IT-Services 360 Grad
Interview mit Daniel Tschudi, CEO der Ricoh Schweiz AG

Wirtschaftsforum: Herr Tschudi, was sind Ihre Kerngeschäftsbereiche in der Schweiz und wo sehen Sie sich im Schweizer Markt?
Daniel Tschudi: Wir transformieren uns aktuell von einem Printing-Unternehmen zu einer Digital Service Company und realisieren bereits rund 40% unseres Geschäftsvolumens mit dem ʻneuenʼ, also digitalen Geschäft. Dazu gehören IT-Services, Enterprise Content Management und Communication Services. Bis Ende 2022 möchten wir rund die Hälfte unseres Volumens über unsere digitalen Services erwirtschaften. Diese digitale Transformation ist eine komplexe Herausforderung. Wir profitieren hier von unserer Integration in eine globale Gruppe. So verfügen wir über eine eigene End-to-end-Serviceorganisation mit weltweit über 8.000 Serviceingenieuren. Diese bilden wir zu IT- und Communication Services-Spezialisten aus, da die Kunden immer mehr eine Art ʻGeneralunternehmerʼ suchen, also einen Partner, der alles aus der berühmten einen Hand bieten kann. Schließlich ist der gute alte Kopierer inzwischen eine multifunktionale digitale Rampe geworden. So wie die Ricoh Gruppe weltweit zu den führenden Anbietern zählt, sind wir auch in der Schweiz Marktführer.
Wirtschaftsforum: Was erwarten Sie für den Bereich der Printing Services für die kommenden Jahre?
Daniel Tschudi: Nach wie vor steht dieser Bereich für rund 60% unseres Gesamtumsatzes. Das Printgeschäft wird seit zehn Jahren schon für tot erklärt. Tatsächlich aber reduziert sich zwar das Volumen im Officebereich und dieser Trend wird sich auch fortsetzen, wahrscheinlich sogar leicht beschleunigen. Allerdings arbeitet der Hochvolumen-Bereich noch zu 95% mit traditionellen Drucktechnologien, wie zum Beispiel Offsetdruck oder Tiefdruck. Nur rund 5% entfallen hier auf den Digitaldruck und das Printvolumen wächst jährlich. Es sind also gegenläufige Entwicklungen zu beobachten.
Wirtschaftsforum: Was sind die aktuellen Themen und Trends, die Sie zurzeit am Markt beobachten?
Daniel Tschudi: Im Bereich der IT-Services sehen wir einen deutlichen Trend weg von den eigenen Infrastrukturen zu Outsourcing und Cloud-Lösungen. Ein Schlüsselthema ist das Thema Security Service. Die Remote-Steuerung der Workplaces ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Im Enterprise Content Management werden verstärkt nicht-digitale Prozesse digitalisiert. Der Trend geht hier Richtung AI und KI. Im Bereich Communication Services stellen wir großen Kunden seit neuestem eine eigene Software zur Verfügung, Ricoh Space, mit der sie Arbeitsplätze, Meetingräume und Parkplätze reservieren oder COVID-Maßnahmen definieren können.
Wirtschaftsforum: Warum entscheiden sich Kunden letztendlich für Ricoh und nicht für einen anderen Anbieter?
Daniel Tschudi: Ein wichtiges Asset ist hier unsere globale eigene Serviceorganisation – die ist einzigartig. Die Kunden suchen heutzutage einen Partner, der ihnen weltweit ein einheitliches Servicelevel, gleich ausgestattete Meetingräume und Workplaces sowie auch die gleichen Workflows bietet. Wir möchten weltweit für Kunden ein Digital Service-Partner sein. Allein in Europa haben wir deshalb 22 Landesgesellschaften. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist sicherlich auch unsere japanische Unternehmenskultur. Die basiert auf einer klaren Corporate-Strategie mit lokalem Handlungsspielraum, sodass wir uns in allen Ländern für unsere Kunden bestmöglich aufstellen können. So herrscht ein guter Konsens zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine so große Aufgabe wie die digitale Transformation.
Wirtschaftsforum: Was sind für die restlichen Monate des Jahres 2021 Ihre wichtigsten Themen?
Daniel Tschudi: Unser Hauptthema ist zurzeit, unsere Kunden im digitalen Wandel und auf ihrem Weg zurück zu einer neuen Normalität zu unterstützen. Natürlich gewährleisten wir bei allen Veränderungen auch den gewohnt hohen Standard im Printing Service-Bereich. Intern stehen wir vor der Herausforderung und Chance zugleich, unseren Kulturwandel voranzutreiben. Wir beschäftigen uns intensiv damit, auch die jüngeren Generationen anzusprechen und zu integrieren. Der Arbeitsmarkt in der Schweiz ist in unserem Bereich, wie in den meisten anderen Ländern auch, hart umkämpft, gerade wenn es um junge Talente geht. Es reicht heutzutage nicht mehr aus, eine Homeoffice Policy zu haben. New Work ist eine Chance. Wir sind so breit aufgestellt, dass sich unsere Mitarbeiter nicht nur über verschiedene Funktionen oder die Hierarchie, sondern auch über die verschiedenen Businessbereiche hinweg entwickeln können.
Wirtschaftsforum: Welches langfristige Ziel verfolgen Sie mit Ricoh in der Schweiz?
Daniel Tschudi: Wir verfolgen natürlich jährliche Zielsetzungen. Übergreifend betrachtet, möchten wir uns von einem führenden Printing-Unternehmen zu einem Leading Digital Service Provider für unsere Kunden entwickeln.