Internationaler Erfolg durch Qualität, Service und Kontinuität
Interview mit Hanns-Jörg Westendorf, Geschäftsführer der Hoberg & Driesch GmbH & Co KG
Wirtschaftsforum: Herr Westendorf, wo liegen die Ursprünge Ihres Unternehmens und welche Impulse haben zur jetzigen Position beigetragen?
Hanns-Jörg Westendorf: Das mittelständische Unternehmen wurde 1948 gegründet und hat in den 1950er- und 1960er-Jahren hohe Zuwächse verzeichnet. Der Fokus lag zunächst auf Deutschland. Im Jahr 2010 gründeten wir neue Gesellschaften im Ausland — dies war der Startschuss für das internationale Geschäft. Seitdem sind wir in neun europäischen Ländern mit eigenen Lägern vertreten.
Wirtschaftsforum: Wie kommt es, dass die HOBERG & DRIESCH GmbH & Co KG erst so spät in das internationale Geschäft eingestiegen ist?
Hanns-Jörg Westendorf: HOBERG & DRIESCH war traditionell als familiengeführtes Unternehmen eher auf dem deutschen Markt vertreten. Leider war und ist der deutsche Markt ein reifer, Wachstum und damit Entwicklung war nur im Ausland möglich. Als ich 2009 in das Unternehmen eintrat, haben wir das erkannt und dann zügig umgesetzt. Dabei hat sicherlich meine Internationalität aus meiner Tätigkeit bei den Mannesmann Röhrenwerken geholfen. Bis etwa 2015 war unser Geschäft hauptsächlich auf den Handel mit Rohren ausgelegt. Anschließend haben wir die Weiterverarbeitung vertieft und sind in Richtung Autozulieferer gegangen. Der Bereich Automotive macht mittlerweile etwa 20% unseres Umsatzes von etwa 450 Millionen EUR aus. Aktuell beschäftigen wir 650 Mitarbeiter.
Wirtschaftsforum: Hat es nach Ausbruch der Pandemie wichtige Veränderungen für Ihr Unternehmen gegeben?
Hanns-Jörg Westendorf: Im April 2020 kam die Produktion unserer Kunden zum Stillstand, wir mussten unser Geschäft für etwa drei bis vier Monate einfrieren. Es herrschte Verunsicherung auf unseren Märkten, ab September wurde es jedoch wieder besser. Die Art der Arbeit veränderte sich, wir haben Homeoffice eingeführt, das wir heute noch nutzen. Seitdem gibt es weniger persönliche Meetings.
Wirtschaftsforum: Hat es in den letzten drei Jahren grundlegende Veränderungen gegeben?
Hanns-Jörg Westendorf: Die Explosion der Energiekosten führte zur Verteuerung unserer Produkte. Bis Mitte 2023 war die Wirtschaft dennoch stabil. Die Inflation und die steigenden Zinsen ließen die Nachfrage jedoch wieder sinken, es wurden weniger Investitionen getätigt. Die weiteren Krisen in der Geopolitik versetzen uns in einen ständigen Unruhemodus. Es fällt uns schwer, unser Business sechs bis neun Monate im Voraus zu planen. Demnach hoffen wir, dass die Zinsen wieder sinken. Die Inflation bereitet uns Händlern Schwierigkeiten, da die Wertschöpfung geringer ist als im produzierenden Gewerbe, sodass beispielsweise exorbitante Gehaltssprünge nur bedingt durch Effizienzerhöhung ausgeglichen werden können.
Wirtschaftsforum: Was erwarten Sie vom restlichen Jahr 2024?
Hanns-Jörg Westendorf: Im April war unser Unternehmen auf der auf der Messe wire & Tube vertreten. Die Stimmung dort war jedoch recht bescheiden. Man hofft auf fallende Zinsen zum Jahresende oder für das Jahr 2025. Das Ausland blickt ziemlich mitleidig auf den Industriestandort Deutschland. Niemand kann verstehen, warum die Politik es unserem Land und der Wirtschaft so schwer macht.
Wirtschaftsforum: Wo würden Sie Ihr Unternehmen am Markt einordnen?
