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Interview mit Dr. César Collazo, Geschäftsführer der COTEC GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Collazo, was können Sie uns über die Historie von COTEC erzählen?
César Collazo: Das Unternehmen gibt es seit 1997. Seitdem hat es spezielle Produkte für die Brillen- und die Automobilindustrie entwickelt. Bis November 2020 war die Firma inhabergeführt. Dann hat die SDC Technologies Inc., die zur Mitsui Chemicals Group gehört, COTEC gekauft. Ich gehörte damals bei SDC zum Akquisitionsteam. Die Kollaboration beider Unternehmen hatte bereits etwa eineinhalb Jahre zuvor begonnen. Denn sowohl der Eigentümer von COTEC als auch SDC haben die Synergien gesehen: SDC ist ein weltweit agierendes Unternehmen mit einem viel weitreichenderen Footprint als die COTEC, die nur Geschäfte in Europa machte. Durch die Kollaboration konnte die COTEC ihren internationalen Footprint und auch die Technologien aufbauen. Als SDC haben wir Zugang zu Produkten, die der COTEC nicht zur Verfügung standen. Andersherum hatte SDC keinen Zugang zu der Chemie, der Technologie und den Maschinen, die COTEC herstellt. Wir haben also eine Win-win-Situation geschaffen. Die nächste Stufe wird nun sein, größere Kollaborationen mit Partnern anzugehen, die bis dato nicht möglich waren, weil die COTEC die notwendige Reichweite nicht hatte.
Wirtschaftsforum: Agiert COTEC weiterhin nur von Karlstein aus?
César Collazo: Ja, Karlstein ist unser einziger Standort. Hier sind 23 Mitarbeiter beschäftigt, zwei weitere arbeiten Remote. Im Rahmen unserer Aktivitäten mit SDC werden wir jetzt von einem Entwicklungsteam von 15 Chemikern in Kalifornien bei der Entwicklung neuer Produkte unterstützt.
Wirtschaftsforum: Wie sieht denn Ihr Portfolio heute aus – wo liegen die Kernkompetenzen von COTEC?
César Collazo: Unsere Stärke liegt in der Entwicklung von Hydrophobmaterialien, also der chemischen Entwicklung von Materialien zur Wasser- und Schmutzabweisung, und der Entwicklung von Maschinen zur Applikation dieser Materialien. Unsere wichtigsten Zielgruppen sind zum einen die ophthalmische Industrie, konkret die Korrekturglas- und Sonnenbrillenindustrie, und zum anderen die Automobil- und Glasindustrie.
Wirtschaftsforum: Hat sich mit den neuen Eigentumsverhältnissen auch eine andere Unternehmenskultur entwickelt?
César Collazo: Ja, durchaus. Wir haben eine Umstrukturierung vorgenommen, sodass wir nun mit zwei starken Säulen arbeiten, der technischen sowie der kaufmännischen und Controlling- Säule. Mit den jeweils verantwortlichen Mitarbeitern arbeite ich eng zusammen. Daneben haben wir noch die Entwicklung mit der Kollaboration mit den USA als eine Matrixorganisation. Neu ist nach der Umstrukturierung, dass nicht nur Führungskräfte Verantwortung übernehmen, sondern auch die Teammanager. In UK praktizieren wir das schon seit über zehn Jahren erfolgreich. Für unser Team in Deutschland ist es ein Novum. Es ist natürlich ein Lernprozess, in dem wir uns gerade befinden. Die Leute sind aber glücklich darüber, dass man ihnen mehr Freiheit gegeben hat und sie eigene Entscheidungen treffen können. Wir haben auch neue Personen ins Team geholt, die schon etwas angepasster an diese Kultur sind. Ich denke, dieser Prozess war bisher recht erfolgreich. Dass wir bereits erste Erfolge erzielt haben, ist sehr schön, denn es motiviert das Team. Empowering ist etwas, das wir wirklich leben in unserem Unternehmen.
Wirtschaftsforum: Was macht Ihrer Meinung nach das Unternehmen so erfolgreich?
César Collazo: Dem Feedback der Kunden und des Marktes zufolge ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren unsere Zuverlässigkeit. Gerade in einer sehr traditionellen und konservativen Branche wie der Brillenindustrie spielt das eine große Rolle. Dazu kommt, dass wir sehr flexibel sind und extrem schnell reagieren, wenn es darum geht, Kundenwünsche zu erfüllen. Und nicht zuletzt haben wir die richtigen Mitarbeiter, die unsere Werte an die Kunden weitertragen. Ich erlebe bei ihnen eine große Hingabe und einen großen Zusammenhalt im Team. Wirtschaftsforum: Mit entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens sind natürlich die Rahmenbedingungen. Haben Sie diesbezüglich bestimmte Erwartungen oder Wünsche an die neue Bundesregierung? César Collazo: Ich würde mir mehr Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen wünschen sowie mehr Flexibilität im Hinblick auf die Administration. Verglichen mit dem europäischen Ausland ist es in Deutschland unglaublich schwierig, adminis-trative Vorgänge durchzuführen. In Spanien beispielsweise ist es ganz einfach, ein Dokument komplett elektronisch weiterzuleiten, während in Deutschland immer noch sehr oft eine Präsenz erforderlich ist, man also irgendwo hingehen und unterschreiben muss.
Wirtschaftsforum: Leidet COTEC auch unter dem Fachkräftemangel?
César Collazo: Das ist auf jeden Fall ein Thema, gerade in unserer Region, wo sehr viele Unternehmen ansässig sind. Für kleine Unternehmen wie uns ist es ein Problem, dass sie bei dem Gehaltsniveau großer, weltweit operierender Firmen nicht mithalten können. Auch kostentechnisch können wir teilweise nicht konkurrieren. Umso mehr bedeutet das, flexibel zu sein und die richtigen Mitarbeiter finden zu müssen. Unser Mehrwert liegt in dem, was große Unternehmen nicht bieten können, zum Beispiel die Motivation als Team. Bei uns arbeiten alle wie in einer kleinen Familie zusammen. Die Kollegen haben Verständnis füreinander und lernen voneinander Dinge, die man woanders nicht lernen kann.
Wirtschaftsforum: Welche Vision haben Sie für Ihr Unternehmen?
César Collazo: Die Verwendung der Chemie, die wir heute benötigen, steht unter starkem politischen und umwelttechnischen Druck. Dem müssen wir entgegenwirken. Wir wollen unsere Entwicklungsressourcen verdoppeln, um auch in der grünen Chemie Fuß fassen und neue Materialien vorstellen zu können. Diese Technologie würde ich auch gern auf den großen amerikanischen Markt bringen.