Wie man Komplexität in Chancen verwandelt
Interview mit Veit Liemen, Chief Sales & Marketing Officer der Körber Supply Chain Consulting GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Liemen, die Körber Supply Chain GmbH gibt es in der jetzigen Form erst seit zwei Jahren. Dennoch verfügt das Unternehmen über mehr als 40 Jahre Erfahrung.
Veit Liemen: Ja, es gab mehrere Firmen unter dem Dach der Körber-Gruppe, von denen die erste im Jahr 1979 entstanden ist. Bis vor zwei Jahren agierten diese Unternehmen unter ihrem eigenen Namen. Der Konzern hatte in den verschiedenen Geschäftsfeldern immer eigenständige Firmen, der Konzernname war im Hintergrund. Das hat man 2020 geändert und die Firmen unter der Marke Körber zusammengefasst. Körber tritt damit jetzt als operative Marke am Markt auf, was für die Kunden einfacher zu verstehen ist. Durch das Rebranding konnten wir unseren Marktauftritt deutlich ausbauen und neue Kundengruppen erschließen. Dadurch sind wir stärker als der Markt gewachsen. Wir sind heute ein Geschäftsfeld der Körber AG.
Wirtschaftsforum: Welche Aufgabe hat der Bereich Körber Supply Chain?
Veit Liemen: Wir bieten Supply Chain-Software, SAP-Lösungen, Robotiksysteme, Automatisierungslösungen, Voice-Technologie, Materialtransportsysteme und Systemintegration aus einer Hand und ermöglichen unseren Kunden so, immer komplexer werdende Logistikanforderungen in Marktchancen und Wettbewerbsvorteile zu verwandeln.
Wirtschaftsforum: Haben Sie ein aktuelles Beispiel hierfür?
Veit Liemen: In Espelkamp haben wir das neue European Distribution Center des führenden Anbieters von industrieller Verbindungstechnik HARTING mit SAP-Software und Automatisierungstechnik ausgerüstet. Es handelt sich um eine hochintegrierte Anlage mit einem 20 m hohen Hochregallager, in der fahrerlose Transportsysteme die meisten Warenbewegungen übernehmen. In der Folge konnte HARTING seine Lieferperformance deutlich steigern.
Wirtschaftsforum: Wurde Ihr Geschäft durch die Coronapandemie beeinflusst?
Veit Liemen: Wir sind bisher ganz gut durchgekommen und haben Vertragsverhandlungen für neue Projekte komplett online abgewickelt. Das wollten die Kunden vorher gar nicht. Auch Inbetriebnahmen haben wir komplett aus der Ferne realisiert, zum Beispiel in den USA. In den letzten sechs Monaten spüren wir eine Belebung bei neuen Projekten, der Investitionsstau löst sich langsam auf. Allerdings merken wir jetzt die ersten Auswirkungen des Ukrainekrieges, dort steht Europas größtes Stahlwerk, in der Nähe von Mariupol. Oft können Preise und Lieferzeiten vorab nicht abgesprochen werden. Aus der Ukraine kommen außerdem sehr viele Monteure im Regalbau, die derzeit nicht verfügbar sind.
Wirtschaftsforum: Körber Supply Chain ist als Leader im Magic Quadrant des IT-Beratungsunternehmens Gartner ausgezeichnet worden. Was verbirgt sich dahinter?
Veit Liemen: Wir sind von Gartner als Leader bewertet worden, weil wir unsere aktuelle Vision gut umsetzen und für morgen gut aufgestellt sind. Mit unserem SAP-Angebot und der Beratungsleistung plus der Möglichkeit, sowohl Supply Chain-Hardware und -Software zu liefern und alles in ein Komplettsystem zu integrieren, sind wir einzigartig.
Wirtschaftsforum: Und die Nachfrage nach solchen Komplettlösungen steigt, oder?
Veit Liemen: Logistik ist inzwischen mehr als nur eine Hilfsfunktion im Unternehmen, sondern ein Feld, in dem sich echte Wettbewerbsvorteile generieren lassen. Die Verlagerung auf den Onlinehandel und das damit gestiegene Servicelevel stellt immer komplexere Anforderungen. Hierfür stehen wir als Partner bereit, wickeln die gesamte operative Logistik ab, inklusive Lager, Steuerungssoftware, Verpackungssystemen, automatischen Hochregallagern und SAP-Lösungen. Wir betrachten die gesamte Supply Chain und denken Logistik breit. Vor allem wenn es um komplexe, hochdurchsatzorientierte Lösungen geht, kommt man zu uns.
Wirtschaftsforum: Ist der zunehmende Fachkräftemangel für Sie ein Thema?
Veit Liemen: Wir sind ein tolles Team mit großem Zusammenhalt und hoher Kundenorientierung. Es gibt kaum Fluktuation. Aber der Fachkräftemangel ist eine große Herausforderung, die unsere Kapazitäten zunehmend begrenzt. Wir bespielen alle Recruiting-Kanäle, die man sich vorstellen kann, bilden selbst aus, bieten ein duales Studium an und qualifizieren zum SAP-Berater. Leute, die bei uns anfangen, spüren schnell den Teamspirit.
Wirtschaftsforum: Das heißt, Sie brauchen neue Mitarbeiter, um weiter wachsen zu können?
Veit Liemen: Ja, wir wollen unsere Vision weiterverfolgen, Körber Supply Chain als erste Adresse zu etablieren, wenn es um das Management komplexer Supply Chains geht.