Das Geheimnis präziser Mechanik
Interview mit Andrea Chiaravalli, Geschäftsführer der Chiaravalli Group SpA
Wirtschaftsforum: Herr Chiaravalli, Ihr Unternehmen wurde 1952 von Silvio Chiaravalli, Ihrem Großvater, gegründet. Seit wann sind Sie dabei?
Andrea Chiaravalli: Die Firma blickt auf eine Historie von mehr als 60 Jahren zurück. Ich gehöre zur dritten Generation und bin seit sechs Jahren im Unternehmen.
Wirtschaftsforum: Was waren die wichtigsten Meilensteine in den vergangenen sechs Jahrzehnten?
Andrea Chiaravalli: Wir haben als Hersteller von mechanischen Antrieben für Fahrräder und Motorräder angefangen. Damals hatten wir drei oder vier Maschinen. Heute konzentrieren wir uns vorwiegend auf industrielle Antriebe und produzieren für die Öl- und Gasindustrie, die Metallindustrie, die Luftfahrtbranche, die Bereiche Landweg und Eisenbahn sowie die Medizinbranche.
Getriebe für Motorräder stellen wir ebenfalls nach wie vor her. Zu den weiteren Kunden gehören die Landwirtschaft, die Nutzfahrzeugindustrie und der Bereich alternative Energien. Als mein Vater in die Firma kam, gab es erste mechanische Antriebe aus China. Unsere Stärke war, die Firma neu zu strukturieren; wir waren vielleicht die Ersten in Europa, die Produkte aus China importiert, aber mit Erzeugnissen aus heimischer Produktion ‘Made in Italy’ in entsprechender Qualität kombiniert haben. Wir achten sehr auf die Qualität.
Wirtschaftsforum: Wie viele Maschinen haben Sie heute?
Andrea Chiaravalli: Wir haben heute 300 Werkzeugmaschinen im Einsatz; die letzte Erneuerung der Produktionsanlagen liegt nur zwei Jahre zurück. Außerdem haben wir in unsere Lagerkapazitäten investiert. Unser Logistikzentrum in Cantalupa ist mit 30.000 m2 Fläche das größte Lager für Getriebe in Europa. Parallel haben wir den Bereich E-Commerce ausgebaut, um den Onlinehandel weiter vo-ranzutreiben.
Wirtschaftsforum: Sie haben mal als reiner Hersteller angefangen. Heute sind Sie darüber hinaus mehr im Servicebereich tätig.
Andrea Chiaravalli: Ja, wir verstehen uns nicht nur als Lieferanten, sondern als strategischen Partner für unsere Kunden, der sie mit der exakt passenden Lösung für ihre mechanischen Antriebsaufgaben versorgt.
Wirtschaftsforum: Wie groß ist denn Ihr Sortiment im Bereich mechanische Antriebe?
Andrea Chiaravalli: Die Chiaravalli Group ist ein Zusammenschluss von acht Firmen. Wir sind heute in der Lage, 60.000 Artikel zu liefern, alle auf Lager. Neben einer großen Auswahl an Standardgetrieben bieten wir Untersetzungsgetriebe und Elektromotoren, Spindel- und Hubgetriebe sowie Kugellager. Wenn der Kunde in die Welt von Chiaravalli kommt, findet er alles, was mit Übertragung von Bewegung zu tun hat. Außerdem produzieren wir mechanische Präzisionsteile und Klingen für Aufschnittmaschinen. In letzterem Bereich sind wir sogar Weltmarktführer.
Wirtschaftsforum: Wie würden Sie Ihre derzeitige Marktposition beschreiben?
Andrea Chiaravalli: Wir gehören zu den führenden Anbietern von industriellen Antrieben in Europa. Vor allem dank unseres Know-how im Bereich Präzisionsmechanik. Mechanik und Präzision sind Teil unserer DNA. Außerdem sind wir in der Lage, viele spezielle Getriebelösungen auf Kundenwunsch herzustellen. Die individuellen Bedürfnisse des Kunden und des Marktes zu erkennen, ist das A und O.
Wirtschaftsforum: Wie stark sind Sie im Ausland engagiert?
Andrea Chiaravalli: Wir haben zwei Niederlassungen in Polen und Tschechien und exportieren derzeit rund 50% unserer Produkte. Deutschland ist für uns ein wichtiger Markt, Europa im Allgemeinen. Wir glauben sehr an Europa und errichten gerade ein europäisches Netzwerk mit Distributoren, die unsere Produkte vertreiben sollen. Wir beliefern wichtige Hersteller auch direkt, zum Beispiel die VOITH-Gruppe in Deutschland.
Wirtschaftsforum: Das heißt, Sie wollen weiter wachsen?
Andrea Chiaravalli: Ja, wir sind in den letzten Jahren immer gewachsen und wollen den Wachstumskurs weiter fortsetzen, vor allem durch unsere technischen Kompetenzen. Dabei bleibt der Automobilsektor zunächst außen vor, obwohl wir für den Bereich Automotive zertifiziert sind.
Wirtschaftsforum: Wie setzen Sie sich von der Konkurrenz ab, die ja ebenfalls weiter wachsen will?
Andrea Chiaravalli: Alles, was wir machen, haben wir auf Lager. Wir sind nicht nur Importeure, wir sind auch Hersteller. Wir wissen genau, welche Artikel wir importieren müssen und welche wir herstellen können und bieten eine erstklassige Kundenbetreuung. Qualität bezieht sich nicht nur auf das Produkt. Qualität kann auch Service sein: individuelle Beratung, persönliche Betreuung, sofortige Lieferfähigkeit. Probleme für die Kunden zu lösen. Das ‘Made in Italy’ der Mechanik. Das alles zusammengenommen ist die wahre Qualität.
Wirtschaftsforum: Was sind Ihre Ziele für die nächsten Jahre?
Andrea Chiaravalli: Den Service und die Kundennähe weiter ausbauen. Und die internationale Expansion weiter vorantreiben. Hierfür denken wir auch darüber nach, weitere Zusammenarbeiten mit unseren aktuellen Händlern zu schaffen.