Perfektion des Fehlerhaften
Interview mit Luigi Gironacc, Geschäftsführer der Frago Srl

Schuhe von Frago erzählen Geschichten. Sie sind das Ergebnis eines langen Entstehungsprozesses, an dem Schuhmacher, Künstler und Designer beteiligt sind. Sie tragen Spuren, sind Zeugen von etwas Vergangenem und präsentieren sich mit ihrem ganz eigenen Look moderner und zeitgenössischer denn je.
Bereit für einen starken Auftritt
Frago hat Vintage-Schuhe auf den Markt gebracht, als Vintage noch kein Trend war. Das Unternehmen ist Trendsetter – und bleibt sich selbst dabei stetig treu. 1975 begann Frago mit der Herstellung von Schuhkomponenten wie Sohlen. Ein Geschäftsmodell, das die Brüder Luigi und Daniele Gironacci bald nicht mehr zufriedenstellte.
„Im Laufe der Jahre wurde uns immer klarer, dass wir etwas ändern mussten“, erzählt Geschäftsführer Luigi Gironacci. „Wir wollten mehr als ‘nur’ Schuhe für Dritte machen. Wir wollten unsere eigene Marke entwickeln und unsere eigenen Ideen umsetzen. Unsere Schuhe sollten Kreativität und Handwerkskunst spiegeln. Sie sollten Charakter haben und Geschichten erzählen, so wie die Narben oder Falten im Gesicht eines Menschen.“
Verrückte Schuhideale
Mit der 1992 lancierten Marke Moma setzt Frago diese Philosophie erfolgreich um. In der Werkstatt in Morrovalle setzen sich Künstler, Designer und Schuhmacher zusammen, um alte Techniken und innovative Ideen zusammenzubringen.
Sie gehen ungewöhnliche Wege, um Schuhe zu fertigen, die schmutzig und gebraucht wirken. Dafür bekommen hochwertige Oberleder Risse, es wird gefärbt, abgewetzt und zerknittert. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Sohle gerichtet; jede einzelne ein Unikat. Das Ergebnis erstaunt – und begeistert.
„Auf den ersten Messen in Düsseldorf und Tokio hat man uns für verrückt erklärt“, so Luigi Gironacci. „Die Branche war damals noch weit entfernt vom Vintage- oder Used-Look. Bei unseren Modellen zeigt die Spitze nach oben, das ist seit jeher ihr Markenzeichen. Außerdem ist ihre Sohle besonders breit, dennoch wirken die Schuhe elegant und stilvoll. Das Publikum war zunächst irritiert, doch wir haben immer an diesen Stil geglaubt.“
Mit großer Leidenschaft arbeitet Frago an der Weiterentwicklung dieses neuen Stils. Man experimentiert mit alten und neuen Techniken und Materialien, überschreitet dabei Grenzen und kreiert so Schuhe außergewöhnlicher Qualität und einzigartigen Stils.
„Unsere Schuhe sind nie perfekt, sondern immer eine Spur mangelhaft“, resümiert Luigi Gironacci. „Genau darin liegt ihre Stärke. Risse im Leder machen die Schuhe erst spannend, erzählen sie doch Geschichten und bergen Emotionen.“
Erfolg ist handgemacht
40 Mitarbeiter stehen hinter der kreativ-experimentellen Philosophie der Schuhmanufaktur in den Marken. Sie verarbeiten nur feinste Materialien wie hochwertige pflanzengefärbte Leder; sämtliche Verarbeitungs- und Herstellungsprozesse finden in der eigenen Werkstatt statt – immer von Hand.
Sie dient auch als eine Art Labor für den Austausch vieler kreativer Geister. Hier entstehen von Saison zu Saison Damen- und Herrenmodelle, die sich nicht nach angesagten Trends richten, sondern ihre Authentizität stets bewahren. 70% der italienischen Schuhe setzt Frago im Ausland ab; insbesondere in Deutschland, der Schweiz und den Benelux-Staaten kommt der Moma-Stil hervorragend an.
Auf Messen wie der Mailänder Micam, der Premium in Berlin und München sowie der Pariser Tranoi versetzt Frago das Publikum mit seinen individuellen Kreationen immer wieder in Erstaunen. Die Manufaktur hat mit ihren anspruchsvollen Produkten längst ihren Platz in der schnelllebigen Modewelt gefunden.
„Unsere Schuhe sprechen die Sinne an, man muss sie sehen und anfassen können“, so Luigi Gironacci. „Deshalb sind wir zögerlich, was den Online-Handel betrifft. Klar ist, dass wir weiter wachsen wollen. Hier am Standort mit unseren angestammten Mitarbeitern.“