Bewegung in der Nische

Interview mit Gunnar Platz, Geschäftsführer der Joh. Wacht GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Platz, die Joh. Wacht GmbH & Co. KG steht für anspruchsvolle Leistungen in den Bereichen Erdbau, Wasserbau, Tief- und Spezialbau. War das immer so?

Gunnar Platz: Unser Portfolio resultiert aus einer stetigen Weiterentwicklung. Als Joh. Wacht 1951 gegründet wurde, ging es vornehmlich um die Rohstoffgewinnung, also den Kies- und Sandabbau. In der Nachkriegszeit wurden die für den Wiederaufbau benötigten Rohstoffe noch mit Pferdekutschen transportiert. Weil Wacht irgendwann mehr als die reine Rohstoffgewinnung anbieten wollte, entwickelte sich der Baubereich mit dem Fokus auf Nischen wie dem Fluss- und Wasserbau. Wichtige Projekte dieser Zeit waren der große Saarausbau und die Moselvertiefung. Mit der Wende kamen Aufträge rund um den Aufbau Ost. Wacht etablierte eine Niederlassung und mit der Firma Hydro eine Dauerbietergemeinschaft. Damals wurde unter anderem der Mittellandkanal ausgebaut. Nach und nach wuchs auch der Tiefbaubereich mit Aufträgen aus dem kommunalen Straßenbau in der Region. Im Osten ging es nach verschiedenen Hochwasserkatastrophen dagegen vermehrt um den Deichbau.

Wirtschaftsforum: Wie sieht das Portfolio heute aus?

Gunnar Platz: Da Nassbaggerarbeiten inzwischen weniger nachgefragt werden, haben wir uns stärker auf Sanierungen, zum Beispiel von Wehranlagen oder Schleusen, spezialisiert. Wir legen Baugruben frei und bedienen über Schiffe Subunternehmen mit dem notwendigen Material. Die Sanierungsarbeiten sind ein wichtiger neuer Schwerpunkt; vor allem, seit Wasser- und Schifffahrtsämter den Sanierungsstau erkannt haben. Seit 2020 beschäftigen wir uns beispielsweise in Koblenz mit der Schleusen- und Pfeilersanierung. Im Tiefbau dominieren Neubau- und Gewerbegebietserschließungen, Sanierungen von Kanal- und Hausanschlüssen, der Straßenbau sowie Gehweg-erschließungen. Im Segment Rohstoffgewinnung konzentrieren wir uns auf den Abbau von Sand und Kies, sieben und liefern das Material als Zuschlagstoff für die Beton- oder Asphaltherstellung.

Wirtschaftsforum: 140 Mitarbeiter stehen hinter diesem Portfolio; der Umsatz liegt bei 15 bis 20 Millionen EUR und ist das Resultat der positiven Entwicklung. Wie geht Wacht mit aktuellen Herausforderungen wie Corona oder dem Krieg in der Ukraine um?

Gunnar Platz: Wir arbeiten sehr viel mit öffentlichen Ausschreibungen. Da das Credo in Berlin während der Pandemie lautete ‘Es muss weiter gebaut werden’, hatten wir eine konstant gute Auftragslage und sind relativ gut durch die Krise gekommen. Momentan sind die Energiepreise die größte Herausforderung; weil die Rohstoffgewinnung sehr energieintensiv ist und wir mit unseren Lkw und Baggern zahlreiche Dieselfahrzeuge haben. Beim Thema Energie ist ein Umdenken gefragt.

Wirtschaftsforum: Womit kann Wacht vor diesem Hintergrund punkten?

Gunnar Platz: Wacht ist ein innovatives Unternehmen mit einem jungen, agilen Team im Büro. Unsere ITler und Ingenieure sind in Sachen Digitalisierung hervorragend aufgestellt. Wir beobachten den Markt sehr genau und reagieren schnell. Als die Nachfrage im Flussbau zurückging, haben wir uns überlegt, wie wir uns mit dem bestehenden Equipment künftig aufstellen können und den Fokus auf Sanierungen gelegt. Diese Flexibilität und Agilität hat uns in der Vergangenheit zu einem führenden Mittelständler der Region gemacht.

Wirtschaftsforum: Sie haben das Thema Digitalisierung angesprochen. Wie wichtig sind digitale Techniken für Wacht?

Gunnar Platz: Sehr wichtig, sowohl im Büro als auch auf den Baustellen. Fast 30% unserer Baggerflotte ist digitalisiert. Daten aus der Planung gehen direkt an die Bagger. Bereits in der Angebotsphase spielen digitale Technologien eine Rolle. Unser Dokumentenmanagement ist komplett digital, deshalb profitieren wir von schnelleren und flexibleren Prozessen. Die Erfahrung zeigt, dass die hohen Investitionen sich rechnen.

Wirtschaftsforum: Fachkräftemangel, Energiekrise, Corona. Wie sieht angesichts der aktuellen Situation der Blick nach vorne aus?

