Ein Blick hinter die Fassade

Interview mit Marc Pröchel, Geschäftsführer der Pröchel GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Pröchel, erst Corona, dann der Krieg in der Ukraine, jetzt die Krise in der Bauwirtschaft. Wie geht die Pröchel GmbH mit diesen vielen Herausforderungen um?

Marc Pröchel: Die Pandemie war für uns alle eine ganz neue Situation; Mitarbeiter wurden nach Hause geschickt, anfangs gab es Lieferprobleme, was wir als Partner der Schüco International KG allerdings schnell in den Griff bekamen. Als der Krieg zu signifikanten Preissteigerungen führte, haben wir nur Aufträge angenommen, die kalkulierbar waren, und das Geschäft bewusst zurückgefahren.

Wirtschaftsforum: Wie sieht die Situation aktuell aus?

Marc Pröchel: In den letzten Wochen und Monaten hatten wir einen außergewöhnlich hohen Auftragseingang. Die Auftragsbücher sind für die nächsten 1,5 Jahre sehr gut gefüllt, momentan füllen wir kaum mehr Angebote aus.

Wirtschaftsforum: Wie kommt es, dass Sie sich gegen den Negativtrend der Branche entwickeln?

Marc Pröchel: Wir haben in den vergangenen Jahren viele Partnerschaften mit Architekten und Bauherren aufgebaut. 2024 schätze ich deshalb noch positiver ein. Um langfristig Planungssicherheit zu haben, arbeiten wir schon jetzt, zu einem frühen Zeitpunkt und in einer komfortablen Situation daran, Märkte im europäischen Ausland zu erschließen. Interessant sind die Schweiz, Luxemburg und England.

Wirtschaftsforum: Wie ist die Pröchel GmbH zahlenmäßig aufgestellt?

Marc Pröchel: Wir beschäftigen 100 Mitarbeiter, werden in diesem Jahr rund 13,5 Millionen EUR umsetzen und planen für nächstes Jahr eine Steigerung auf 16 Millionen EUR. Damit sind wir in Bayern einer der größten Schüco-Verarbeiter.

Wirtschaftsforum: Fenster und Fassaden prägen seit jeher das Portfolio. Gibt es besondere Schwerpunkte?

Marc Pröchel: Unser Fokus liegt auf dem anspruchsvollen Glas- und Metallfassadenhochbau. Besonders reizvoll wird es für uns, wenn ein Projekt nicht dem Standard entspricht, sondern so komplex ist, dass nicht jeder es realisieren kann oder möchte.

Wirtschaftsforum: Können Sie Referenzen nennen?

Marc Pröchel: Ein herausragendes Projekt sind die Tucher Offices auf dem Marienburg Campus. Seit 30 Jahren arbeiten wir für die Feser-Graf Gruppe und realisieren für einen der größten VW-Händler Deutschlands sämtliche Autohäuser. Scanlab in Puchheim, ein zukunftsorientiertes Unternehmen aus dem Bereich der Lasertechnik, ist ein weiter Partner, mit dem wir immer wieder kooperieren. Diese langfristigen Partnerschaften sind ein großes Asset.

Wirtschaftsforum: Gibt es bei diesen Partnerschaften spezielle Themen, die immer wieder aufkommen?

Marc Pröchel: Nachhaltigkeit ist das Thema, das alle beschäftigt. Gefragt sind zum Beispiel PV-Module in Fassaden, die zum Teil begrünt sind. Ein zweites großes Thema sind Sanierungen bestehender Gebäude. Um die Klimaziele zu erreichen, müssten wir 3% der Gebäude sanieren; tatsächlich sanieren wir nur 1%. Da Fenster bei Sanierungen als Erstes ausgetauscht werden, wird dieser Bereich für uns eine zentrale Rolle spielen. Auch intern nehmen wir Nachhaltigkeit ernst und das schon sehr lange. 2022 haben wir begonnen, uns intensiver mit Strategien zu beschäftigen; seit diesem Jahr ist das Thema in der Geschäftsstrategie verankert. 2024 werden wir einen Nachhaltigkeitsreport veröffentlichen. Wir haben ein Kernteam Nachhaltigkeit gegründet und mit Schüco einen starken Partner, der die Dekarbonisierung stark vorantreibt. Daneben beschäftigen wir uns zunehmend mit digitalen Prozessen, haben auf ein neues ERP-System umgestellt, 2019 bereits ein Dokumentenmanagementsystem eingeführt und denken daran, für bestimmte Prozesse KI einzusetzen.

Wirtschaftsforum: Volle Auftragsbücher mitten in der Krise. Gibt es einen Schlüssel zum Erfolg?

