Mobilität mit Anspruch: Markenstärke trifft Zukunft
Interview mit Frank Döhring, Vorsitzender Geschäftsführer der Jürgens GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Döhring, Sie leiten gemeinsam mit Ihren Geschäftsführerkollegen ein inhabergeführtes Familienunternehmen mit langer Tradition. Was macht für Sie die Besonderheit der Jürgens Gruppe aus?
Frank Döhring: Seit 1919 steht die Jürgens Gruppe für Mercedes- Benz in der Region – gegründet in Hagen erzielt das Unternehmen heute einen Umsatz von rund 850 Millionen EUR. Zukünftig wird die Jürgens Gruppe an 19 Standorten in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz mit 1.400 Mitarbeitenden als einer der führenden Mobilitätspartner vertreten sein. Damit zählen wir zu den größten Arbeitgebern der Branche. Etwa 200 Auszubildende qualifizieren sich bei uns – Ausbildung ist fest in unserer Familienphilosophie verankert. Die Inhaber Jürgen Jürgens und Dr. Claudia Fular-Jürgens führen das Unternehmen in 3. Generation mit spürbarem Engagement. Diese Haltung zeigt sich auch in unserer Fürsorge, nicht zuletzt, da unsere Inhaberin Ärztin ist.
Wirtschaftsforum: Welche Marken und Leistungen decken Sie ab?
Frank Döhring: Unsere Hauptmarke ist Mercedes-Benz. Hinzu kommen smart, der Lkw-Bereich von Daimler Truck. Seit Juli führen wir auch die Marke MG mit Verbrenner-, Hybrid- und Elektrofahrzeugen, die durch ihre Technologieoffenheit ideal zur Erschließung neuer Zielgruppen dient. Smart vertreiben wir im Joint Venture mit Geely: Modelle wie der #1 oder #5 zeigen, wie sich Marken neu positionieren. Neben dem Neu- und Gebrauchtwagenvertrieb bieten wir alle Services aus einer Hand an: Werkstatt, Teilevertrieb, Mietwagen und Finanzierung über die Mercedes-Benz Bank.
Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihr typischer Kundenkreis aus?
Frank Döhring: Unser Kundenkreis umfasst Privatpersonen, gewerbliche Kunden und das Flottengeschäft. Auch Autovermieter zählen dazu – wir liefern Fahrzeuge, nehmen sie zurück und vermarkten sie professionell über unsere Gebrauchtwagenabteilung. Mit rund 8.500 verkauften Pkw-Gebrauchten jährlich ist dieses Segment derzeit unser größter Wachstumstreiber.
Wirtschaftsforum: Elektromobilität ist in aller Munde. Wie positionieren Sie sich technologisch?
Frank Döhring: Wir sind technologieoffen – der Kunde entscheidet, ob Elektro, Hybrid oder Verbrenner. Mercedes-Benz bringt in den nächsten Jahren über 25 neue Modelle auf den Markt, die äußerlich kaum noch nach Antriebsform unterscheidbar sein werden. Elektrofahrzeuge sind gefragt, aber weniger als einst prognostiziert. Ohne Förderung liegt ihr Anteil bei 10 bis 15%, mit Hybriden bei etwa 30 bis 35%. Die nächste Fahrzeuggeneration wird Reichweiten von bis zu 900 km erreichen – das wird vieles verändern.
Wirtschaftsforum: Wie wirken sich wirtschaftliche Unsicherheiten auf Ihr Geschäft aus?
Frank Döhring: Mercedes-Benz ist vergleichsweise konjunkturunabhängig – unsere Kundschaft reagiert weniger sensibel. Sensibler reagiert das Lkw-Geschäft, da es sich um Investitionsgüter handelt. Im Pkw-Bereich bleiben die Zahlen stabil, und der Gebrauchtwagenmarkt wächst – nicht zuletzt wegen der hohen Wertstabilität unserer Fahrzeuge.
Wirtschaftsforum: Sie haben das Agenturmodell von Mercedes-Benz angesprochen. Welche Erfahrungen machen Sie damit?
Frank Döhring: Neuwagen verkaufen wir im Namen und auf Rechnung der Mercedes-Benz Group – zu einem deutschlandweit einheitlichen Preis. Für uns ist das ein Vorteil: Der Kunde entscheidet nicht nach Nachlass, sondern nach Vertrauen und Service. Viele kommen seit Jahrzehnten, oft über Generationen hinweg. Wenn ein Kunde fragt, was er kaufen soll, wissen wir: Die Beziehung stimmt – dann haben wir alles richtig gemacht.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und Digitalisierung für Sie?
Frank Döhring: Eine große. Wir haben jedes tragfähige Dach mit Photovoltaik ausgestattet, Heizungen modernisiert, Beleuchtung auf LED umgestellt – mit Blick auf Eigenversorgung und Kosteneffizienz. Digital arbeiten wir längst: elektronische Fahrzeug- und Werkstattakten, iPads für alle Beschäftigten im Servicebereich, papierlose Prozesse. Erste KI-Anwendungen laufen in der Werkstatt bereits an – etwa zur automatischen Erstellung von Serviceaufträgen. Das ist erst der Anfang, aber der Weg ist klar.
Wirtschaftsforum: Welche Vision haben Sie für die Zukunft der Jürgens Gruppe?
Frank Döhring: Unser Ziel ist gesundes Wachstum – regional und gebietsorientiert. Zum 1. August 2025 übernahm die Jürgens Gruppe den Geschäftsbereich Fahrzeugbau der August Schmidt GmbH & Co. KG in Hagen. Dieses traditionsreiche Unternehmen entwickelt und fertigt seit über 150 Jahren kundenspezifische Sattelauflieger sowie Fahrzeugaufbauten und bietet dazu umfassende Serviceleistungen an. Neben der Betriebsgesellschaft geht auch das 34.000 m2 große Firmengelände in den Besitz der Jürgens Gruppe über. Alle Mitarbeitenden heißen wir herzlich in unserem Familienunternehmen willkommen. Des Weiteren erwirbt die Jürgens Gruppe von der Mercedes-Benz AG die Niederlassung Dortmund mit dem Lack- und Karosseriezentrum sowie die weiteren Standorte in Lünen und Unna. Mit dieser Übernahme erweitert die Jürgens Gruppe nicht nur ihr Portfolio und entwickelt die regional bedeutenden sowie leistungsstarken Vertriebs- und Service-Standorte der Niederlassung Dortmund weiter, um den Kundinnen und Kunden den besten Service zu bieten, sondern bietet auch allen 290 Mitarbeitenden eine neue berufliche Heimat.
Intern wollen wir weiter in Aus- und Weiterbildung investieren und unsere Strukturen für neue Technologien stärken. Alles unter einem zentralen Leitbild: Das Wohlergehen unserer Mitarbeiter und Kunden steht im Mittelpunkt. Das wird bei uns nicht nur betont, sondern täglich gelebt.