Sicherheit über den Wolken – Training für den Ernstfall

Interview mit Dr. Mathias Hiebeler, Geschäftsführer und Mitinhaber, und Karl Fürnrohr, Chief Sales Officer der GROB Aircraft SE

Wirtschaftsforum: Herr Hiebeler, Herr Fürnrohr, was ist das Kerngeschäft von GROB Aircraft?

Dr. Mathias Hiebeler: Wir sind Experten für militärische Trainingssysteme und einer der führenden Flugzeughersteller in unserem Bereich. Unser wichtigstes Flugzeugmodell ist die G 120 TP, die höchste Ansprüche für das Training von Piloten erfüllt. Die Flugleistung genügt aufgrund des Turbinenantriebs höchsten Ansprüchen und es gibt eine ausbildungsorientierte Side-by-side-Bestuhlung im Cockpit. Die Maschine ist höchst zuverlässig und wirtschaftlich. Darüber hinaus haben wir noch die G 520NG im Einsatz, ein Höhenflugzeug für Aufklärung, Überwachung und Experimentalflieger. In absehbarer Zeit möchten wir die G 520NG auch dem großen Markt anbieten, für militärische und zivile Aufnahmen. Nicht zuletzt schätzen unsere Kunden aber auch unseren umfassenden Service. Bei uns haben sie immer einen zentralen Ansprechpartner, der sie betreut.

Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie GROB Aircraft im internationalen Vergleich?

Karl Fürnrohr: Es gibt im Wettbewerb um die westlichen anspruchsvolleren Luftwaffen drei Spieler, je einen Anbieter aus der Schweiz und aus Österreich und uns. Der Schweizer Anbieter konzentriert sich auf die Kampfjetausbildung, das österreichische Unternehmen ist in chinesischer Hand. Wir haben in der Grundausbildung der Piloten eine führende Position.

Wirtschaftsforum: Was sind Innovationen oder Neuentwicklungen, mit denen Sie sich aktuell beschäftigen?

Dr. Mathias Hiebeler: Wir entwickeln zurzeit den gesamten Simulationsbereich rund um unser Kernprodukt weiter. Hier verfolgen wir auch agnostische Ansätze zur Integration anderer Flugzeuge, sodass wir ganzheitliche Simulationslösungen anbieten können. Wir werden in den nächsten Jahren weitere Investitionen realisieren.

Wirtschaftsforum: Wer sind Ihre Kunden?

Dr. Mathias Hiebeler: Unsere Kundenbasis ist breit gefächert. Dazu gehören klassische NATO-Teilnehmer, wie zum Beispiel die deutsche, britische oder schwedische Luftwaffe. Aber wir nehmen aktuell auch an großen Ausschreibungen weiterer NATO-Staaten teil, zum Beispiel in Polen, Kroatien, Belgien und in den Niederlanden. Wir entwickeln uns sukzessive zu einem NATO-Standard.

Wirtschaftsforum: Sind Sie auch außerhalb von Europa aktiv?

Karl Fürnrohr: Wir sind global aufgestellt, zum Beispiel in Indonesien, Jordanien, Kenia, Argentinien, Ecuador, Mexiko oder Kanada. Global treten wir in den meisten Ländern als Systemintegrator auf. In Kanada sind wir allerdings Produktanbieter.

Wirtschaftsforum: Nach dem Ausbruch des Angriffskriegs auf die Ukraine hat Olaf Scholz ein Sondervermögen für militärische Ausgaben bereitgestellt. Profitieren auch Sie davon?

Dr. Mathias Hiebeler: Nein. Aus dem 100-Milliarden-Topf von Olaf Scholz bleibt für die Industrie nur ein kleiner Teil übrig, für uns gar nichts. Weder die Luftwaffe noch die Bundeswehr haben mit uns Rücksprache genommen und bei uns angefragt, wie wir sie unterstützen können. Wir bekommen keinen Support. Im Gegenteil: Wir erfahren eher ‘negative’ Unterstützung der Behörden und der Regierung. Die immer strenger werdenden Regularien der BAFA sind eine große Herausforderung für uns. Es dauert zum Teil Monate oder sogar Jahre, bis einfache Vorgänge entschieden werden. Zum Teil ist das geschäftsgefährdend. Wir sind ein extrem solides mittelständisches Unternehmen, mit den typischen Herausforderungen. Hier in Deutschland ist die Situation für uns sehr schwierig geworden. Zum Beispiel arbeiten wir nur noch mit ausländischen Banken zusammen. Die deutschen Banken arbeiten aufgrund der ESG-Regularien nicht mit uns. Vor diesem Hintergrund sind wir in Deutschland gezwungen, obwohl wir hier verwurzelt sind, mit unseren Neuentwicklungen ins Ausland zu gehen.

Wirtschaftsforum: Was haben Sie sich für das nächste Jahr vorgenommen?

