Vom Basketballprofi zum Executive Director
Interview mit Kamil Novak, Executive Director der FIBA Europe

Wirtschaftsforum: Herr Novak, Sie sind erfolgreicher Manager und seit 2012 Geschäftsführer des Kontinentalverbandes FIBA Europe. Wo liegt Ihr Hauptfokus und wie hat sich die FIBA Europe aus Ihrer Sicht bis heute entwickelt?
Kamil Novak: Unser Hauptfokus liegt auf der Organisation der Damen- und Herreneuropameisterschaften – FIBA Women’s EuroBasket und FIBA EuroBasket – sowie der Ausrichtung der Jugend-Europameisterschaften. Jährlich werden 16 Turniere ausgetragen, in drei Alterskategorien und drei Divisionen. Die Jugendarbeit liegt uns generell am Herzen, 70% aller Gelder werden in den Nachwuchs investiert. Wir unterstützen unsere Mitgliedsverbände in allen Bereichen und sind bestrebt, ihre Entwicklung und damit den europäischen Basketball voranzutreiben. Neben den Nationalmannschaftswettbewerben organisieren wir des Weiteren drei internationale Klubwettbewerbe, EuroLeague Women und EuroCup Women im Damenbereich sowie den FIBA Europe Cup bei den Herren.
FIBA Europe hat sich sehr entwickelt, insbesondere in Bezug auf die Struktur der Wettbewerbe. Beispielsweise wurde bei der EuroBasket die zweite Runde gestrichen, nach der Gruppenphase stehen direkt die Entscheidungsspiele an. Die Jugendturniere wurden ebenfalls verkürzt. Diese Änderungen sind ganz im Sinne der Spieler und machen die Turniere auch für Fans attraktiver. Die größte Entwicklung liegt sicherlich im Multi-Hosting-Konzept für die EuroBasket und Women’s EuroBasket, das unsere beiden Top-Events auf ein neues Level gehoben hat. 2015 wurde die EuroBasket erstmals in vier Ländern ausgetragen und das Prinzip mit mehreren Gastgebern hat sich als großer Erfolg erwiesen. Das Interesse, eine Europameisterschaft auszurichten, ist stark gestiegen. Es sind mehr Verbände involviert, es wird in größeren und moderneren Hallen gespielt, es sind mehr Zuschauer hautnah dabei und die besseren Konditionen kommen allen Parteien zugute, von den Spielern über die Fans bis hin zu den Sponsoren.

„Wir sind überzeugt, dass sich die Investitionen in die Jugend-Europameisterschaften langfristig auszahlen und zur Entwicklung des Sports in allen Ländern beitragen werden.“ Kamil Novak
Wie bereits erwähnt, liegt unser Hauptaugenmerk auf dem Jugendbereich. 2014 haben wir den Youth Development Fund eingeführt, durch welchen unsere Verbände finanzielle Unterstützung für Basketballprojekte erhalten. Darin ist der europäische Basketball sicherlich ein Vorreiter. Wir sind überzeugt, dass sich die Investitionen in die Jugend-Europameisterschaften langfristig auszahlen und zur Entwicklung des Sports in allen Ländern beitragen werden. Die Zahl der registrierten Mannschaften, die vor allem in den vergangenen fünf Jahren dramatisch gestiegen ist, beweist dies deutlich.
Hier hört unsere Arbeit nicht auf. Von Mini-Basketball über die Ausbildung von Trainern und Schiedsrichtern bis hin zur Weiterentwicklung der seit einem Jahr olympischen Disziplin 3x3 – als Verband sind wir in alle Aspekte unseres Sports involviert. Selbstverständlich gibt es immer Raum für Verbesserung – es liegen noch viele Aufgaben und Chancen vor uns.
Wirtschaftsforum: Sie waren zuvor langjähriger tschechischer Basketball-Nationalspieler, Profibasketballer beim deutschen Zweitligisten Rhöndorf sowie über zehn Jahre als Spieler, Interimstrainer und Sportdirektor in Frankfurt aktiv. Welche Herausforderungen stellt Ihr Beruf als Geschäftsführer eines Kontinentalverbandes an Sie, verglichen mit Ihrer Zeit als professioneller Basketball-Spieler und Sportdirektor?
Kamil Novak: Das lässt sich schwer vergleichen. Beim Verband ist einiges komplexer, allein schon wegen der vielen Länder, die involviert sind. Generell betrachtet, befasst man sich als Spieler vor allem mit dem eigenen Team und sich selbst. Als Sportdirektor kümmert man sich um die eigene Organisation und die Mannschaft, und jetzt bei FIBA Europe geht es um die Entwicklung des Spiels in ganz Europa. Jedes Land hat eigene Herausforderungen zu bewältigen und wir stehen jedem Nationalverband zur Seite und leisten Hilfe, wo sie benötigt wird. Eines haben alle Jobs gemeinsam – es gibt immer ein Ziel, das erreicht werden möchte, und dabei kommt es auf das Team an.
„Eines haben alle Jobs gemeinsam – es gibt immer ein Ziel, das erreicht werden möchte, und dabei kommt es auf das Team an.“ Kamil Novak