Marc Pröchel: Wir sind ein verlässlicher Partner, der Kunden kompetent und transparent berät, haben ein familiäres Umfeld mit flachen Hierarchien und sind damit schlagkräftig und schnell in der Umsetzung. Unser größtes Asset bleiben jedoch unsere Mitarbeiter; damit diese sich wohlfühlen, bieten wir diverse Benefits wie Massagen und nicht zuletzt die 4-Tage-Woche, die wir vor 1,5 Jahren eingeführt haben, an. Mitarbeiter und wir sind begeistert von diesem Modell – und die Produktivität stimmt auch. Wir werden auch künftig nicht von unserem Kurs abweichen, wollen auf dieser Basis weiterwachsen und Arbeitsplätze sichern.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Bau

Gelungene Fusion von Ästhetik und Nachhaltigkeit

Interview mit Keanu Meers, Head of Sales der BVI.EU nv

Gelungene Fusion von Ästhetik und Nachhaltigkeit

Mit einem neuartigen Konzept ist die belgische BVI.EU nv seit einigen Jahren auch auf dem deutschen Immobilienmarkt unterwegs. Das familiengeführte Unternehmen aus Kontich entwickelt kleine und mittelgroße Gewerbeparks mit flexibler…

„Unsere Architektur fördert Wohlbefinden und Heilung“

Interview mit Hieronimus Nickl, Geschäftsführender Gesellschafter der Nickl & Partner Architekten AG

„Unsere Architektur fördert Wohlbefinden und Heilung“

Unter dem Leitgedanken „Architektur für Menschen“ setzt die Nickl & Partner Architekten AG auf innovative Baukonzepte, die Heilung und Wohlbefinden fördern. Das international agierende Büro hat sich besonders in der…

„Ein Bauunternehmen kann man nicht aus dem Elfenbeinturm führen!“

Interview mit Raúl Comesaña, Geschäftsführer der BBF Bau GmbH

„Ein Bauunternehmen kann man nicht aus dem Elfenbeinturm führen!“

Mit ihrem umfangreichen Angebot im Hoch- und Tief- sowie im Garten- und Landschaftsbau samt ihrer ausgewiesenen Expertise im Elektro- sowie im Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärbereich steht die BBF Gruppe nicht…

Spannendes aus der Region Landkreis Roth

Heizungs- und Sanitärarbeiten der fränkischen Meisterklasse

Interview mit Cengiz Sahin, Geschäftsführer der Flossmann & Grünbeck GmbH

Heizungs- und Sanitärarbeiten der fränkischen Meisterklasse

Die Flossmann & Grünbeck GmbH der Builtech Gruppe hat sich im Großraum Nürnberg für ihre besondere Dienstleistungsqualität im Heizungs- und Sanitärbereich schon lange einen Namen gemacht. Geschäftsführer Cengiz Sahin verriet…

Vom 'Hacker' zu einem der besten IT-Dienstleister Deutschlands

Interview mit Ingo Kraupa, Vorstandsvorsitzender der noris network AG

Vom 'Hacker' zu einem der besten IT-Dienstleister Deutschlands

Im Zuge der rasanten Geschwindigkeit in der Digitalisierung ist es entscheidend, dass Unternehmen mit der technologischen Entwicklung Schritt halten können. Der Fortschritt in der Informationstechnologie ist der Schlüssel zum Erfolg…

Interaktive Kundenansprache dank Social Media

Interview mit Sibylle Lingner, Gründerin, Inhaberin und Geschäftsführerin und René Schultz, Leiter Strategie und Konzept sowie Vanessa Schmidt, Leiterin Digital Marketing Marketing Communications Services S. Lingner GmbH

Interaktive Kundenansprache dank Social Media

Um eine echte Kundenbindung zu schaffen, ist im digitalen Zeitalter ein crossmedialer Ansatz entscheidend, da er verschiedene Kommunikationskanäle effektiv miteinander verbindet. Im Interview mit Wirtschaftsforum sprechen Sibylle Lingner, Gründerin und…

Das könnte Sie auch interessieren

„Mit dem, was wir heute erreicht  haben, hätte ich vor zehn Jahren  nie gerechnet!“

Interview mit Sven Müsing, Geschäftsführender Gesellschafter der MLL Lamellensysteme GmbH

„Mit dem, was wir heute erreicht haben, hätte ich vor zehn Jahren nie gerechnet!“

Schutz vor Wind und Wetter und trotzdem eine nachhaltige Luftzirkulation, die dank der Nachtauskühlung ideale Raumluftbedingungen am Tag schafft? Genau das sollen die Lamellensysteme von MLL ermöglichen. Nicht zuletzt aufgrund…

Von Werten und Mehrwerten

Interview mit Markus Zebisch, Peter Doblhammer und Gerhard Schwarz Geschäftsführer der HENNLICH Group GmbH

Von Werten und Mehrwerten

Vor 102 Jahren gegründet, seitdem kontinuierlich auf internationaler Ebene gewachsen und dabei nach wie vor in Familienbesitz – die HENNLICH Group aus Schärding in Österreich blickt auf eine ebenso spannende…

„Je spezieller und komplexer, desto besser!“

Interview mit Alexander Lanfer, Geschäftsführer der HARMSEN KOMTEC GMBH

„Je spezieller und komplexer, desto besser!“

Wer sich heute in Gewerbegebieten umschaut, stellt eine größere architektonische Vielfalt fest als noch vor ein paar Jahrzehnten. Gerade bei der Gestaltung von Fassaden hat sich ein Wechsel von einförmigen…

TOP