Wenn der Marsroboter die Landung übt
Interview mit Dr. Tarik El Dsoki, Geschäftsführer der MSC Software GmbH

Wirtschaftsforum: Herr El Dsoki, die MSC Software GmbH blickt auf eine fast 60-jährige Firmengeschichte zurück. Was, meinen Sie, waren die wichtigen Schritte auf dem Weg zu dem Unternehmen, das MSC heute ist?
Tarik El Dsoki: Tatsächlich war bereits unser Anfang im Jahr 1963 keine „kleine Sache“: Entstanden sind wir im Rahmen des Mondlandeprogramms der NASA. Aus der Zusammenarbeit mit der NASA entstand das Computerprogramm Nastran – NASA Structural Analysis. Wir haben dann verschiedene weitere Applikationen wie Patran, Adams oder Marc aufgenommen und weiterentwickelt. Da der Bedarf an Simulationslösungen in allen Branchen kontinuierlich gewachsen ist und weiterwächst, von der Raumfahrt bis hin zu Konsumgütern, birgt der Markt für MSC Software großes Potenzial. Heute sind wir ein starkes Team von weltweit mehr als 1.400 Mitarbeitern, mit Niederlassungen in 20 Ländern, und gehören als Teil der Hexagon-Gruppe zu den führenden Unternehmen in den Bereichen Software, Sensoren sowie autonome Lösungen.
Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihr heutiges Portfolio aus? Nennen Sie uns doch einige Beispiele für Anwendungsbereiche und Branchen, für die Sie mit Ihren Produkten tätig sind.
Tarik El Dsoki: Unser Ursprung liegt, wie gesagt, bei Nastran – ein computer basiertes Simulationsprogramm zur Berechnung von Strukturanalysen in den Bereichen Statik, Dynamik und Akustik, das heute in der Produktentwicklung in nahezu allen Branchen der Industrie eingesetzt wird. Nastran konnte nur einen bestimmten Bereich abdecken, so kamen dann für die anderen Bereiche der Produktentwicklung passende Lösungen hinzu. So etwa Patran für die Visualisierung oder Marc für Strukturanalysen, Kontaktberechnungen sowie komplexe Materialmodelle und multiphysikalische Analysen, um auch verformbares Material abzubilden. Ein klassisches Beispiel für Anwendungsbereiche unserer Software ist die Raumfahrt. So wurden unsere Lösungen dazu eingesetzt, um die Landung des Marsrovers auf der Marsoberfläche zu simulieren und so sowohl Konstruktion als auch Belastbarkeit zu optimieren. Um die Fähigkeiten des Rovers zu testen, wurde etwa der Marsboden mit Hilfe von Mehrkörpersimulationen mit der Adams Software simuliert. Aber auch alltägliche Gebrauchsgegenstände wie PET-Flaschen oder Cola-Dosen werden mit Hilfe unserer Software produziert. Das ist der besondere Reiz an unserer Arbeit, es geht immer um ganz unterschiedliche Dinge.
Wirtschaftsforum: Sie selbst sind seit 20 Jahren beim Unternehmen. Was ist Ihr persönliches Steckenpferd?
Tarik El Dsoki: Ich habe im Bereich Umformtechnik promoviert und mich schon relativ früh mit dem Thema Simulation auseinandergesetzt. Als ich bei MSC Software anfing, waren wir eher in der Rolle des Dienstleisters, der sozusagen auf Kundenanfrage Lösungen entwickelte. Heute arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen und blicken nach vorn, um die Produktentwicklung zukunftsorientiert voranzutreiben. Der Austausch mit unseren Kunden ist insofern das, wovon wir leben, das was unseren Beruf erst spannend macht, und letztlich der Hauptgrund für unseren Erfolg. Persönlich fasziniert mich auch der 3D-Druck als additives Fertigungsverfahren. Damit wird die Produktion von Bauteilen möglich, die früher undenkbar waren. Daraus ergeben sich natürlich auch für uns ganz neue Anforderungen an die Simulationslösungen – ein sehr spannendes Thema mit viel Potenzial.
„Der Austausch mit unseren Kunden ist das, wovon wir leben, das was unseren Beruf erst spannend macht, und letztlich der Hauptgrund für unseren Erfolg.“ Dr. Tarik El DsokiGeschäftsführer

Wirtschaftsforum: Welche anderen wichtigen Trends sehen Sie für Ihre Branche?
Tarik El Dsoki: Wo es um die Fertigungstechnologie geht, ist das additive Fertigungsverfahren, also 3D-Druck, ein entscheidendes Thema. Mit der Simulation können zum Beispiel die richtigen Werkstoffe für die Produktion bestimmt oder Fertigungsprozesse schneller und effizienter ermittelt werden, um Trial-and-Error so weit wie möglich zu minimieren. Auch Digitale Zwillinge, Künstliche Intelligenz (KI) und Maschinelles Lernen sind große Themen für uns. Diese Technologien erlauben es etwa, Daten bereits im frühen Entwurfsstadium zu nutzen, um Produktivität, Produktqualität sowie Nachhaltigkeit zu verbessern.
Wirtschaftsforum: Wo möchten Sie MSC in Zukunft sehen?
Tarik El Dsoki: Unser Ziel ist von Anfang an unverändert: Wir möchten die Genauigkeit von Prototypen verbessern und Ingenieuren ein Werkzeug an die Hand geben, mit dem sie ihre eigenen Produkte und Technologien kontinuierlich erfolgreich weiterentwickeln können.