Wirtschaftsforum: Der deutsche Basketball-Verband DBB ist eng mit der FIBA verbunden, die easyCredit BBL ist zudem Gesellschafter ihres Vereinswettbewerbs ‘Basketball Champions League‘. Wie läuft Ihre Zusammenarbeit?
Kamil Novak: Sowohl die Bundesliga als auch der DBB gehören zur Spitze in Europa, die Zusammenarbeit ist höchst professionell. Aktuell steht zum Beispiel 's.Oliver Würzburg' als deutscher Teilnehmer im Finale des FIBA Europe Cups. Der DBB ist seit einigen Jahren sehr aktiv, man erinnere sich nur an die Gruppenphase der EuroBasket 2015 in Berlin oder auch die U20-Europameisterschaft vergangenen Sommer in Chemnitz. Es ist bemerkenswert, wie viel sich auch in anderen Bereichen bewegt hat, beispielsweise im Mini-Basketball oder im 3x3. Es ist kein Geheimnis, dass der DBB auch für die Ausrichtung der EuroBasket 2021 kandidieren möchte. Das macht einen starken, stabilen und gut organisierten Verband aus.
Die easyCredit BBL gehört jetzt schon zu den bestorganisierten Ligen in Europa. Die Zuschauerzahlen steigen jedes Jahr und die Klubs entwickeln sich kontinuierlich weiter, nicht nur wirtschaftlich.
Wirtschaftsforum: In Ihren zwei renommierten Wettbewerben ‘Basketball Champions League‘ sowie dem ‘FIBA Europe Cup‘ treten Spitzenmannschaften aus ganz Europa gegeneinander an. Die Basketball Champions League gilt dabei als einer der zwei bedeutendsten europäischen Basketball-Vereinswettbewerbe, mit Beteiligung europäischer Top-Clubs wie AEK Athen, PAOK Thessaloniki, Hapoel Jerusalem oder den deutschen Teams Brose Baskets Bamberg, MHP Riesen Ludwigsburg, Telekom Baskets Bonn und medi Bayreuth. Was können die Zuschauer und auch die Beteiligten von dem Wettbewerb weiterhin erwarten und wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Kamil Novak: Hier muss man unterscheiden. Die Basketball Champions League ist ein Spitzenwettbewerb für europäische Top-Teams und aktuell in der dritten Saison. Jedes Team erhält finanzielle Unterstützung und die Top 4-Teams zusätzlich noch einen beachtlichen Bonus. Der Gewinner nimmt zudem am FIBA Intercontinental Cup teil. Die Organisation befindet sich schon jetzt auf einem sehr hohen Niveau, aber wir sind noch lange nicht am Ende. Das Ziel ist es, den Wettbewerb und die Spiele für alle Beteiligten noch attraktiver zu gestalten.
Der FIBA Europe Cup hat durch einige Vorgängerwettbewerbe eine lange Tradition, die Struktur ist seit nunmehr vier Jahren konstant und verständlich. In den vergangenen zwei Jahren haben wir einen Anstieg bei den registrierten Teams gesehen, was auf die Popularität des Wettbewerbs schließt. Als die Basketball Champions League ins Leben gerufen wurde, gab es die Überlegung, inwieweit es den FIBA Europe Cup noch braucht, aber uns wurde schnell klar, wie wichtig er ist. Als europäischer Verband sind wir für die Entwicklung in ganz Europa verantwortlich, auch in den Ländern, deren Meister oder Vizemeister sich nicht für die Basketball Champions League qualifizieren.
Wirtschaftsforum: Wo sind aus Ihrer Sicht noch weitere Wachstumspotenziale im europäischen Basketball – auch in Bezug auf die Sponsoren-Gewinnung?
Kamil Novak: Das ist eine der wichtigsten Fragen. Seit der Wiedereinführung von Qualifikationsfenstern für Nationalmannschaftswettbewerbe, bei den Damen seit Herbst 2015 und den Herren seit Herbst 2017, haben unsere Verbände eine reguläre Plattform für ihre Sponsoren. War das Nationalteam zuvor nur für wenige Wochen im Sommer präsent, kann man seinen Sponsoren und Partnern nun alle drei Monate etwas bieten. Und den Fans auch! Die aktuelle Situation, in der nicht alle Klubs ihre Nationalspieler abstellen, ist zugegeben wenig zuträglich. Wenn jedoch dieses Problem gelöst wird, und ich hoffe, das geschieht bald, kann der europäische Basketball einen gewaltigen Sprung nach vorn machen. Wir erwarten gleichzeitig, dass unsere Verbände in ihren Strukturen noch professioneller werden, Fortschritte machen und sich diese nicht nur, aber auch in der Sponsoren-Akquise zeigen.

„Wir erwarten, dass unsere Verbände in ihren Strukturen noch professioneller werden, Fortschritte machen und sich diese nicht nur, aber auch in der Sponsoren-Akquise zeigen.“ Kamil Novak
Wirtschaftsforum: Eine persönliche Frage zum Schluss: Verfolgen Sie aufgrund Ihrer damaligen aktiven Zeit in Deutschland – wenn es die Zeit in Ihrer Funktion bei der FIBA Europe zulässt – noch den deutschen Basketball und Ihr altes Team in Frankfurt?
Kamil Novak: Wissen Sie, Basketball hat mein Leben sehr geprägt und meine Tagesabläufe werden seit Jahrzehnten durch Basketball bestimmt. Daher beginnt der Tag meist mit einem Blick ins Internet und auf die Basketballergebnisse in Europa – bei der BBL gilt mein Augenmerk natürlich nach wie vor den SKYLINERS.
Interview: Andreas Detert | Fotos: FIBA Europe e. V.