Urlauben im Sylter Hotspot
Interview mit Jörg Müller, Geschäftsführer der Restaurant Jörg Müller GmbH

Mit einem Pachtbetrieb in Morsum auf Sylt startete Jörg Müller 1983 in die Selbstständigkeit. Ein Jahr zuvor war der aus Baden stammende gelernte Koch auf die Insel gekommen, nachdem er bereits in der Schweiz, in Griechenland und in England gearbeitet hatte.
So war er unter anderem in den 1970er-Jahren zweiter Küchenchef im Carlton in St. Moritz, anschließend erster Küchenchef in den Schweizer Stuben in Wertheim – wo er sich nach zwei Jahren den ersten und nach zwei weiteren den zweiten Michelin-Stern erkochte. Sein Restaurant in Morsum gab Jörg Müller 1988 zugunsten eines neuen Standorts in Westerland auf, wo er zuvor ein Grundstück erworben hatte.
Das dort eröffnete Restaurant ‘JM’ mit zunächst nur drei Zimmern entwickelte sich in den folgenden Jahren immer mehr zum Hotel: Neben zwei weiteren Hausteilen kaufte der Gastronom 1999 auch das Nachbargrundstück und baute dort zwei unterirdisch miteinander verbundene Häuser. Dadurch stehen den Gästen heute neben dem Restaurant 18 Zimmer und vier Suiten sowie ein Wellnessbereich und eine Bar zur Verfügung. 28 Mitarbeiter sorgen im Sommer, 18 im Winter dafür, dass der Betrieb läuft.
Zwei Sterne, 19 Punkte
Jörg Müller beschreibt die Situation auf Sylt damals und heute: „In den 1980er-Jahren war Sylt bereits ein Hotspot – unser Restaurant war bereits wenige Wochen nach der Eröffnung für die gesamte Saison ausgebucht. Aber die Insel hat sich trotzdem verändert. Früher war hier alles sehr glamourös und die Leute haben sich in Schale geschmissen, um abends essen zu gehen. Heute ist alles viel legerer.“
Eines fiel ihm als Insel-Neuling besonders auf: „Das Thema Service wurde auf Sylt nicht besonders wertgeschätzt. Das Personal war extrem unfreundlich und die Preise schon damals sehr hoch. Ich wollte die Dinge besser machen.“
„Früher war auf Sylt alles sehr glamourös und die Leute haben sich in Schale geschmissen, um abends essen zu gehen. Heute ist alles viel legerer.“ Jörg MüllerGeschäftsführer

Der Plan ging auf – auch mit seinem Restaurant in Morsum sammelte er Auszeichnungen: Als damals einzige Sylter Lokalität wurde es mit zwei Michelin-Sternen sowie 19 Punkten im Gault Millau bedacht. Inzwischen ist Jörg Müller froh, dass er „rechtzeitig die Weichen gestellt hat, um auf der Insel existieren zu können“. Denn heute sei es kaum noch möglich, dort Objekte zu fairen Preisen zu erwerben.
Dass es mittlerweile viele gute Restaurants auf der Insel gibt, stört ihn gar nicht: „All meine Stammgäste kommen immer wieder zu mir, weil sie das schätzen, was wir bieten. Unser typischer Gast freut sich schon im Zug auf meine Gänseleber und die Seezungenfilets.“
Betrieb in Familienhand
Auch mit seinen 73 Jahren ist Jörg Müller offen für Veränderungen. So habe man sich mehr auf die Kernkompetenzen konzentriert. Das Restaurant bleibt nun über Mittag geschlossen, um den Mitarbeitern bessere Arbeitsbedingungen zu bieten. Mit der Digitalisierung möchte er sich selbst nicht mehr beschäftigen. „Das hat meine Tochter übernommen. Das Thema ist wichtig, ob bei Reservierungen, Buchungen oder Bewertungen. Wir müssen sichtbar sein“, sagt er.
Der Betrieb ist fest in Familienhand: Sowohl seine Frau als auch seine beiden Kinder und deren Partner sind dort beschäftigt. Ein Highlight ist für den Chef sein abendlicher Rundgang durch das Restaurant. „Wenn alles serviert ist, spreche ich mit meinen Gästen. Um sie glücklich zu sehen, stehe ich gern nach wie vor jeden Tag acht bis zehn Stunden in der Küche.“
2,6 Millionen EUR Umsatz machen Hotel und Restaurant im Jahr. Jörg Müller wünscht sich, dass weiterhin alles so gut läuft wie bisher und er seinen Kindern einen gesunden Betrieb übergeben kann. „Und vielleicht kann ich ja einen von meinen Enkeln überzeugen, auch Koch zu werden.“