Im Kreis gedacht - Nachhaltigkeit als Treiber für Wachstum

Interview mit Michael Pooley, CEO der IFCO Systems GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Pooley, welche Rolle spielt IFCO mit seinen Mehrweg-Transportverpackungen für Frischeprodukte in der Kreislaufwirtschaft und wie setzen Sie dabei die ESG-Kriterien um?

Michael Pooley: Wir haben erst kürzlich unseren dritten ESG-Report veröffentlicht. Begonnen haben wir damit in 2021. Wir wollten zeigen, dass IFCO eine bedeutende Rolle dabei spielt, die Lieferkette für Frischeprodukte nachhaltig zu gestalten. Nachdem wir unsere Ziele definiert hatten, haben wir unsere ESG-Strategie stark an den Nachhaltigkeitszielen (SDGs ) der Vereinten Nationen ausgerichtet. Sie basiert auf den drei Säulen der Triple Bottom Line: Ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit.

Ökonomische Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur, die Lieferketten in einen Kreislauf zu bringen, sondern, schließt auch Innovation und verantwortungsvolle Produktion mit ein. In einer Kreislaufwirtschaft wird kein Abfall produziert, die Materialien, mit denen wir arbeiten, lassen sich unendlich oft recyceln. In dieser Beziehung sind wir einzigartig; kein anderes Unternehmen in unserer Branche arbeitet so. Entlang der Lieferkette arbeiten wir mit einer Vielzahl von Partnern zusammen: Produzenten, Händlern und etlichen anderen Unternehmen, die in der Lieferkette ihre Aufgabe erfüllen.

Beim Punkt Ökologische Nachhaltigkeit geht es um die Dinge, die wir tun können, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, etwa im Hinblick auf die Reduzierung des Wasserverbrauchs und das Einsparen von Verbrauchsmaterialien. Die Lieferketten von Frischeprodukten haben in der Vergangenheit unnötig viel Abfall produziert – überflüssigen CO2-Ausstoß, Produktabfälle, Lebensmittelabfälle – und mehr Wasser verbraucht als nötig. Sie waren absolut ineffizient, was ihren Materialverbrauch betrifft. Im vergangenen Jahr ist es uns gelungen, 627.000 t CO2 einzusparen – eine enorme Summe!

Und zum dritten Punkt, die Soziale Nachhaltigkeit: Wir sind weltweit in über 50 Ländern tätig und es ist uns sehr wichtig, uns gut um die Menschen zu kümmern, die für uns arbeiten. Es geht uns außerdem darum, einen positiven gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, indem wir das SDG „Kein Hunger“ mittragen und Verteilstationen für Lebensmittel und Tafeln unterstützen.

Je mehr wir zur Umsetzung dieser drei Punkte der Triple Bottom Line tun, desto mehr Emissionen sparen wir ein. Unser Ziel ist es, bis 2025 bei unseren eigenen Tätigkeiten ausschließlich nachhaltige Energiequellen zu verwenden und unsere Effizienz weiter zu steigern. Bis 2040 wollen wir CO2-Neutralität erreichen. Dazu muss sich einerseits der CO2-Fußabdruck unserer Partner verringern und wir selbst müssen noch einige Dinge beim Transport ändern. Je größer IFCO wird, desto besser ist das für die Umwelt.

Wirtschaftsforum: Die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) der EU hat zum Ziel, den Gebrauch von Einmalverpackungen einzudämmen, die Nachverfolgbarkeit von Verpackungen zu steigern und die Transparenz in der Verpackungsindustrie zu erhöhen. Welchen realen Nutzen hat die PPRW Ihrer Meinung nach?

Michael Pooley: Die Absicht, die hinter der PPWR steckt, ist gut, doch unglücklicherweise torpediert die EU ihre eigene Gesetzgebung, indem das EU-Parlament der Verpackungsindustrie zu viel Freiheit gewährt. Offensichtlich hat die EU-Kommission einen anderen Blick auf die Dinge als das Parlament. Wir finden es enttäuschend, dass das Parlament nicht mehr dazu tut um unseren Planeten zu schützen und ihn nicht als Ganzes in den Blick nimmt – wie wollen sie auf diese Weise ihre Ziele in punkto Nachhaltigkeit erreichen?

Wirtschaftsforum: Wie aber können Nachhaltigkeitsziele dann erreicht werden? Liegt die Umsetzung liegt dann in den Händen jedes einzelnen Unternehmens?

Michael Pooley: Das ist genau das, was wir seit mehr als 30 Jahren machen. Dabei treiben wir Nachhaltigkeit nicht nur in Europa voran, sondern auch außerhalb. Die USA holen hier auf, auch Asien. Dort entwickelt sich ein neues Bewusstsein für diese Dinge; Kreislaufwirtschaft gewinnt zunehmend an Bedeutung. In allen Regionen, in denen wir aktiv sind, hat sich die Kreislaufwirtschaft inzwischen etabliert; etliche Organisationen treiben sie weltweit voran. Das ist der gemeinsame Weg, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Wirtschaftsforum: Die USA holen in punkto Nachhaltigkeitsbewusstsein auf, wie Sie sagen. Worin liegt der Unterschied zwischen dem europäischen Handel und dem US-Handel? Können wir Europäer in dieser Beziehung etwas von den USA lernen?

