„Kreislaufwirtschaft passt in den Zeitgeist“
Interview mit Martin Eberhard, CEO der Eberhard Unternehmungen

Wirtschaftsforum: Herr Eberhard, Ihr Unternehmen kann auf eine lange Historie zurückblicken. Was waren die wichtigsten Schritte?
Martin Eberhard: 1954 gründeten Heinrich und Rudolf Eberhard das Unternehmen ‘Gebrüder Eberhard’. Ihr Einstieg ins Recyclinggeschäft in den 1980er Jahren war eine wegweisende Entscheidung. Da kein eigener Kies zur Verfügung stand, haben mein Vater und mein Onkel begonnen, den Kies aus Baugruben aufzubereiten, und 1983 zu diesem Zweck eine Recyclingaufbereitungsanlage gekauft. Damit waren sie in der Branche Pioniere. Mit der Übernahme der Geschäftsführung durch die zweite Generation 1987 wurde das Unternehmen zur Eberhard Bau AG. 1993 haben wir mit der Bodenwaschanlage ESAR eine der ersten und größten Anlagen dieser Art in Europa gebaut. Anlass war ein neues Umweltschutzgesetz, das Grenzwerte für Kohlenwasserstoff und Schwermetalle vorgab, die in vielen Baugruben zu finden waren. Durch die Bodenwaschanlage konnten kontaminierte Bereiche aufgearbeitet werden. Dabei fiel wieder zusätzliches Recyclingmaterial an. Deshalb haben wir 1998 das BaustoffRecyclingZentrum Ebirec in Rümlang gebaut. Mit dieser Anlage können wir auch Beton herstellen und das Recyclingmaterial so optimal in den Kreislauf zurückführen. 2007 bekamen wir den Auftrag zur Sanierung der Sondermülldeponie Kölliken. Sie hat uns als Unternehmen sehr weitergebracht.
Wirtschaftsforum: Inwiefern?
Martin Eberhard: Das Projekt war hochpolitisch, und wir standen unter intensiver Beobachtung. Denn die Deponie war undicht und lag am Rande eines der größten Grundwassergebiete der Schweiz, Magnesium führte zu Beginn zu einem Brand, der die Deponiesanierung lahmlegte. Die technischen Anforderungen an die Sanierung wurden nochmals erhöht und wir entsprechend gefordert. Durch sie haben wir viel Know-how gewonnen und Infrastrukturen geschaffen wie etwa das Bodenannahmezentrum BAZO in Oberglatt.
Wirtschaftsforum: Gibt es weitere neue Entwicklungen und Investitionen?
Martin Eberhard: Aktuell investieren wir in eine neue Anlage in Oberglatt, ein Aufbereitungszentrum für Bauabfälle. Bei einem Hausabbruch fallen verschiedene Materialien an, die nicht zusammen verwertet werden können. In der Anlage werden sie von Robotern mit künstlicher Intelligenz sortiert und Gesteinskörnungen gebildet, mit denen neuer Beton hergestellt werden kann. Ende Oktober 2020 haben wir unseren neuen zirkulit Beton aus Sekundärrohstoffen in den Markt eingeführt. Er weist dieselben statischen Qualitäten wie Primärbeton auf, bei geringeren CO2-Werten. Dafür waren hohe Investitionen erforderlich. Mit dem zirkulit Beton sind wir die ersten, die einen Sekundärbeton mit gleicher Qualität wie Primärbeton anbieten.
Wirtschaftsforum: Wie ist die Resonanz auf dieses Produkt?
Martin Eberhard: Wir haben sehr positives Feedback bekommen und bereits auch einen Auftrag für eine Lieferung von rund 10.000 m³. Die Swiss Prime Site Immobilien AG wird das erste Gebäude mit zirkulit Beton bauen. Auch im Kanton Bern sollen zwei Gebäude damit gebaut werden.
Wirtschaftsforum: Wo werden Sie zirkulit Beton anbieten?
