Die Medizin wird ambulanter und digitaler

Interview mit Dr. Steffi Miroslau, Geschäftsführerin der GLG Gesellschaft für Leben und Gesundheit mbH

Wirtschaftsforum: Frau Dr. Miroslau, wie haben Sie Ihren Weg zu GLG gefunden?

Dr. Steffi Miroslau: Ich bin seit 39 Jahren im Unternehmen tätig. Nach meinem Medizinstudium an der Charité habe ich als Kinderärztin begonnen und wurde schließlich ärztliche Direktorin des Werner-Forßmann-Klinikums. 2012 übernahm ich die Position der medizinischen Geschäftsführerin bei GLG, wo ich gemeinsam mit einem Volkswirt die Verantwortung trage. Unsere Entscheidungen basieren auf der Daseinsvorsorge, der Wirtschaftlichkeit und der Qualität der medizinischen Versorgung.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt das neue Krankenhausgesetz in der aktuellen Transformation des Gesundheitswesens?

Dr. Steffi Miroslau: Das Krankenhausversorgungsgesetz, das am 22. November in Kraft trat, ist eine bedeutende Reform, die wir seit vielen Jahren erwarten. Es zielt darauf ab, die medizinische Versorgung zu verbessern und die Struktur der Krankenhäuser zu optimieren. Die Herausforderungen sind jedoch enorm, da über 1.200 Häuser in Deutschland sich anpassen müssen. Wir müssen eine zentrale Versorgung sicherstellen und gleichzeitig die ambulante Versorgung stärken.

Wirtschaftsforum: Wie hat GLG sich auf diese Veränderungen vorbereitet?

Dr. Steffi Miroslau: Wir haben uns seit Jahren auf die Ambulantisierung, Digitalisierung und Zentralisierung vorbereitet. Wir betreiben einen großen ambulanten Pflegedienst und haben zahlreiche medizinische Versorgungszentren. Zudem haben wir in moderne Medizintechnik investiert, um die Qualität unserer Behandlungen zu erhöhen. Ein Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit der Charité, die uns ermöglicht, innovative Behandlungsmethoden vor Ort anzubieten.

Wirtschaftsforum: Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung des neuen Gesetzes?

Dr. Steffi Miroslau: Die größte Herausforderung ist die emotionale Reaktion der Öffentlichkeit auf Veränderungen. Viele Menschen fürchten, dass die Versorgung vor Ort schlechter wird, wenn Abteilungen verlagert werden. Diese Ängste sind verständlich, aber wir müssen die Vorteile einer spezialisierten Versorgung und die Notwendigkeit von Veränderungen kommunizieren. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung versteht, dass eine Zentralisierung nicht zwangsläufig eine Verschlechterung der Versorgung bedeutet.

Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation im Gesundheitswesen im internationalen Vergleich?

Dr. Steffi Miroslau: Wenn wir andere Länder betrachten, sehen wir, dass Deutschland im Vergleich zu Ländern wie Großbritannien oder Frankreich besser aufgestellt ist. In Großbritannien warten Millionen auf Facharzttermine, während in Deutschland die Versorgungsstrukturen noch relativ stabil sind. Dennoch müssen wir auch hierzulande die Herausforderungen der demografischen Entwicklung und des Personalmangels angehen. Wir haben das Glück, dass wir hier in Brandenburg gut aufgestellt sind, aber die Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen.

Wirtschaftsforum: Was sind die nächsten Schritte für GLG?

Dr. Steffi Miroslau: Wir müssen weiterhin in die Digitalisierung investieren und die ambulante Versorgung stärken. Ein wichtiger Aspekt wird die Patientensteuerung sein, um den Patienten den Zugang zu den richtigen Dienstleistungen zu erleichtern. Wir sind auch dabei, unsere Ausbildungsstrukturen zu verbessern, um genügend qualifiziertes Personal zu gewinnen. Die erste akademisierte medizinische Hochschule für Pflegekräfte wurde vor Kurzem eingeweiht, was ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung ist.

Wirtschaftsforum: Wie gehen Sie mit den finanziellen Herausforderungen um, vor denen viele Krankenhäuser stehen?

Dr. Steffi Miroslau: Es ist alarmierend, dass 79% der Krankenhäuser in Deutschland defizitär sind. Wir müssen unsere wirtschaftliche Stabilität sichern, um weiterhin qualitativ hochwertige medizinische Versorgung anbieten zu können. GLG hat in den letzten Jahren erfolgreich investiert und konnte eine schwarze Null erreichen, aber die Herausforderungen werden größer. Wir müssen sicherstellen, dass wir nicht nur die Defizite decken, sondern auch in die Zukunft investieren.

Wirtschaftsforum: Gibt es abschließend etwas, das Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?

Dr. Steffi Miroslau: Ja, ich möchte betonen, dass die Transformation des Gesundheitswesens notwendig ist, auch wenn sie schmerzhaft ist. Wir müssen alle gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Herausforderungen zu meistern und eine zukunftssichere Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

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