Michael Pooley: Der US-Markt unterscheidet sich stark vom europäischen. Die Märkte sind in etwa gleich groß, doch ein sehr viel stärker konzentrierter und konsolidierter Handel, wie ihn der US-Markt aufweist, bedeutet, dass es unter den Händlern Pioniere geben muss, die Innovationen vorantreiben. Walmart ist hier ein sehr gutes Beispiel: Sie fokussieren sich in ihren Lieferketten seit etlichen Jahren auf Nachhaltigkeit. Weil sie so groß sind, nehmen sie auch großen Einfluss auf diese Entwicklung. Bei anderen großen Händlern ist es inzwischen genauso. Wir sind Partner dieser großen US-Händler. Zwar hängt die Entwicklung hin zu Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit im US-Markt im Vergleich zum europäischen Markt noch ein paar Jahre hinterher, aber sie schreitet mit Riesenschritten voran.

Wirtschaftsforum: Inwieweit beeinflusst die digitale Welt IFCO?

Michael Pooley: In sehr hohem Maße, würde ich sagen. Digitalisierung ist unter den Top 3 unserer Prioritäten, zum Beispiel im Hinblick auf die digitale Kennzeichnung unserer Mehrwegsysteme für Transportverpackungen. Aktuell bauen wir ein digitales Pooling-System in Kolumbien auf, was uns in die Lage versetzen wird, alle Warenbestände zu tracken. Für unsere Kunden bedeutet das, in Echtzeit nachverfolgen zu können, was gerade in ihrer Lieferkette passiert. Das wird ihnen die Möglichkeit geben, ihre Lieferkette effizienter zu machen. Wir wollen das 2024 umsetzen. Danach wollen wir einen ähnlichen Pool in Europa etablieren. Abgesehen von dem Nutzen, den unsere Kunden daraus ziehen, wird es auch uns selbst helfen, unsere Effizienz zu steigern.

Wirtschaftsforum: IFCO wächst weltweit – unter anderem auch in Deutschland: Im rheinland-pfälzischen Dannstadt wurde im April letzten Jahres ein hochmodernes Servicecenter eröffnet. Warum genau dort?

Michael Pooley: Wir haben ein großes Netzwerk von 114 Servicecentern rund um den Globus. Für Dannstadt haben wir uns entschieden, weil es für uns innerhalb Europas sehr günstig gelegen ist und uns ausgezeichnete logistische Möglichkeiten bietet. Bei einem so großen Warenumschlag wie unserem liegt die Herausforderung in Europa darin, dass ein großer Teil der frischen Produkte im Süden produziert, aber im Norden verzehrt wird. Insofern braucht es hier eine gute Balance, um sicherzustellen, dass alles zur rechten Zeit am rechten Ort verfügbar ist. Ein Servicecenter in Dannstadt aufzubauen, hat unsere Effizienz in vielerlei Hinsicht gesteigert und bereits zu einer Einsparungsrate von 9 % geführt. Das Servicecenter in Dannstadt-Schauernheim südwestlich von Ludwigshafen ist eines der modernsten und technologisch am besten aufgestellten in Europa: Wir setzen hier die hochwertigsten Technologien ein, die in der Gruppe verfügbar sind. Es ist das im höchsten Grad automatisierte und energieeffiziente Werk, das wir zu diesem Zeitpunkt bauen können. Es verbraucht bis zu 23% weniger Energie als ältere Werke. Dies ist ab jetzt unser Standard in Hinsicht auf zukünftige Servicecenter. Die in Dannstadt verbrauchte Energie stammt darüber hinaus aus erneuerbaren Quellen. Wir wollen sicherstellen, dass wir nicht nur nachhaltig handeln, sondern darin auch effizient sind.

Wirtschaftsforum: Welche Ziele wollen Sie mit IFCO in den nächsten Jahren erreichen?

Michael Pooley: Wir haben diesen Wachstumsimperativ, denn je mehr wir tun, desto besser ist es für unseren Planeten. Das heißt für uns, in Ländern tätig zu werden, in denen es bereits eine Kreislaufwirtschaft gibt, etwa im Baltikum oder in Marokko, wo wir kürzlich eine Niederlassung eröffnet haben. Ebenso wollen wir in für uns neuen Marktbereichen wachsen, etwa Fisch, Fleisch, Milchprodukte und Bäckereiprodukte – alles Bereiche, in denen wiederverwendbare Verpackungen dem Schutz der Umwelt in hohem Maß dienen können. Auch auf Bananen, die seit jeher in Kartons und damit in Einweg-Verpackungen transportiert werden, liegt unser Fokus.

Soeben haben wir eine neu, nachhaltige Kunststoffpalette auf den Markt gebracht. Diese Mehrweg-Paletten sind zum einen sehr stabil und haben daher geringes Schadenspotenzial. Zum anderen sind wir sicher, dass wiederverwendbare und recycelbare Kunststoffpaletten viel nachhaltiger sein können als Holzpaletten. Damit fügen wir der Kreislaufwirtschaft ein weiteres Glied in der Logistikkette hinzu.

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