die wir bearbeiten – von Wasser über Schiene bis hin zu Straßenprojekten.

Joachim Ernst: Ich habe eine Ausbildung im Bereich Wirtschaftsprüfung absolviert, war viele Jahre kaufmännischer Geschäftsführer in der Branche und bin 2024 zu OBERMEYER gewechselt. Besonders reizt mich hier die Kombination aus Größe, Internationalität und dennoch familiärem Charakter.

Wirtschaftsforum: OBERMEYER Infrastruktur wurde 2020 aus der Gruppe herausgelöst und eine eigenständige Gesellschaft. Was zeichnet das Unternehmen seither besonders aus?

Dr. Karsten Gruber: Wir sind mit rund 650 Mitarbeitenden eines der größten Planungsbüros in Deutschland. Das verschafft uns eine enorme Kompetenzbreite. Wir können alle Facetten abdecken, von der technischen Planung über die Projektsteuerung bis hin zur Bauüberwachung. Zugleich sind wir dezentral aufgestellt mit 18 Standorten in Deutschland, die eng zusammenarbeiten und ihr Wissen bündeln. Dieses Zusammenspiel macht uns für Kunden besonders wertvoll.

Joachim Ernst: In einem Markt, der oft kleinteilig ist, können wir so umfassende Lösungen anbieten. Kunden schätzen es, dass sie bei uns alles aus einer Hand bekommen – und dass wir bei Bedarf auch in Ingenieurgemeinschaften mit anderen kooperieren.

Wirtschaftsforum: Welche Themen bestimmen aktuell Ihr Geschäft?

Dr. Karsten Gruber: Der Bedarf an Infrastrukturmaßnahmen ist riesig, sei es bei Straßen, Schienen, Ingenieurbauwerken, Energie­trassen oder in der Wasserversorgung. Die größte Herausforderung ist weniger das Auftragsvolumen, es sind die Ressourcen. Es fehlt an Fachkräften. Darum ist es entscheidend, als Arbeitgeber attraktiv zu sein.

Joachim Ernst: Wir investieren stark in unsere Unternehmenskultur, setzen auf Vernetzung, Austausch und Weiterbildung. Unser Frauennetzwerk für Frauen in Führungspositionen ist ein wichtiger Baustein, ebenso wie klare Werte, die wir gemeinsam mit den Mitarbeitenden erarbeitet haben: Pioniergeist, Menschlichkeit, Verbindlichkeit. All das trägt dazu bei, dass wir von Fokus und Kununu als hervorragender Arbeitgeber ausgezeichnet wurden.

Wirtschaftsforum: Wie begegnen Sie dem Thema Digitalisierung?

Joachim Ernst: Für uns bedeutet Digitalisierung nicht, jedem Hype hinterherzulaufen, sondern Daten zu strukturieren und nutzbar zu machen. Wir investieren siebenstellige Beträge in Datenmanagement und entwickeln eigene Methoden, die uns hier zum Vorreiter machen. Unterstützt werden wir vom Leonhard Obermeyer Center, das wir zusammen mit der TU München gegründet haben. Es ermöglicht uns, aktuelle Forschungsthemen direkt in die Praxis zu übertragen.

Dr. Karsten Gruber: Die Digitalisierung eröffnet uns auch neue Möglichkeiten im Lifecycle-Management: Eine Brücke lässt sich heute nicht nur planen, sondern über ihren gesamten Lebenszy­klus hinweg begleiten. So schaffen wir einen echten Mehrwert im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung.

Wirtschaftsforum: Stichwort Nachhaltigkeit – welche Rolle spielt sie in Ihrem Geschäftsmodell?

Joachim Ernst: Nachhaltigkeit ist integraler Bestandteil unserer Arbeit, ob in der Verkehrsplanung, bei Energietrassen oder innerstädtischen Mobilitätskonzepten. Wir haben mit der Creditreform ein Verfahren entwickelt, um ESG-Kriterien praxisnah umzusetzen – ohne unnötige Bürokratie, aber mit messbaren Effekten.

Dr. Karsten Gruber: Während in Ländern wie den Niederlanden oder Skandinavien Nachhaltigkeit selbstverständlich ist, stehen wir in Deutschland noch am Anfang. Wir versuchen, pragmatische und finanzierbare Lösungen zu entwickeln. Letztlich geht es darum, Verantwortung zu übernehmen: für die Umwelt, aber auch für die Gesellschaft.

Wirtschaftsforum: Wohin steuert OBERMEYER Infrastruktur in den kommenden Jahren?

Dr. Karsten Gruber: Wir werden unser Kerngeschäft kontinuierlich erweitern, insbesondere in den Bereichen Wasserwirtschaft und Projektsteuerung. Gleichzeitig setzen wir auf qualitatives Wachstum – mit Verstand und Augenmaß, nicht um jeden Preis.

Joachim Ernst: Unser Ziel ist es, die 650 Mitarbeitenden sicher durch den Wandel zu begleiten. Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftesicherung werden uns noch lange beschäftigen. Entscheidend ist für uns, dabei die Freude an der Arbeit zu bewahren.

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