Seepferdchen & Co.: Zum Schmelzen süß

Interview mit Michael Strumpen, Geschäftsführer der Chocolaterie Guylian Deutschland GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Strumpen, die Schokoladentradition Ihres Hauses reicht weit zurück. Wie begann die Geschichte von Guylian?

Michael Strumpen: Das Unternehmen ist 1958 aus einer Liebesgeschichte entstanden. Der belgische Unternehmensgründer Guy Foubert, ein begeisterter Chocolatier, hat in diesem Jahr seine Verlobte Liliane geheiratet. Aus der Zusammenführung ihrer Vornamen entstand der Name Guylian. Guy Foubert hat die berühmte Rezeptur für unsere Nuss-Nougat-Füllung entworfen, seine Frau war zuständig für die schöne Marmorierung, die Formung der Meeresfrüchte und die Verschmelzung von weißer, dunkler und Vollmilchschokolade.

Wirtschaftsforum: Wie ging es dann weiter mit Guylian?

Michael Strumpen: Über die Jahrzehnte hat sich das Unternehmen immer weiterentwickelt. 1985 begann der Bau unserer heutigen Produktionsstätte in Sint-Niklaas in Belgien. Erst entstand die Produktionslinie für Meeresfrüchte, dann kamen am gleichen Standort weitere hinzu, von der Opus-Reihe über die La Trufflina-Trüffel bis zu den Temptations. 2017 folgte die Produktionslinie für die Tafelschokolade. Ein weiterer wichtiger Schritt war unser Markenrelaunch 2022. In diesem Zuge wurden auch die Rezepturen weiter optimiert, indem wir nur noch ganze Haselnüsse verarbeitet haben. Die Verpackung wurde ozeangrün und erhielt ein neues Design. Das Plastik-Sichtfenster haben wir aus Umweltgründen herausgenommen, die Verpackung recyclingfähig gemacht und zudem auf Fairtrade-zertifizierten Kakao umgestellt.

Wirtschaftsforum: Wie ist das Unternehmen heute aufgestellt?

Michael Strumpen: Unser Hauptsitz und Produktionsstätte ist Sint-Niklaas bei Antwerpen. Daneben gibt es eine Niederlassung in England und unseren Standort in Krefeld für den Vertrieb in der DACH-Region. Guylian beschäftigt insgesamt 200 Mitarbeiter. In Deutschland haben wir ein kleines, effektives Team, das im Außendienst mit vier Handelsagenturen zusammenarbeitet. Unser Umsatz liegt bei 13 Millionen EUR, 65 Millionen EUR generiert das gesamte Unternehmen. Von Belgien exportieren wir in etwa 100 Länder.

Wirtschaftsforum: Welche Impulse können Sie dem Unternehmen als Geschäftsführer geben?

Michael Strumpen: Wir befinden uns gerade in rauer See, in einem mehrjährigen Transformationsprozess. Seit meinem Eintritt ins Unternehmen 2021 folgte eine Krise auf die andere. Seit 1,5 Jahren gehen die Kakaopreise durch die Decke, ebenso die Preise für Haselnüsse und Zucker. Die Herstellungskosten sind um 50 bis 60% gestiegen. Das ist unsere größte Herausforderung. Die Margen sind seit zwei Jahren rückläufig. Dem müssen wir entgegenwirken, indem wir uns neu aufstellen und die Marke stärken, um uns im deutschen und europäischen Lebensmittelhandel unabhängig zu machen. Unser Team ist dabei, neue Kunden zu gewinnen wie zuletzt Aldi. Wir müssen unser Volumenwachstum vorantreiben. Zu dem Bündel der notwendigen Maßnahmen gehören Kostenkontrolle, Preiserhöhungen und Absicherungsstrategien.

Wirtschaftsforum: Wie sehen Sie die Entwicklung im Markt generell?

Michael Strumpen: Die ganze Branche hat mit den Rahmenbedingungen zu kämpfen. Die Volumina im Pralinenmarkt sind rückläufig. Die Leute kaufen weniger hochwertige Pralinen. Die Umsatzsteigerungen sind rein preisgetrieben. Marken werden mehr in der Aktion gekauft. Es gibt auch einen großen Trend zu Eigenmarken des Handels. Um unsere Fabrik auszulasten, brauchen wir auch das Volumen von Eigenmarken.

Wirtschaftsforum: Was zeichnet die Marke Guylian besonders aus?

Michael Strumpen: Zunächst natürlich die besondere Form unserer Meeresfrüchte, die einen hohen Wiedererkennungswert hat. Wir haben elf verschiedene Formen in der Packung. Zum anderen die Marmorierung mit ineinander verschmolzener weißer, dunkler und Vollmilchschokolade. Dazu kommt der besondere Glanz. Das bekommt kein Anderer so hin. Und auch unsere Nuss-Nougat-Füllung ist eine Besonderheit.

Wirtschaftsforum: Welches werden Ihrer Meinung nach die Artikel der Zukunft sein?

Michael Strumpen: Unsere Kern-DNA ist die Meeresfrüchtefamilie, darauf werden wir aufbauen. Diese können wir in verschiedenen Formen weiterentwickeln, etwa als eingepackte Pralinchen in verschiedenen Darreichungsformen, Flavours und Geschmacksrichtungen. Wir haben jetzt zum Beispiel eine Zartbittervariante mit 72% Kakaoanteil eingeführt, die gut läuft. Vorstellbar wäre auch eine Karamellvariante in Meeresfrüchteform.

Wirtschaftsforum: Was sind die Gründe für den Erfolg Ihres Unternehmens?

Michael Strumpen: Neben der starken Marke ist ein weiterer Erfolgsfaktor sicher unser starker Eigentümer. Die Familie Foubert hat das Unternehmen 2008 an die südkoreanische Lotte Gruppe verkauft. Sie ist ein internationales, sehr finanzstarkes Konglomerat von Beteiligungen im Konsumgüterbereich. Bei Investments profitieren wir davon, einen starken Partner hinter uns zu haben. Am wichtigsten sind aber die Menschen, die füreinander durchs Feuer gehen. Wir haben ein exzellentes Managementteam, eine gute Mischung aus erfahrenen und neuen Leuten. Unsere Unternehmenskultur ist sehr hands-on. Wir geben unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel Verantwortung und schenken ihnen Vertrauen.

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