Martin Eberhard: Aktuell beträgt der Radius der Aktivitäten für ein Betonwerk aus logistischen Gründen rund 25 km um das Werk. zirkulit besteht aber aus Stoffen, die einfach zu transportieren sind. Daher ist unser Ziel, in der Schweiz mit Partnern aus anderen Regionen ein Netz aufzubauen. Mit unserem Schnellbeton, der innerhalb von zwei Stunden ausgehärtet ist und überall dort eingesetzt wird, wo möglichst kein Verkehrsunterbruch stattfinden darf, sind wir bereits seit 2014 europaweit unterwegs. Die vorhandene Verkaufsorganisation wollen wir auch für zirkulit nutzen. zirkulit bieten wir als Lizenzmodell an, zunächst in der Schweiz, langfristig denken wir jedoch auch an andere europäische Märkte.
Wirtschaftsforum: Sind Sie direkt zu Beginn Ihres Berufslebens ins Familienunternehmen eingestiegen?
Martin Eberhard: Nein, ich habe zunächst Lastwagenmechaniker gelernt und in anderen Firmen gearbeitet. 1988 bin ich ins Unternehmen eingestiegen. Ich war zuständig für die Werkstatt, dann für den ganzen Logistikbereich und zum Teil auch für den Bereich Personal. Als mein Bruder Heinrich 2013 in Rente ging, habe ich ihn als CEO beerbt.
Wirtschaftsforum: Welche Impulse haben Sie dem Unternehmen gegeben?
Martin Eberhard: Auf Kreislaufwirtschaft zu setzen und mit dem zirkulit Beton auf den Markt zu gehen, waren wichtige unternehmerische Entscheidungen. Die Thematik passt in den Zeitgeist. Ich setze auch stark auf Digitalisierung. Hier müssen wir am Ball bleiben, um die Effizienz zu steigern. Unsere Prozessabläufe sind bereits komplett automatisiert und digitalisiert. Bei der Planung arbeiten wir schon lange mit 3D-Geländemodellen. Auf der Baustelle bekommt der Bagger das Modell aufgespielt und agiert dann in der Baugrube mit der Steuerung. Wir haben auch eine eigene Software für die Untergrundmodellierung zur Erkennung der Schadstoffverbreitung wie auch der Geologie entwickelt.
Wirtschaftsforum: Was zeichnet Sie als Unternehmen besonders aus?
Martin Eberhard: Wir sind ein Familienunternehmen, und so fühlen wir uns auch. Wir stehen immer als Ansprechpartner zur Verfügung und bieten eine hohe Dienstleistungsqualität. Uns können sie auch morgens um 3.00 Uhr anrufen. Ein Alleinstellungsmerkmal ist unsere Schnelligkeit trotz komplizierter Arbeiten. Weitere Erfolgsfaktoren sind unser Know-how und die Bereitschaft, gemeinsam mit den Kunden etwas zu entwickeln. Dabei setzen wir auf langfristige partnerschaftliche und persönliche Beziehungen. So haben wir uns zum Marktführer im Bereich Altlastsanierung und im Tiefbau zu einem der leistungsfähigsten und ideenreichsten Player entwickelt. Wir sind auch Träger des diesjährigen Umweltpreises der Wirtschaft. Ausgezeichnet wurden wir für unsere Pionierleistungen bei der Wiederverwendung von Bauschutt als Rohstoffquelle, das Urban Mining.
Wirtschaftsforum: Was begeistert Sie besonders an Ihrer Arbeit?
Martin Eberhard: Die Branche ist spannend, herausfordernd und abwechslungsreich, und ich arbeite mit Persönlichkeiten aus ganz unterschiedlichen Umfeldern zusammen. Privat sammle ich Baumaschinenmodelle und verliere so nie den Draht zur Arbeit. Es gilt jetzt, die dritte Generation darauf vorzubereiten, die Konturen aufrecht zu erhalten. Einer meiner Neffen hat eben die Geschäftsführung des Baubereichs übernommen.