Gunnar Platz: In diesem Jahr ist die Auftragslage noch gut. Wir werden auch künftig mit dem konstruktiven Wasserbau und den Spezialtiefbau erfolgreich Nischen abdecken. Die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit werden eine große Rolle spielen. Wir wollen und müssen das Thema Energie angehen, zum Beispiel im Hinblick auf das emissionsfreie Bauen. Geplant sind Investitionen in die Flotte sowie die Umstellung von Hybrid auf Elektro. Baustellen werden schon heute über kleinere Solarplatten versorgt. Offenheit gegenüber diesen neuen Technologien und Möglichkeiten ist für uns entscheidend.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Bau

Ein Blick hinter die Fassade

Interview mit Matthias Schur, Geschäftsführer der Siegfried Schur Baubetrieb GmbH

Ein Blick hinter die Fassade

Wie in vielen Teilen Deutschlands steht auch die Baubranche in Sachsen vor erheblichen Herausforderungen. Lange war sie Motor der Konjunktur, jetzt wird sie durch hohe Zinsen, steigende Material- und Energiekosten…

Der Mut zur Zukunft

Interview mit Thomas Block-Deponte, Prokurist der SCHIELICKE BAU Hoch-, Tief- und Ingenieurbau GmbH

Der Mut zur Zukunft

Seit 120 Jahren prägt die SCHIELICKE BAU Hoch-, Tief- und Ingenieurbau GmbH mit unternehmerischem Weitblick und Pioniergeist die Baubranche in Beelitz und darüber hinaus. Vom kleinen Handwerksbetrieb hat sich das…

Heimat schaffen

Interview mit Dipl.-Ing. Stefan Forster, Geschäftsführer der Stefan Forster GmbH

Heimat schaffen

Unzählige große Bauprojekte hat die Stefan Forster GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main im Bundesgebiet schon umgesetzt. Ihr Schwerpunkt liegt dabei im städtischen Wohnungsbau. Doch auch darüber hinaus hat…

Spannendes aus der Region Landkreis Trier-Saarburg

„Wir wollten uns der massiven KI-Disruption stellen!“

Interview mit Marcel Dütscher, Head of Innovation der JAM Software GmbH

„Wir wollten uns der massiven KI-Disruption stellen!“

JAM Software war bisher vor allem als Anbieter von Standard-Softwarelösungen bekannt – ein Geschäftsmodell, das aufgrund der KI-Revolution einer massiven Disruption unterliegt. Um auch auf Jahrzehnte hinaus seine Wettbewerbsfähigkeit zu…

Fenster und Türen made in Germany

Interview mit Sylvia Meeth-Kainz, Geschäftsführerin der Josef Meeth Fensterfabrik GmbH & Co. KG

Fenster und Türen made in Germany

Fenster und Türen sind mehr als bloße Öffnungen in unseren Häusern – sie sind die Schnittstelle zwischen Innen und Außen, verbinden Räume mit der Welt da draußen und beeinflussen maßgeblich…

„Bieten Nachhaltigkeit wirtschaftlich an“

Interview mit Jörg Schmitt, Geschäftsführer der Tischlerei Hubert Schmitt GmbH

„Bieten Nachhaltigkeit wirtschaftlich an“

Die Tischlerei Hubert Schmitt GmbH in Welschbillig in Rheinland-Pfalz ist ein bodenständiger Familienbetrieb, der nach nunmehr 45 Jahren nicht nur eine beachtliche Größe erreicht hat, sondern auch spannende Projekte vorweisen…

Das könnte Sie auch interessieren

„Ein Bauunternehmen kann man nicht aus dem Elfenbeinturm führen!“

Interview mit Raúl Comesaña, Geschäftsführer der BBF Bau GmbH

„Ein Bauunternehmen kann man nicht aus dem Elfenbeinturm führen!“

Mit ihrem umfangreichen Angebot im Hoch- und Tief- sowie im Garten- und Landschaftsbau samt ihrer ausgewiesenen Expertise im Elektro- sowie im Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärbereich steht die BBF Gruppe nicht…

Vier Generationen, ein Gedanke

Interview mit Mag. Lisa Schilowsky-Käfer, Geschäftsführerin der SCHILOWSKY Baustoffhandel GmbH

Vier Generationen, ein Gedanke

Die Zeiten könnten besser sein. Zinsentwicklung und Inflation sorgen für Verunsicherung in der Baubranche, Prognosen bleiben schwierig. Das sieht auch die SCHILOWSKY Baustoffhandel GmbH so. Doch während Wettbewerber Mitarbeiter abbauen…

„Im Brückenbau braucht es für jedes Projekt individuelles Engineering!“

Interview mit Georg Schreiber, Geschäftsführer der Schreiber Brücken-Dehntechnik GmbH

„Im Brückenbau braucht es für jedes Projekt individuelles Engineering!“

Nicht nur im Brückenbau macht maßgeschneiderte Ingenieurarbeit den Unterschied. Doch wo es um Brückenbau und -sanierung geht, ist Schreiber Brücken-Dehntechnik genau deshalb ein gefragter Partner für die öffentliche Hand und…

TOP