Spaß ins Spiel bringen
Interview mit Andreas Finkernagel, Geschäftsführer, und Karsten Esser, Geschäftsführer der der Pegasus Spiele GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Finkernagel, Herr Esser, ein berühmtes Zitat von Friedrich Schiller lautet: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“. Wissenschaftler bezeichnen das Spielen als ein natürliches Bedürfnis des Menschen. Nicht ohne Grund spricht man von einem angeborenen Spieltrieb. Kennen Sie persönlich diesen Spieltrieb?
Andreas Finkernagel: Wir selbst lieben Spiele! Dieses Unternehmen ist letztlich genau deshalb gegründet worden; weil wir immer schon, seit der Kindheit, gespielt haben.
Karsten Esser: Wir haben unser Hobby zum Beruf gemacht. Auch heute noch ist unsere Leidenschaft für Spiele die zentrale Antriebsfeder des Unternehmens. Nicht nur unsere Leidenschaft, sondern die des gesamten Teams. Pegasus ist nichts anderes als ein Unternehmen von Spielern für Spieler.
Wirtschaftsforum: Pegasus hat 50 Mitarbeiter, einen Umsatz in zweistelliger Millionenhöhe, mehr als 5.000 Spiele und Spielwaren und so viele Auszeichnung und Preise wie kein anderes Unternehmen der Branche. Wie kam es zu dieser außergewöhnlichen Entwicklung?
Andreas Finkernagel: Wir haben bescheiden begonnen und oft den richtigen Riecher gehabt. 1993 realisierten wir unsere Idee, einen eigenen Spieleladen zu betreiben, in einem freigewordenen Geschäft meiner Eltern. Auf 30 m² begannen wir ganz klassisch mit Brettspielen und Puzzles. Unsere Leidenschaft gehörte allerdings schon immer Fantasy- und Rollenspielen, was zu der Zeit sehr ungewöhnlich war.
Karsten Esser: ‚Herr der Ringe‘ zum Beispiel gab es noch gar nicht. Wir haben bereits im ersten Jahr eine Lizenz für Rollenspiele gekauft und veröffentlicht, eigene Magazine entwickelt und uns konstant weiterentwickelt, über Fantasy-Rollenspiele zu Brett- und Karten- und Expertenspielen. Mit den Produkten sind wir insgesamt gewachsen.
Wirtschaftsforum: Für einen Boom sorgte dann ‘Herr der Ringe’?
Karsten Esser: Ja, danach explodierte die Nachfrage nach Fantasy-Spielen. Wir waren bereits sehr gut aufgestellt und haben diesen Trend konsequent aufgegriffen. Zudem wurden neue Themen salonfähig, unter anderem durch Erfolgsserien wie die ‘Big Bang Theory’.
Andreas Finkernagel: Was uns entscheidend nach vorn brachte, waren natürlich die vielen Auszeichnungen und Preise. 2009 wurde ‘Pandemie’ zum Spiel des Jahres nominiert, 2010 das Würfelspiel ‘Bronzezeit’, 2011 dann ‘Straßbourg’, erstmals ein Kennerspiel. 2014 wurde ‘Camel up’ Spiel des Jahres, 2017 ‘King Domino’, 2018 ‘Azul’. Bei Kinderspielen gingen die Auszeichnungen 2012 an ‘Village’, 2014 an ‘Istanbul’. Diese Preise haben eine unglaublich positive Verkaufswirkung.
Wirtschaftsforum: Inwieweit wirkt sich Corona auf das Geschäft aus?
Karsten Esser: Der Spielemarkt ist in der Corona-Krise um 20% gewachsen; das spüren wir deutlich. Die Menschen haben mehr Zeit zum Spielen und Entdecken eine neue Lust am Spielen.
Andreas Finkernagel: Vielen ist klar geworden, dass digitale Spiele analoge, echte Spiele nicht einfach ersetzen können. Es geht um Geselligkeit und den Austausch untereinander; der Mensch braucht diese Geselligkeit. In der Pandemie boomen die Familienspiele; irgendwann werden Familien aber auch die komplexeren Spiele, die Kennerspiele, für sich entdecken. In den vergangenen Jahren waren zudem Gesellschaftsspiele mit Story-Telling-Elementen sehr stark gefragt – perfekt, um dem Alltag zu entfliehen.
Wirtschaftsforum: Messen spielen für Unternehmen wie Pegasus eine große Rolle. Wie vermarkten Sie die Produkte in Corona-Zeiten?
Andreas Finkernagel: Wir setzen wie die meisten anderen auf digitale Kanäle. Die Messe ‚Spiel‘ fand erstmals digital statt; für uns war das ein großer Erfolg. Daneben haben wir Designer Days, an denen Spiele-Designer den Verlagen ihre Prototypen vorstellen. Über Zoom haben 181 Spieleautoren aus mehr als 20 Ländern 343 Prototypen vorgestellt. Fachhändlern bieten wir digitale Schulungen an, außerdem haben wir unseren Händlertag digital umgesetzt.
Karsten Esser: Wir haben verschiedene Wege gefunden, um kreative Marketingaktionen zu starten. Ostern gab es zum Beispiel eine digitale Osterei-Suche, bei der Kinder unsere Mitarbeiter per Handy auf Ostereier-Suche geschickt haben.
Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie Pegasus in Zukunft?
Karsten Esser: Wir haben hier ein so tolles Team aus unterschiedlichsten Bereichen; Biologen, Juristen, Philosophen, Mathematiker. Sie alle sind leidenschaftliche Spieler. Das sind hervorragende Voraussetzungen, um flexibel, agil und mobil zu bleiben.
Andreas Finkernagel: Unsere anfänglich anvisierte Größenordnung haben wir längst erreicht; ebenso unzählige Preise und Auszeichnungen. Wir haben in Deutschland eine Markenbekanntheit von 17%. Unser Ziel ist, uns als populäre Spielmarke zu etablieren und den Fokus verstärkt auf die USA zu richten. Vor allem aber wollen wir weiterhin mit Leidenschaft und Begeisterung unsere Arbeit machen. Das ist unser größtes Glück.