Mit der etablierten Marke Vertrauen zurückgewinnen

Interview mit Matthias Haarer, Geschäftsführer der Eisenmann GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Haarer, nachdem sich die Eisenmann-Gruppe jahrzehntelang erfolgreich im Markt bewegt hatte, mussten Sie im Juli 2019 Insolvenz anmelden. Wie hat sich Ihr Unternehmen seither entwickelt?

Matthias Haarer: Das Insolvenzverfahren dauerte insgesamt 14 Monate. An seinem Ende stand ein Verkauf weiter Unternehmensteile an eine niederländische Private Equity-Gesellschaft. Heute firmieren wir in Form von zwei GmbHs, von denen nur eine, die Eisenmann GmbH, im Markt auftritt, während sich die Eisenmann Engineering GmbH auf die interne Produkt- und Projektentwicklung konzentriert. Unser Geschäftsfeld beschränkt sich dabei auf den ehemaligen Unternehmensbereich Paint and Assembly Systems, also die Herstellung von Lackieranlagen für die Metall-, Kunststoff-, Automotive- und Räderindustrie, inklusive Fördertechnik und Endmontage, sowie sämtliche Serviceleistungen im Aftersales-Bereich. Darunter fallen sowohl die Wartung und Modernisierung bestehender Anlagen als auch die Beschaffung von Ersatzteilen für unsere Kunden.

Wirtschaftsforum: In welchem Umfang können Sie dabei auf die Historie der 2019 in die Insolvenz gegangenen Eisenmann-Gruppe zurückgreifen?

Matthias Haarer: Wir haben gewissermaßen das gesamte Lackieranlagengeschäft mit mehr als 1.000 Patenten sowie den Markennamen übernommen. Zudem sind bei unseren Kunden circa 2.000 installierte Anlagen in Betrieb, die aus der Zeit vor der Insolvenz der ursprünglichen Eisenmann-Gruppe oder aus der Produktion unserer Nachfolgeunternehmen stammen und die wir im Rahmen unserer umfangreichen Aftersales-Aktivitäten betreuen. Gemessen am Jahresumsatz unserer beiden Gesellschaften haben wir dabei einen sehr hohen Serviceanteil.

Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihre Unternehmenskultur heute, fast ein Jahr nach Ende des Insolvenzverfahrens, aus?

Matthias Haarer: Hinsichtlich unserer Positionierung und unserer Struktur sind wir sicherlich bisweilen ein Novum im Markt: Denn einerseits sind wir sehr jung und eigentlich ein Start-up, wir können sehr flexibel agieren und haben in unserer internen Personalstruktur flache Hierarchien etabliert. Gleichzeitig können wir jedoch auf einen bekannten und jahrzehntelang gewachsenen Markennamen zurückgreifen und an die Geschichte eines gestandenen mittelständischen Betriebs mit umfangreicher Technologieführerschaft und innovativen Produkten anknüpfen, mit allen Assets, die dazugehören: einem großen Netzwerk, exzellenten Kundenbeziehungen, den zahlreichen Patenten und erstklassigem Know-how.

Wirtschaftsforum: Welche konkreten Ziele wollen Sie in der nahen Zukunft als Unternehmen erreichen?

Matthias Haarer: Unser primäres Ziel ist derzeit nicht das unbedingte Umsatzwachstum, sondern Stabilität und Rentabilität. Wir wollen das Vertrauen unserer langjährigen Kunden zurückgewinnen, das natürlich unter der Insolvenz ein Stück weit gelitten hat.

Wirtschaftsforum: Hat sich mit dem Neustart der Eisenmann-Gruppe auch das Produktportfolio verändert?

Matthias Haarer: Im Grunde sind wir noch auf denselben Geschäftsfeldern aktiv wie vorher: Wir fertigen weiterhin Lackieranlagen in den Bereichen Metall, Kunststoff, Automobil und Räder und kümmern uns um alle Wartungsbelange bei den mehr als 2.000 installierten Anlagen. Einen wesentlichen Unterschied gibt es allein im Bereich OEM Automotive – denn wir können und wollen hier nicht mehr als Generalunternehmer für Neuanlagen auftreten. Das Volumen derartiger Aufträge erreicht schnell neunstellige Beträge, was bei unserem aktuellen Jahresumsatz von circa 50 bis 60 Millionen EUR ein nicht vertretbares Klumpenrisiko darstellen würde. Bei der modularen Vergabe derartiger Vorhaben – in diese Richtung entwickelt sich ja auch der Trend im Markt – sind wir jedoch gerne weiterhin in einzelnen Segmenten aktiv und überzeugen dort nicht zuletzt durch unsere Marktführerschaft, etwa bei der Fertigung und Betreuung der Tauchvorbehandlung und Kataphoretischen Tauchlackierung.

Wirtschaftsforum: Sie haben das Unternehmen auch durch die schwierige Phase der Insolvenz begleitet. Worin besteht damals und heute Ihr persönlicher Antrieb?