Hanns-Jörg Westendorf: Unser Umsatz findet zu 80% im Handel und zu 20% in der Weiterverarbeitung von Rohren statt. Europaweit gibt es lediglich zwei große Handelsorganisationen mit Stammsitz in Holland beziehungsweise in Italien, die mit uns vergleichbar sind. Wir haben sieben Produktgruppen auf Lager. In jeder dieser Gruppe sehen wir uns zwischen Platz 1 und Platz 3.
Wirtschaftsforum: Welche Produkte sind die Säulen der HOBERG & DRIESCH GmbH & Co KG?
Hanns-Jörg Westendorf: Eine unserer Produktgruppen sind die nahtlosen Stahlrohre, welche uns den größten Umsatz bringen und schon von Anfang an die Keimzelle unseres Unternehmens waren. Dann haben wir geschweißte Stahlrohre, die vor allem in der Energiewirtschaft eingesetzt werden. Zur dritten Gruppe gehören nahtlose, kaltgezogene Stahlrohre. Daneben haben wir Hohlprofile/Vierkantrohre. Eine weitere Gruppe ist der Bereich Hydraulik für den Einsatz im Zylinderbau. Wir erzielen mit nahtlosen, warmgefertigten Stahlrohren etwa 30 bis 35% unseres Umsatzes.
Wirtschaftsforum: Worin unterscheiden sich Ihre nahtlosen Rohre von denen der Konkurrenz?
Hanns-Jörg Westendorf: Wir unterscheiden uns vom Wettbewerber vor allem in der Verfügbarkeit, unserer Sortimentstiefe, Schnelligkeit und der Flexibilität bei der Konfektionierung. Der Preis ist derzeit allerdings oftmals das auschlaggebene Thema.
Wirtschaftsforum: Mit welchen Innovationen beschäftigen Sie sich aktuell in Ihrem Unternehmen?
Hanns-Jörg Westendorf: Aktuell beschäftigen wir uns mit Rohrqualitäten im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien — wie beispielsweise der Windkraft. Zu unseren innovativen Produkten zählen Rohre für den Transport von Wasserstoff. Das Thema Geothermie spielt bei uns ebenso eine Rolle.
Wirtschaftsforum: Inwiefern verbessern Sie Ihren ökologischen Fußabdruck und inwieweit interessiert es die Kunden?
Hanns-Jörg Westendorf: Unser Zentrallager in Düsseldorf ist recht neu und hat eine Dachfläche von 400 x 120 m. Einen großen Teil davon haben wir bereits mit Photovoltaik ausgestattet. Bei der Anschaffung von Lagerequipment achten wir sehr stark auf die Energieeffizienz des Produktes. Die Kunden fragen zwar, ob wir nachhaltig sind — allerdings hängt davon nicht unser Geschäft ab.
Wirtschaftsforum: Wie weit ist die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen fortgeschritten?
Hanns-Jörg Westendorf: Wir haben Europas modernstes Hochregallager, welches beispielsweise die Rohre autark zu den Sägen führt. Auch im Vertrieb wird KI zukünftig eine große Rolle spielen. Ich könnte mir vorstellen, dass irgendwann Kleinstkunden automatisiert bedient werden, ohne dass sie es merken. Aber im Großkundengeschäft wird der persönliche Kontakt immer eine entscheidene Rolle spielen.
Wirtschaftsforum: Was sind die Erfolgsfaktoren Ihres Unternehmens?
Hanns-Jörg Westendorf: Zu unseren Erfolgsfaktoren zählt Kontinuität im Wandel, ich bin der vierte CEO in 75 Jahren. Das Unternehmen wird strategisch mit Weitsicht geführt, auch unsere Gesellschafter haben ein gutes Gefühl für Märkte.
Wirtschaftsforum: Welche Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesetzt?
Hanns-Jörg Westendorf: Wir möchten weiterhin wachsen und an der Konsolidierung der Märkte teilnehmen. Wir überlegen, unser Geschäft in die USA auszuweiten. Dort gibt es weniger Synergien, da die Läger zu weit entfernt und die Rohre anders genormt sind. Doch unser Know-how könnte uns in die Karten spielen. Gleichzeitig bekennen wir uns zu unserem Standort Düsseldorf, wollen das Bodenständige und Berechenbare beibehalten.