Recyceltes Aluminium für eine nachhaltige Welt

Interview mit Emilio Braghi, EVP, Novelis Inc. und President Novelis Europe

Wirtschaftsforum: Herr Braghi, wie hat sich Novelis zum weltweit größten Recycler von Aluminium entwickelt?

Emilio Braghi: Novelis ist ein wahrer Pionier in der Aluminiumindustrie, wenn es um nachhaltige und verantwortungsbewusste Produktion geht. Vor zehn Jahren haben wir begonnen, stark in das Recycling von Aluminium und in den Auf- und Ausbau von geschlossenen Recyclingkreisläufen zu investieren. Mit Investitionen von mehr als 700 Millionen USD konnten wir den Recyclinganteil auf heute rund 61% steigern. Die globale Aluminiumindustrie arbeitet durchschnittlich 33% zirkulär – betrachten wir die Konsumgüter aller Industrien, liegt der Durchschnitt aktuell bei 8%. Wir sind heute damit schon so weit fortgeschritten, da wir früh erkannt haben, dass sich der Markt und die Bedürfnisse von Kunden und der Gesellschaft ändern werden. Auch wenn damals der Bedarf an recyceltem Aluminium noch nicht so stark war, haben wir die Prozesse und Technologien weiterentwickelt und uns einen großen Vorsprung im Recycling von Aluminium erarbeitet. Unter anderem haben wir im Oktober 2014 in Nachterstedt in Deutschland die weltweit größte Aluminium-Recyclinganlage eröffnet. Dort können wir jährlich bis zu 400.000 t Aluminiumschrott verarbeiten, wodurch die CO2-Emissionen in der Herstellung von Aluminium stark reduziert werden. Denn Recycling spart 95% der benötigten Energie gegenüber primär produziertem Aluminium. Heute sind wir mit jährlich 74 Milliarden recycelten Dosen der weltweit größte und technologisch fortschrittlichste Recycler von Aluminium.

Wirtschaftsforum: Mit dieser Entwicklung sind Sie aber noch lange nicht zufrieden?

Emilio Braghi: Wir sind überaus zufrieden – aber selbstverständlich hören wir hier nicht auf. ‘Gemeinsam eine nachhaltige Welt gestalten’ ist unser unternehmensweiter Antrieb, der unsere Strategie in den nächsten Jahren auch weiterhin zentral mitbestimmt. Wir wollen die Transformation in der Aluminiumindustrie hin zu Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft maßgeblich bestimmen. Unsere Welt muss sich ändern, alle Industrien müssen deutlich verantwortungsvoller mit natürlichen Ressourcen umgehen. Die konsequente Ausrichtung auf Recycling – in allen Lebensphasen eines Produkts – ist eine zentrale Maßnahme und ein Treiber der Dekarbonisierung. Aus diesem Grund werden wir noch mehr in das Recycling und die Optimierung der Kreislaufwirtschaft investieren. Bis 2026 wollen wir unseren CO2-Fußabdruck um 30% reduzieren und bis 2050 wollen wir komplett CO2-neutral sein.

Wirtschaftsforum: Novelis hat 2016 mit einer Transformation der Unternehmenskultur begonnen. Welche Themen stehen neben dem Recycling und der CO2-Reduzierung noch auf der Agenda?

Emilio Braghi: Weitere Bestandteile unserer Strategie sind die Themen Sicherheit, Produktionseffizienz, Kundenzufriedenheit und unsere Mitarbeiter. Wir sind fest davon überzeugt, dass unser Erfolg, unser Wettbewerbsvorsprung und die Leistung unserer Mitarbeiter auf unserer starken, diversen und sicheren Arbeitskultur aufbauen. Aus diesem Grund nehmen sie bei uns einen zentralen Stellenwert in unserer Strategie und im täglichen Arbeiten ein. Wir wollen mehr Diversität und Inklusion in unserer Belegschaft erreichen und den Anteil von Frauen in Führungspositionen und in technischen Fachrollen bis 2024 auf bis zu 30% erhöhen. Ebenso zentral ist die Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Gemeinsam entwickeln wir neue, kohlenstoffarme Legierungen, designen recyclingfreundliche Produkte und implementieren effiziente Prozesse und geschlossene Kreislaufsysteme.

Wirtschaftsforum: Durch die starke Nachhaltigkeitsbewegung der Politik und der Märkte verändern sich auch die Anforderungen der Kunden. Wie wollen Sie diese auch zukünftig erfüllen?