Matthias Haarer: Ich habe bei der Eisenmann GmbH als Financial Controller meine Karriere begonnen und dann mehrere Führungsfunktionen ausgefüllt, bevor ich Geschäftsführer wurde. Bis heute begeistert mich, was dieses Unternehmen in den letzten Jahrzehnten geleistet und welchen Namen es sich am Markt erarbeitet hat, und nach der Schwächephase Insolvenz verdient es aus meiner Sicht nun einen gelungenen Neustart. Dafür will ich mich mit all meiner Kraft einsetzen.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Anlagen- und Maschinenbau

Wenn jeder Hundertstel­millimeter zählt

Interview mit Luc De Sutter, Geschäftsführer der Soenen Technology nv.

Wenn jeder Hundertstel­millimeter zählt

In jeder Küche verbergen sich kleine Wunder der Präzisionstechnik: perforierte Bleche in Mikrowellen, Siebe in Spülmaschinen oder Filter in Dunstabzugshauben. Was auf den ersten Blick selbstverständlich erscheint, erfordert eine Genauigkeit…

Innovation im Vakuum

Interview mit Christopher Goebel, Geschäftsführer der ULVAC GmbH

Innovation im Vakuum

Die ULVAC GmbH bietet innovative Lösungen im Bereich der Vakuumtechnologie, die in einer Vielzahl von Indus­trien Anwendung finden, darunter Halbleiterfertigung, Automobilindustrie und Energiespeicherung. Die fortschrittlichen Vakuumgeräte und -systeme von ULVAC…

Technik braucht Haltung

Interview mit Axel Schulze, Geschäftsführer der HUGO PETERSEN GmbH

Technik braucht Haltung

Während viele Anlagenbauer auf großes Neugeschäft setzen, fokussiert sich die HUGO PETERSEN GmbH aus Wiesbaden seit den 1990er-Jahren bewusst auf die Optimierung bestehender Anlagen. Eine strategische Entscheidung, die das Unternehmen…

Spannendes aus der Region Landkreis Böblingen

IT-Komplettanbieter mit familiären Werten

Interview mit Dr. Benjamin Strehl, Geschäftsführer der USU GmbH

IT-Komplettanbieter mit familiären Werten

Wer als Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig bleiben will, muss die digitale Transformation aktiv gestalten. Dabei geht es um mehr als ein technologisches Update; es geht um einen tiefgreifenden Wandel, der alle…

Ein Motor ist nur so gut wie seine Bauteile

Interview mit Oliver Schöttle, Geschäftsführer der SM Motorenteile GmbH

Ein Motor ist nur so gut wie seine Bauteile

Seit über 40 Jahren steht die SM Motorenteile GmbH aus dem Großraum Stuttgart nicht nur für technische Exzellenz, sondern auch für starke persönliche Werte in ihren gewachsenen Geschäftsbeziehungen entlang der…

Innovation aus der zweiten Reihe

Interview mit Maxim Theiss, Geschäftsführer der Scala Design Technische Produktentwicklung GmbH

Innovation aus der zweiten Reihe

Während viele Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stagnieren, hat Scala Design aus dem baden-württembergischen Gärtringen seinen Umsatz in vier Jahren mehr als verdoppelt. Das Geheimnis des 39 Jahre alten Familienunternehmens…

Das könnte Sie auch interessieren

Wenn Tradition auf Zukunft trifft

Interview mit Ralf Waibl, Vorstand FUTRONIKA AG

Wenn Tradition auf Zukunft trifft

Die Lohnfertigung spielt eine entscheidende Rolle in verschiedenen industriellen Bereichen. Unternehmen setzen vermehrt auf Lohnfertigung, um flexibler auf Marktanforderungen reagieren zu können und gleichzeitig ihre Kernkompetenzen zu stärken. Die FUTRONIKA…

Mit Swiss Made, Digitalisierung und Komplettlösungen zum Erfolg

Interview mit Stefan Matti, CEO und Inhaber der Leutenegger + Frei AG

Mit Swiss Made, Digitalisierung und Komplettlösungen zum Erfolg

In unserem exklusiven Interview mit Stefan Matti, der gemeinsam mit seiner Frau Sandra im Jahr 2023 das Ruder bei dem Schweizer Hersteller von Industrieanlagen mit Kernkompetenzen in den Bereichen Oberflächentechnik…

Die Maschinologen und ihre Vielfalt

Interview mit Lutz Lindner, Geschäftsführer der Bauer Maschinen und Technologie GmbH & Co. KG

Die Maschinologen und ihre Vielfalt

Sie gehört zu einer starken Unternehmensgruppe. Die Bauer Maschinen und Technologie GmbH & Co. KG fertigt im Auftrag ihrer Kunden komplexe Baugruppen ebenso wie vollständige Maschinen und Sondermaschinen. Dabei stehen…

TOP