Enzyme statt Operation
Interview mit Carsten Henke, Chief Commercial Officer und Managing Director Germany der MediWound Germany GmbH

„Heute wird in den meisten Fällen ein chirurgischer Eingriff vorgenommen, um das Debridement schwerstbrandverletzter Patienten durchzuführen“, erklärt Carsten Henke, Chief Commercial Officer Europe und Managing Director Germany. „Das tote Gewebe wird komplett entfernt, um die Wunde für die Heilung vorzubereiten. Hierbei ist es jedoch fast unmöglich, so exakt zu operieren, also nur das tote Gewebe zu entfernen und das noch vitale Gewebe unberührt zu lassen. Unser Produkt ermöglicht die Abtragung ausschließlich des toten Gewebes ohne einen chirurgischen Eingriff und vor allem ohne noch vitales Gewebe zu schädigen. NexoBrid, das aus dem Enzym der Ananas besteht, wird auf die Wunde aufgetragen; es ist in der Lage, totes von lebendigem Gewebe zu unterscheiden. Das tote Gewebe löst sich auf. Das Produkt ist fantastisch und die Anwender sind begeistert, da es effektiv sowie selektiv wirkt. Der Heilungsprozess beim Patienten beginnt schneller, ist gesünder und erfolgt mit mehr körpereigener Haut als dies bei der Chirurgie der Fall sein kann. Insbesondere für Chirurgen ist dies ein Werkzeug, mit dem sie minimalinvasiv hervorragende Resultate erzielen können – weniger Narben und weniger Blutverlust.“

„Der Heilungsprozess geht schneller, ist gesünder und erfolgt mit mehr körpereigener Haut.“ Carsten HenkeChief Commercial Officer und Managing Director Germany der MediW
Intensive Entwicklungsarbeit
Die MediWound Germany GmbH ist die Tochter eines in Israel ansässigen Biotech-Unternehmens, das 2001 speziell für die Entwicklung dieses Produktes gegründet wurde. Nach vielen Jahren der Entwicklungsarbeit und der klinischen Forschung erhielt es im Jahr 2012 die Zulassung. Das deutsche Tochterunternehmen wurde 2013 speziell für die Zulassung und Einführung des Produktes in Europa etabliert.
„Wir kümmern uns um vier große Aufgabenbereiche“, so Carsten Henke. „Dies sind die Vermarktung des Produktes in Europa, die Zusammenarbeit mit der Europäischen Arzneimittelbhörde, der Aufbau einer logistischen Plattform und wir sind zugleich der einzige Vertragspartner europaweit“.
Nachdem MediWound Germany 2013/2014 ein Team aufgebaut und geschult hatte, erfolgte darauf die sukzessive Markteinführung. Entsprechend des speziellen Einsatzes des Produktes richtete man sich an Spezialkliniken für Brandverletzungen.
Aufklärung und Schulungen
„Insgesamt haben wir in Europa über 100 Kliniken angesprochen und EU-weit über 500 Plastische Chirurgen, Krankenschwestern und -pfleger sowie Anästhesisten trainiert“, so Carsten Henke. „Gleichzeitig haben wir begonnen, dort wo es formale Prozesse gibt, die Erstattung zu beantragen. 2016 erhielten wir eine Erstattung für die ersten beiden Länder, weitere folgten. Im vergangenen Jahr haben wir die Markteinführung konsequent vorangetrieben. Der Anwendungsbereich vergrößert sich ständig.“
Carsten Henke blickt optimistisch in die Zukunft. „MediWound steht mit dieser Innovation noch ganz am Anfang einer Erfolgsgeschichte. Zurzeit verdoppeln wir mit einem Team von 20 bis 30 Leuten jedes Jahr unseren Umsatz. Chirurgische Prozesse durch ein Enzym zu ersetzen ist ein ambitioniertes Ziel. Wir betreiben nach wie vor extrem viel Aufklärungs-, Schulungs- und Lobbyarbeit, in Fachliteratur und -kreisen, auf Kongressen, Messen und Fachveranstaltungen, vor allem aber vor Ort in den medizinischen Einrichtungen. Wir arbeiten eng mit Wissenschaftlern zusammen und unterstützen auch unabhängige Untersuchungen unseres Produktes.“
Die Vision von MediWound steht: NexoBrid ist der neue Standard des Debridements von Brandverletzten; in den nächsten fünf Jahren will das Unternehmen in seinem Bereich ein fest etablierter Partner der Verbrennungschirurgen sein und ein Netzwerk an Kliniken aufgebaut haben, die das Produkt regelmäßig einsetzen. Mittel- und langfristig soll das Produkt auch am US-amerikanischen Markt etabliert werden.
Ein weiteres neues Produkt von MediWound steht auch bereits in den Startlöchern. Das Mittel, das demnächst im Rahmen einer großen Klinischen Studie getestet wird, entspricht ebenfalls der MediWound-Philosophie: wirksam, sicher, anwenderfreundlich und innovativ.