Emilio Braghi: Wir sind ein Unternehmen, das vor allem effiziente, kostengünstige und nachhaltige Lösungen für unsere Kunden finden möchte. Qualität, Lieferzuverlässigkeiten und Kundenzufriedenheit stehen für uns stets im Mittelpunkt. Der Fokus der Entwicklung liegt aktuell auf neuen Legierungen mit einem hohen Anteil an recyceltem Aluminium, die einen entscheidenden Beitrag leisten im Leichtbautrend aller Industrien und insbesondere den Anforderungen moderner Mobilität optimal gerecht werden. Die Herstellung von kohlenstoffarmem Aluminium ist ein Wettbewerbsvorteil, denn auch unsere Kunden profitieren von unseren innovativen Aluminiumlösungen. Der Einsatz von Aluminium als ein leichtes, unendlich oft recycelbares Material kann einen wichtigen Beitrag leisten, um sowohl die aktuellen als auch die zukünftigen Leistungsstandards und Nachhaltigkeitsziele von Kunden aus der Automobilindustrie, der Getränkedosenindustrie, der Luft- und Raumfahrt sowie anderen Sektoren mit einem vielseitigen Produktportfolio, von Architektur und Baugewerbe über Kaffeekapseln bis hin zu Verbraucherelektronik, zu erfüllen. Wir haben eine große Anzahl von Forschungs- und Entwicklungszentren rund um den Globus, die eng mit den Kunden zusammenarbeiten. Gemeinsam wollen wir unser Ziel einer nachhaltigen, auf Kreislaufwirtschaft ausgerichteten Welt erreichen, die enorme Chancen birgt für uns und unsere Kunden,aber auch für die gesamte Branche und Gesellschaft.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Kunststoff, Metall, Holz & Co.

Präzise, pünktlich und persönlich in der Metallverarbeitung

Interview mit Joachim With, CEO und Inhaber der Almega Metalltechnik AG

Präzise, pünktlich und persönlich in der Metallverarbeitung

Das Schweizer Metallverarbeitungsunternehmen Almega blickt bereits auf eine lange Tradition zurück und hat sich dabei gerade für seine Kundenzufriedenheit und unbedingte Termintreue einen Namen im Markt gemacht. 2023 folgte im…

Nachhaltig, effizient, innovativ: Die Transformation der Kunststoffbranche

Interview mit Steven Herpichböhm, CTO der Gramß GmbH Kunststoffverarbeitung

Nachhaltig, effizient, innovativ: Die Transformation der Kunststoffbranche

Die Gramß GmbH Kunststoffverarbeitung hat sich seit ihrer Gründung 1989 von einem kleinen Betrieb zu einem bedeutenden Akteur in der Kunststoffverarbeitung entwickelt. Unter der Führung von CTO Steven Herpichböhm setzt…

Das Tor zu einer neuen  Entwicklung

Interview mit Bastian Molzer, Country Manager Germany Normstahl

Das Tor zu einer neuen Entwicklung

Garagentore sind längst nicht mehr nur einfache Abschlüsse für den sicheren Stellplatz von Fahrzeugen. Sie haben sich zu hochmodernen, technologisch fortschrittlichen Systemen entwickelt, die nicht nur Sicherheit und Schutz bieten,…

Spannendes aus der Region Küsnacht

Bereit für den Wandel

Interview mit Hans-Peter Keller, Geschäftsführer und Stefanie Dubs, Mitglied der Geschäftsleitung der Hacontex AG

Bereit für den Wandel

Mehrgenerationen-Wohnen, Co-Working, Co-Living, erneuerbare Energien – Themen, die vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und dem Klimawandel aktueller denn je sind. Die Hacontex AG aus Zollikon bei Zürich arbeitet an…

Präzision in Kunststoff

Interview mit Tobias Wild, CEO der Wild & Küpfer AG

Präzision in Kunststoff

Neben Formenkomplexität und vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten überzeugt Kunststoffguss vor allem durch eine hohe Maßgenauigkeit und präzise Detailwiedergabe. Die Wild & Küpfer AG aus der Schweiz erfüllt hier seit 45 Jahren höchste…

Ein Tuch zum Träumen – in Schweizer Qualität

Interview mit Maximilian Gugelot, CEO und Anita Borschberg, Chief People and Communication Officer der Weseta Textil AG

Ein Tuch zum Träumen – in Schweizer Qualität

2024 feiert die Weseta Textil AG ihr 160-jähriges Jubiläum. Gestartet als Stoffweberei, wandelte sich das Traditionsunternehmen in den 1960er-Jahren zum Hersteller von Frottierstoffen und fand so seine eigentliche Berufung. Im…

Das könnte Sie auch interessieren

Innovative Kreislaufwirtschaft durch Recycling

Interview mit Beatrice Bartels, Geschäftsführende Gesellschafterin der DRH Deutsche Rohstoff Handelsgesellschaft mbH

Innovative Kreislaufwirtschaft durch Recycling

Die DRH Deutsche Rohstoffrecycling GmbH hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 2016 zu einem führenden Unternehmen im Bereich Recycling und Handel von Sekundärmetallen entwickelt. Mit Beatrice Bartels, Geschäftsführende Gesellschafterin…

„Wir erzeugen Strom und Wärme aus Abfallstoffen”

Interview mit Thomas Bleul, Geschäftsführender Gesellschafter der Spanner Re² GmbH

„Wir erzeugen Strom und Wärme aus Abfallstoffen”

In einer Welt, die zunehmend auf nachhaltige Lösungen angewiesen ist, sind innovative Technologien und ein starkes Engagement für Umweltschutz wichtiger als je zuvor. Die Spanner Re² GmbH maximiert die Nutzung…

„Metall kann bis zu 100% recycelt werden!“

Interview mit Jos Menten Jr. und Marc Tummers, Trader der Jos Menten Metaalrecycling B.V.

„Metall kann bis zu 100% recycelt werden!“

Metall ist ein wertvoller Rohstoff. Er lässt sich nach erstmaligem Gebrauch gut von anderen Materialien trennen und ist deshalb häufig bis zu 100% recycelbar. Die Erfahrung von Jahrzehnten und damit…

TOP