Dr. Mathias Hiebeler: In den letzten Jahren ist in unserer Branche ein dramatischer Materialwechsel vollzogen worden, von glasfaserverstärktem Kunststoff zu Carbon. Bedingt durch die Coronapandemie haben die Composite-Flugzeughersteller weniger Material abgerufen. Die Hersteller haben sich deshalb auf die Windenergiebranche fokussiert, die größere Volumina abgenommen hat. Als die Fertigung wieder hochgefahren wurde, konnten unsere Lieferanten die Mengen nicht mehr zur Verfügung stellen. Wir haben deshalb unsere Produktion und Zertifizierung auf Carbon umgestellt. Darüber hinaus haben wir auch ein neues Enteisungssystem entwickelt. In den nächsten Jahren werden wir über eine Modifikation mit einem neuen Motor unseren Output steigern. Unsere Auftragsbücher sind bis 2027 gut gefüllt. Unsere Herausforderung wird es sein, die Supply Chain solide aufzustellen und gleichzeitig flexibel zu halten.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Business Charter – individuell, effizient, nachhaltig

Interview mit Antonia Gilbert CCO und Darko Cvijetinovic CEO der MJet GmbH

Business Charter – individuell, effizient, nachhaltig

Die Digitalisierung ermöglicht Business-Meetings unabhängig von Raum und Zeit. Aber nicht immer kann ein Bildschirm ein persönliches Treffen ersetzen, zum Beispiel, wenn wichtige Verhandlungen oder Abschlüsse anstehen oder persönliche Beziehungen…

„Menschen abholen und mitnehmen“

Interview mit Alexander Schulze Forsthövel, Business Unit Manager der ME Engineering GmbH

„Menschen abholen und mitnehmen“

Voraussetzung für eine erfolgreiche Fertigung ist, dass Prozesse optimal laufen. Dafür sorgt die ME Engineering GmbH. In ganz Nordrhein-Westfalen bringt sie ihr Know-how in den Bereichen Prozess- und Fertigungsautomation sowie…

Einsatz für eine zukunfts-fähige Landwirtschaft

Interview mit Stephan Paulke, Geschäftsführer der EgeSun GmbH

Einsatz für eine zukunfts-fähige Landwirtschaft

Nachhaltige Biolebensmittel spielen eine immer wichtigere Rolle in unserer Gesellschaft. Im Zeitalter, in dem Umweltbewusstsein und Gesundheit einen zentralen Stellenwert einnehmen, gewinnen biologisch angebaute Lebensmittel zunehmend an Bedeutung. Die EgeSun…

Spannendes aus der Region Landkreis Unterallgäu

Großartige Ausstrahlung – nach innen und nach außen

Interview mit Florian König, CEO/Vorstand der echion Corporate Communication AG

Großartige Ausstrahlung – nach innen und nach außen

Marken mit allen Sinnen erlebbar machen – so lautet der Anspruch der echion Corporate Communication AG. Das Augsburger Unternehmen ist spezialisiert auf digitale Kommunikationskonzepte für nachhaltig wirkende Markenerlebnisse und setzt…

Kunzmann – die Glühweinmacher

Interview mit Guido Grebe, Geschäftsführer KUNZMANN Weinkellerei - Mineralbrunnen - Fruchtsaft GmbH & Co. KG

Kunzmann – die Glühweinmacher

Rudolf Kunzmann ist der Erfinder des trinkfertigen Glühweins in Flaschen, doch die KUNZMANN Weinkellerei-Mineralbrunnen-Fruchtsaft GmbH & Co. KG hat, wie der Name auch sagt, weitaus mehr zu bieten. Das Familienunternehmen…

Naturziegel für ein angenehmes Wohngefühl

Interview mit Johannes Stengel, Geschäftsführer der Ziegelwerk Stengel GmbH & Co. KG

Naturziegel für ein angenehmes Wohngefühl

Holz, Beton, Stahl oder sogar Heuballen – die Bauherren von heute haben die Qual der Wahl, wenn es darum geht, sich für ein Baumaterial zu entscheiden. Oft sorgen traditionelle oder…

Das könnte Sie auch interessieren

Strukturen der Zukunft: Mit jeder Faser überzeugend

Interview mit Marc Fette, COO der CTC GmbH

Strukturen der Zukunft: Mit jeder Faser überzeugend

Die Vorteile von Faserverbundwerkstoffen machen sich nicht nur in der Luftfahrtindustrie bezahlt. Deshalb nutzt die Airbus-Tochter CTC GmbH aus Stade ihre Entwicklungskompetenz in diesem Bereich unter anderem auch für Automobilindustrie,…

Luftfahrttechnologie für die Zukunft

Interview mit Michael Gröninger und Dieter Buchdrucker, Geschäftsführer der HENSOLDT Avionics GmbH

Luftfahrttechnologie für die Zukunft

Die HENSOLDT Avionics GmbH aus Pforzheim ist Weltmarktführer und Technologieführer im Bereich Mission Management, Navigation und Situational Awareness. Mit einem klaren Fokus auf innovative Technologien und einer konsequenten Kundenorientierung setzt…

Technologie, die abhebt

Interview mit Oliver Dratius, Mitgründer und CEO der SACS Aerospace GmbH

Technologie, die abhebt

Die Luft- und Raumfahrt muss sich aktuell mehreren komplexen Herausforderungen stellen, wie zum Beispiel der Forderung nach einer CO2-neutralen Luftfahrt, neuen Antriebstechniken und neuen Ansprüchen in der Kabinenausstattung. Die SACS…

TOP