Mit dem richtigen Dreh in neue Märkte
Interview mit Pascal Barbezat, CEO und Inhaber Polydec SA

Wirtschaftsforum: Herr Barbezat, können Sie uns einen kurzen Abriss über die Geschichte von Polydec geben?
Pascal Barbezat: Zwei Cousins, Claude und Jean-François Konrad, haben das Unternehmen 1985 gegründet. Ein Jahr später haben sie ein neues Firmengebäude in Biel gebaut. 2007 kauften sie ein benachbartes Gebäude dazu und konnten dadurch ihre Produktionsfläche auf 2.000 m2 verdoppeln. Da weitere Kapazitäten benötigt wurden, wurde 2016 der Bau eines neuen Firmensitzes beschlossen. Daraus wurde aber dann doch der Kauf einer Immobilie, ebenfalls in Biel, mit einer Fläche von 10.000 m2, von denen wir heute 4.000 m2 selbst nutzen. Die Hälfte der Gesamtfläche ist untervermietet. Ende 2018 haben die Konrads die Firma in einem Management-Buyout an Thierry Mathez, unseren Finanzdirektor, und mich verkauft. Sie sind aber weiterhin Eigentümer des Gebäudes.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich während dieser Zeit das Produktsortiment verändert?
Pascal Barbezat: Die Herren Konrad haben mit der Herstellung von einfachen Achsen begonnen. Heute sind wir immer noch in dieser Nische tätig und produzieren für den Automobilbereich, unter anderem für Continental, Achsen für Schrittmotoren, welche in Armaturenbrettern verbaut werden. Die Achsen werden aber auch beispielsweise für die Ventilation und Einspritzpumpen verwendet. Sie haben früher 70 bis 80% unseres Umsatzes ausgemacht. Im Zuge der Digitalisierung werden diese Achsen aber immer weniger benötigt; ihr Anteil beträgt jetzt nur noch 30%. Parallel haben wir uns in anderen Nischen entwickelt: Im Elektronikbereich produzieren wir Prüfspitzen für Mikroprozessoren. Mit diesen zwei Märkten und den entsprechenden Zertifizierungen sind wir groß geworden. Im Jahr 2000 haben wir begonnen, einen weiteren Markt, den Uhrenbereich, aufzubauen, der heute mit über 60% unser größter ist. Das lag buchstäblich nah, weil wir uns in einer Region befinden, in der die Uhrenindustrie eine große Rolle spielt. Der Automobilanteil beträgt heute noch 30% und Elektronik 8%.
Wirtschaftsforum: Soll es bei dieser Ausrichtung bleiben?
Pascal Barbezat: Als wir die Firma vor zwei Jahren übernommen haben, haben wir entschieden, auch den Schritt in den Medizinbereich zu machen, da wir in diesem Bereich Kompetenzen haben. So haben wir die Zertifizierung ISO 13485 für Medizinprodukte erworben. Für uns ist es wichtig, uns in den vier verschiedenen Bereichen aufzustellen, um die Schwankungen in den Märkten ausgleichen zu können.
Wirtschaftsforum: Würden Sie Ihre Produkte etwas genauer erklären?
Pascal Barbezat: Wir haben uns auf die Produktion von Mikro- und Präzisionsdrehteilen mit bis zu 6 mm Durchmesser spezialisiert, das ist unsere DNA. Für den Medizinbereich haben wir eine Maschine für Produkte bis zu 16 mm Durchmesser angeschafft. 90% unserer Produktion bewegt sich aber im Bereich unter 2 mm. Wir verwenden zwei Technologien. Bei unseren 50 Langdrehautomaten dreht sich eine Stange auf Hochtouren um sich selbst und wird von verschiedenen in der Maschine anzubringenden Werkzeugen bearbeitet. Bei der zweiten Technologie wird Material in Form von auf Spulen aufgerolltem Draht verwendet. Es wird durch zwei sich darum herum drehende Werkzeuge bearbeitet. Dieses Verfahren ermöglicht keine Herstellung komplizierter Teile, hat aber eine hohe Kadenz. Automobil- und einfache Uhrenteile werden damit gefertigt.
Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie die Stärken von Polydec?
Pascal Barbezat: Unsere gesamte Organisation steht auf den Zertifizierungen und dem Know-how, die wir im Lauf der Jahre erworben haben. Gerade im Automobilbereich ist es wichtig, Stabilität in den Prozessen zu gewährleisten. Wir sind mit all dem groß geworden und sind es gewohnt, mit spezifischen Qualitätswerkzeugen zu arbeiten. Die Zertifizierung für Medizinprodukte ist ein weiterer Schritt vorwärts auf der gleichen Basis. Wir bieten zudem eine hohe Termintreue und Zuverlässigkeit in der Lieferung. Von unseren 70 Mitarbeitenden sind fünf in der Entwicklung tätig. Die ständige Verbesserung unserer Prozesse und Maschinen ist notwendig, um immer effizienter zu werden.
Wirtschaftsforum: Welche Ziele haben sie für die kommenden Jahre?
Pascal Barbezat: Ein Fokus wird in diesem Jahr darauf liegen, in dem Markt für Medizinprodukte bekannter zu werden. Wir hoffen auf ein besseres Jahr als 2020, das bedingt durch die Corona-Pandemie schwierig war. Es ist uns sehr wichtig, unsere Mitarbeitenden zu halten, für ihr Wohl zu sorgen und sie zu entwickeln. Wenn sich dann irgendwann das Rad wieder drehen wird, müssen wir bereit sein. Sobald sich die Lage verbessert, wollen wir an unserem Standort weitere 1.000 m2 Fläche nutzbar machen. Das ist ein großes Projekt, deshalb warten wir noch auf mehr Rückenwind.