„Klimaziele durch Innovationen“

Interview mit Ulrich Hagemann, Leiter Business Unit IMS der KELLER HCW GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Hagemann, wann und wie hat die lange Geschichte von KELLER begonnen?

Ulrich Hagemann: Die Gründung des Unternehmens 1894 basierte auf der Erfindung des ersten Absetzwagens für den Transport von Ziegeln durch Carl Keller. Die Firma KELLER hat ursprünglich Anlagen und Maschinen im Bereich Grobkeramik für die Produktion von Bauprodukten wie zum Beispiel Mauerziegeln, Dachziegeln, Fassadenplatten usw. gefertigt. Das ist noch heute unser Hauptgeschäftsbereich als Business Unit ICS – Intelligent Clay Solutions. Im Laufe der Zeit hat KELLER viele Maschinen neu entwickelt. In den 1990er-Jahren sind wir in die Robotik eingestiegen und haben bis heute weltweit mehr als 800 Roboter ausgeliefert. 2018 haben wir in Saudi-Arabien den größten Tunnelofen der Welt in dreifacher Ausfertigung installiert. Er hat eine Leistung von 1.700 t keramischer Produkte pro Tag. Da wir über den Keramikbereich hinaus auch immer wieder in artfremden Bereichen tätig waren und dies auch nach außen hin darstellen wollten, hat sich das Unternehmen 2018 neu orientiert.

So entstand die Business Unit IMS, die branchenunabhängig moderne Handlings- und Palettiertechniken und Roboteranwendungen entwickelt. Daneben haben wir zwei weitere Business Units: IAS entwickelt intelligente Automatisierungslösungen für hocheffiziente Schüttgutprozesse und ITS Messsysteme und Pyrometer zur präzisen und zuverlässigen optischen Temperaturmessung.

Wirtschaftsforum: Wie sieht die Firmenstruktur heute aus – ist das Unternehmen immer noch in Familienhand?

Ulrich Hagemann: Nein, die Familie Keller hat das Unternehmen bis in die 1990er-Jahre geführt. 2000 wurde es von der französischen Groupe CERIC gekauft, die wiederum 2006 von der Investorengruppe Groupe Legris Industries übernommen wurde. In Deutschland beschäftigen wir an unseren Standorten in Ibbenbüren-Laggenbeck und Mellrichstadt rund 350 Mitarbeiter.

Wirtschaftsforum: Was beinhaltet Ihr Geschäftsbereich IMS genau?

Ulrich Hagemann: Das Motto von KELLER lautet ‚Creating Solutions‘. In diesem Sinn erarbeiten wir mit IMS Lösungen relativ losgelöst vom Produkt. Dabei geht es immer um das effektive Handling von Produkten, ganz gleich, ob es nur um den Transport von A nach B oder das Verpacken geht. Beispiele sind Anlagen für die Glas- oder Betonindustrie, Palettieranlagen für Farbeimer oder Anlagen zum Handling von Zündkerzen. Die Roboter kaufen wir zu und integrieren sie in unsere Lösungen. In der Regel tritt der Kunde an uns heran und sagt uns, was er braucht. Wir erarbeiten dann Lösungsvorschläge und erstellen ihm ein Angebot.

Wirtschaftsforum: Haben sich bestimmte Branchen oder Bereiche herauskristallisiert, in denen Sie schwerpunktmäßig tätig sind?

Ulrich Hagemann: Ausgehend von unserem großen Bereich ICS ist ein Schwerpunkt darauf gerichtet, die von Deutschland ausgegebenen Klimaziele, die CO2-Neutralität bis 2045, zu erreichen. Hintergrund ist, dass die Prozesse in der Keramikindustrie, das Trocknen und Brennen, sehr energieaufwendig sind. Aber auch alle anderen Branchen und Unternehmen sind diesen Zielen verpflichtet und suchen nach energiesparenden Lösungen. Mit unseren Fähigkeiten und unserem Know-how möchten wir Vorreiter sein und unseren Kunden entsprechende Lösungen zur Verfügung stellen. Darin, uns immer wieder mit neuen Technologien zu befassen, sind wir führend.

Wirtschaftsforum: Wie international sind Sie unterwegs?

Ulrich Hagemann: Im Keramikbereich hat KELLER weltweit über 1.200 komplette Werke gebaut. Mit IMS sind wir derzeit eher in Europa aktiv unterwegs. Ziel ist es aber, auch hier weltweit tätig zu werden.

Wirtschaftsforum: Was macht KELLER neben den Produkten so erfolgreich?

Ulrich Hagemann: Wir sind ISO-zertifiziert im Hinblick auf Qualität, Umwelt und Energie, und darauf legen wir auch viel Wert. Für unsere Kunden bedeutet das, einen Partner zu haben, der sich auch bei diesen wichtigen Zielen an Regeln hält und für die nachfolgenden Generationen sorgt. Dies in Verbindung mit der federführenden Entwicklung innovativer Produkte sind sicher entscheidende Erfolgsfaktoren.

Wirtschaftsforum: Wie erleben Sie die Corona-Zeit? Hatten Sie Einbußen oder größere Probleme?

Ulrich Hagemann: Obwohl ich anfangs diese Befürchtungen hatte, sind wir recht gut durch diese Zeit gekommen. Das liegt daran, dass die Bauindustrie ganz gut funktioniert und sogar Bedarfe geweckt hat. Die Kunden haben investiert. In der Beschaffung gibt es durchaus Probleme, die sich derzeit nicht ändern lassen, für die wir jedoch gemeinsam mit dem Kunden Lösungen gefunden haben.

Wirtschaftsforum: Wie sehen Ihre Zukunftspläne im Hinblick auf Ihren noch recht jungen Geschäftsbereich aus?

Ulrich Hagemann: Wir möchten wachsen und unsere Kompetenzen und Erfahrungen weiter ausbauen. Mit unserer Business Unit IMS wollen wir ein weiteres starkes Standbein für KELLER werden. Im Moment beträgt das Verhältnis zu unserem Hauptgeschäft 10:1 und unser Anteil darf gerne größer werden.

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