Textile Werte, neue Wege

Interview mit Jacob Sloth, Geschäftsführer der Zimmer + Rohde GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Sloth, ein Traditionsunternehmen und ein global erfahrener Manager, passt das zusammen?

Jacob Sloth: Sehr gut sogar. Das Unternehmen ist traditionsreich, aber nicht traditionell im Sinne von unbeweglich: Es setzt auf Qualität, Kreativität und Offenheit für Neues. Mich hat sofort die Leidenschaft begeistert, mit der hier gearbeitet wird, ob in der Kreation, im Vertrieb oder in der Produktion. Hinzu kommt die Internationalität. Wir denken nicht in nationalen Grenzen, sondern in Stilwelten, Lebensstilen, Märkten. Die kreative Vielfalt, die dabei entsteht, ist beeindruckend und ein großer Wettbewerbsvorteil.

Wirtschaftsforum: Zimmer + Rohde vereint traditionelle Handwerkskunst mit internationalem Design. Wie gelingt diese Balance?
 

Jacob Sloth: Sie ist das Herz unseres Geschäfts. Wir arbeiten mit hoch qualifizierten Partnern und Manufakturen, oft seit Jahrzehnten. Gleichzeitig sind unsere Kreationsteams sehr international aufgestellt – in Paris, London, New York und natürlich in Oberursel. Das bedeutet: Wir verbinden die Tiefe des Handwerks mit der Breite globaler Stilströmungen. Ein gutes Beispiel ist unsere aktuelle Kollektion ‘Rhapsody of Colors’, in der klassische Webtechniken auf überraschende Farbwelten treffen. Solche Verbindungen entstehen nur, wenn man Innovation aus der Substanz heraus denkt. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Marken der Unternehmensgruppe wider, von der französisch-leichten Handschrift von Etamine bis zur ikonischen ADO Goldkante.

Wirtschaftsforum: Sie sprechen von Innovation: Wie innovativ kann ein Textilunternehmen heute eigentlich sein?

Jacob Sloth: Sehr innovativ – wenn man gezielt und mit Weitblick vorgeht. Innovation zeigt sich bei uns nicht nur in neuen Kreationen, sondern auch in der Auswahl nachhaltiger Materialien, in der Optimierung von Prozessen und in der Offenheit für neue Technologien. Wir prüfen laufend, wie wir digitale Entwicklungen – darunter auch den Einsatz von KI – sinnvoll in unsere Arbeitsweise integrieren können, um sowohl intern effizienter zu werden als auch unseren Kunden einen echten Mehrwert zu bieten. Innovation zeigt sich aber auch in der Haltung: Wie offen sind wir für neue Märkte? Für neue Zielgruppen? Für neue Vertriebswege? In all diesen Bereichen passiert bei Zimmer + Rohde gerade sehr viel.

Textilien sind ein emotionales, haptisches Produkt – das wird sich nie ändern. Aber digitale Technologien können diese Welt sinnvoll erweitern. Onlineplattformen, Virtual Showrooms, datenbasierte Beratung, all das hilft uns, schneller, präziser und serviceorientierter zu arbeiten. Gleichzeitig ist mir wichtig, dass der Mensch im Mittelpunkt bleibt. Technologie soll uns nicht ersetzen, sondern unterstützen – im Kontakt mit unseren Kunden, aber auch im kreativen Prozess.

Wirtschaftsforum: Wie international ist Zimmer + Rohde aufgestellt, und wo sehen Sie noch Potenzial?

Jacob Sloth: Wir sind bereits heute sehr international unterwegs: Zwei Drittel unseres Umsatzes erzielen wir außerhalb des DACH-Raums. Die USA sind ein besonders starker Markt, ebenso Großbritannien, Frankreich, Italien und Skandinavien. Gleichzeitig sehen wir in Asien und dem Nahen Osten weiteres Wachstumspotenzial. Unsere Präsenz in den Me-tropolen mit eigenen Showrooms und lokalen Teams ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Sie hilft uns, nah an unseren Kunden zu sein und kulturelle Nuancen zu verstehen.

Bei all dem ist es uns wichtig, die eigene Identität zu bewahren. Unsere Wurzeln in Deutschland – die Präzision, das Qualitätsversprechen, der langfristige Blick – prägen uns stark. Aber wir übersetzen diese Werte jeweils neu, je nach Markt. Das bedeutet: Wir hören genau hin, sind offen für lokale Bedürfnisse, verlieren dabei aber nie unsere Handschrift. Es ist wie bei einer guten Kollektion: Sie darf Vielfalt zeigen, muss aber als Ganzes stimmig bleiben. Das gelingt uns, weil wir intern sehr eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten, über Länder und Kontinente hinweg.

Wirtschaftsforum: Ist Ihre Unternehmenskultur ein gutes Fundament für die Zukunft?

Jacob Sloth: Ich würde unsere Kultur als werteorientiert, partnerschaftlich und zukunftsgewandt beschreiben. Es geht nicht nur um wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch um Verantwortung – für Mitarbeiter, Kunden und die Umwelt. Wir sind groß genug, um international zu agieren, aber klein genug, um menschlich zu bleiben.

Dieser Mix ist heute selten, und er motiviert mich jeden Tag. Dass ich als ‘Externer’ in eine solche Kultur eingebunden werde, ist nicht selbstverständlich. Ich sehe das als großes Vertrauen und als Auftrag, es gut zu gestalten. Gemeinsam mit Andreas Zimmer und unserem gesamten Team möchte ich Zimmer + Rohde strategisch weiterentwickeln: stärker digital, näher am Endkunden, nachhaltiger in der Produktion. Mein Anspruch ist, Brücken zu bauen zwischen kreativen Ideen und wirtschaftlicher Klarheit, zwischen Tradition und Innovation, zwischen internationaler Dynamik und familiärer Bodenhaftung. Wenn uns das gelingt, sehe ich für Zimmer + Rohde eine sehr stabile, sehr starke Zukunft.

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