„Ohne Biomasse wird es nicht gehen“
Interview mit Rainer Poll, geschäftsführender Gesellschafter der Bernhard Poll Schornsteintechnik GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Poll, Sie führen ein Unternehmen, das sich über mehrere Generationen hinweg stetig neu erfunden hat. Was zeichnet Bernhard Poll Schornsteintechnik heute aus?
Rainer Poll: Unser großer Vorteil liegt darin, dass wir aus dem Handwerk kommen. Wir sind nicht einfach nur Hersteller von Schornstein- und Abgassystemen, sondern auch Monteure und Dienstleister. Das bedeutet: Wir kennen unsere Produkte aus der Praxis, wir verstehen die Anforderungen auf der Baustelle und beim Kunden. Wir bieten nicht nur Standards, sondern Lösungen – und zwar von der Planung bis zur Montage, alles aus einer Hand.
Wirtschaftsforum: Wo genau sehen Sie die Kernkompetenzen Ihres Unternehmens?
Rainer Poll: Biomasse-Feuerstätten stellen sehr hohe physikalische Anforderungen an das Material und dessen Verarbeitung.
Unsere Stärke liegt in der Planung, Herstellung, Lieferung und Montage von Abgasanlagen aus hochlegiertem Edelstahl und deren Einbaukomponenten, wie Schalldämpfersysteme, Nebenluft- und Explosionsschutzvorrichtungen. Passende Befestigungssysteme aus Edelstahl geben dem Ganzen Halt. Brandschutzschächte aus Porenbeton verleihen die notwendige Sicherheit. Aufstell- und Heizräume von Biomasseanlagen müssen be- und entlüftet werden, wozu sich eigens konzipierte Zu- und Abluftsysteme in Elementbauweise eignen. Bei Großkesselanlagen kann zudem auf die Produktpalette unseres Schwesterunternehmens, der LAB-Lüftungs- und Anlagenbau GmbH, zurückgegriffen werden. Freistehende Abgasanlagen beziehungsweise die Herstellung von Zu- und Ablufttürmen gehören unter anderem zu deren Kernkompetenzen.
Wirtschaftsforum: Ihr Unternehmen hat eine lange Geschichte. Können Sie uns diese kurz skizzieren?
Rainer Poll: Unser Ursprung liegt im klassischen Bauhandwerk. Mein Großvater hat das Unternehmen 1933 als Bauunternehmen gegründet. Mein Vater hat die Firma dann in den 1960er-Jahren entscheidend weiterentwickelt, als fossile Energieträger im Emsland zum Standard wurden. Er hat damals ein eigenes Verfahren entwickelt, um Querschnitte von Schornsteinen zu verjüngen. Das war unser Einstieg in die Schornsteintechnik. Später kamen Edelstahlrohre und industrielle Anwendungen hinzu. Ich selbst bin seit 2006 Geschäftsführer und seit 2020 alleiniger Gesellschafter. Insgesamt beschäftigen wir 180 Mitarbeiter, davon 50 bei LAB.
Wirtschaftsforum: Wie wichtig ist das Thema Innovation in Ihrem Unternehmen?
Rainer Poll: Sehr wichtig. Unsere Innovationskraft liegt darin, bestehende Systeme stetig besser, effizienter und vor allem bedienerfreundlicher zu machen. Dabei steigen die Anforderungen ständig, sowohl technisch als auch regulatorisch. Wir bieten unseren Kunden Lösungen und gestalten sie so, dass sie für sie in der Anwendung einfach und zuverlässig sind.
Wirtschaftsforum: Sie sagten, Biomasse spielt bei Bernhard Poll Schornsteintechnik eine zentrale Rolle. Wie ist Ihre Haltung dazu im Kontext der Energiewende?
Rainer Poll: Ich bin davon überzeugt, dass es ohne Biomasse nicht funktionieren wird. Bei der Energiewende nur auf Strom und Wärmepumpen zu setzen, halte ich für unrealistisch. Biomasse ist bislang in keinem Vertrag, in keiner Planung der Politik wirklich berücksichtigt. Dabei hat sie enormes Potenzial, wenn sie richtig eingesetzt wird. Wir als Unternehmen brauchen eine klare Linie, und die Politik muss verstehen, dass Technologieoffenheit entscheidend ist.
Wirtschaftsforum: Welche Herausforderungen beschäftigen Sie derzeit besonders?
Rainer Poll: Die politischen Rahmenbedingungen sind ein großes Thema: Bürokratie, hohe Arbeitskosten, Steuerbelastungen – das alles bremst uns aus. Auch der demografische Wandel trifft uns wie viele andere. Wir setzen stark auf eigene Ausbildung, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Unser Team ist stabil, die Fluktuation gering. Unsere Unternehmenskultur ist familiär. Es gibt keine ‘Sie’-Mentalität; ich kenne jeden unserer rund 130 Mitarbeiter mit Vornamen. Wir leben das Teamgefühl, auch im Führungsteam.
Wirtschaftsforum: Welche Erwartungen und Pläne haben Sie für die Zukunft des Unternehmens?
Rainer Poll: Kurzfristig wollen wir in diesem Jahr erst einmal unser Umsatzziel erreichen. Das Jahr hat schwach angefangen, zieht jetzt aber wieder an. Ich erwarte daher ein positives Ergebnis. Wir heizen bereits mit modernster Technik und stellen komplett auf Biomasse um, produzieren auch unseren eigenen Strom. In zwei bis drei Jahren sind wir vollständig klimaneutral. Auch das gehört für mich zur Verantwortung als Unternehmer.
Wirtschaftsforum: Abschließend eine letzte Frage: Was ist Ihr persönlicher Antrieb bei Ihrer Arbeit?
Rainer Poll: Die früheren Generationen haben das Fundament gelegt, auf dem wir heute aufbauen dürfen. Ihr Fleiß und ihre Visionen verdienen unseren tiefsten Respekt und unsere Dankbarkeit. Dieses Fundament ermöglicht es uns heute, uns frei zu entfalten, neue Wege zu gehen und die Zukunft aktiv mitzugestalten.