Leckageortung für Fernwärmenetze

Interview mit Jörg Bartsch, Geschäftsführer der BRANDES GmbH

Die BRANDES GmbH gilt als Marktführer und ist Erfinder des NiCr-Systems zur Feuchtefrüherkennung und Leckageortung in Rohren, Behältern sowie in hochsensiblen Räumen und Anlagen. An dem Grundprinzip, nach dem das NiCr-System arbeitet, hat sich seit der Erfindung durch BRANDES im Jahre 1971 nichts geändert.

Einfach aber effektiv

Das Widerstandsortungsverfahren nutzt eine perforiert isolierte Fühlerader als Sensor, die mit einer isolierten Rückführader eine Messschleife bildet und in der Rohrdämmung eingebettet ist. Durch die in Abständen angebrachten Öffnungen in der Aderisolierung stellt eventuell vorhandene Feuchtigkeit einen Kontakt zwischen Fühlerader und Mediumrohr her. Die daraus resultierende Änderung des elektrischen Widerstands löst ein Warnsignal aus. „Das System erkennt Feuchte in der Rohrdämmung bereits im Entstehen, ortet sie unvergleichbar früh punktgenau und meldet sämtliche Messwerte automatisch an die zentrale Überwachungseinheit“, erklärt Geschäftsführer Jörg Bartsch, der vor einem Jahr die Geschäftsleitung bei BRANDES übernommen hat. „So lassen sich Schäden an den Leitungen frühzeitig erkennen und kostengünstig beseitigen.“

Alles im grünen Bereich?

Fernwärmetrassen werden in Messabschnitte von ca. 1.000m Länge eingeteilt und z.B. durch automatisch ortende Trassenrechner überwacht. Erdverlegte Busleitungen melden Mess- und Statusdaten an eine Zentrale sowie eine optional betriebene PC-residente Bedien- und Vernetzungssoftware. Alternativ stehen kabellos vernetzte Trassenrechner mit LTE-Anbindung zur Verfügung. Die gemischte Anwendung dieser Trassenrechner eröffnet eine hohe Variabilität in der Planung und Auslegung eines Überwachungssystems und damit einen hohen Nutzungsgrad.

Fernüberwachung durch IoT

Diese weitreichenden Möglichkeiten lassen sich nunmehr durch die Nutzung des IoT (Internet of Things) nochmals toppen. HEATCONN heißt die neue Plattform und bietet eine bisher noch nicht vorhandene Transparenz sowie Handlungsvielfalt in der Bedienung und Visualisierung sämtlicher Systemmeldungen. HEATCONN reduziert Kontrollfahrten und Aufklärungsaufwand bei Maßnahmen zur Schadensbeseitigung. Das spart Zeit und Geld, entlastet die Mitarbeiter und macht sich last but not least sogar in der CO2-Bilanz bemerkbar.

„Leckagen in Fernwärmenetzen treten in der Regel schleichend auf, dürfen aber nicht zu lange ignoriert werden“, so Jörg Bartsch. Daher verfügen BRANDES-Systeme über mehrstufige Ansprechschwellen, die sich vom Anwender editieren lassen, ebenso wie weitere Parametrierungen der Überwachungshardware. Sämtliche Daten und Systemmeldungen lassen sich im HEATCONN Dashboard übersichtlich visualisieren. Damit verfügen Anwender über eine einzigartige Systemsoftware, die sowohl auf mobilen Geräten wie auch stationär anwendbar ist. „Entweder unsere Servicetechniker fahren raus zu dem Kunden oder der Kunde nutzt unsere mobilen Messgeräte.“

Komplettpaket

„Unser Geschäft basiert auf mehreren Säulen – Adern, Geräte, Software und Service“, beschreibt Jörg Bartsch. „Andere hingegen verkaufen nur die Geräte. Dank eigener Forschung und Entwicklung bietet BRANDES seit je her komplette Systemlösungen an. Alle Komponenten und Verfahren sind erprobt. Mit der Schulung und Zertifizierung von Montagefirmen bilden wir die Basis zu einer nachhaltigen Rohrnetzüberwachung. Die Funktion und Wirkungsweise der BRANDES-NiCr-Messschleifen basiert auf fundierten Kenntnissen, zu denen Drittanbieter keinen Zugang haben. Daher versagen Nachahmungen und Kopien unserer Technik zumeist sehr schnell.

Die Erwartungen an zukunftsweisende Überwachungssysteme orientieren sich an den Fernheizleitungen, deren Betriebsdauer sich über viele Jahrzehnte erstrecken. Dieses lässt nicht zu, dass Überwachungssysteme aus Komponenten, Hard- und Software beliebiger Zulieferer zusammengewürfelt werden. Die Erfahrungen belegen Inkompatibilitäten der Technik sowie unzureichende Erfahrungen bei Unternehmen und deren Mitarbeitern.

Es versteht sich in dem Zusammenhang von selbst, dass sich für uns als Systemhersteller Garantien erstens nur auf unsere Leistungen beschränken, wir uns jedoch genötigt sehen, auch diese zu versagen, wenn unsere Leistungen durch Drittanbieter beeinflusst oder gefährdet werden.

Wir legen großen Wert auf die Qualität unserer Materialien. So unterliegt z.B. die Fertigung der NiCr-Fühlerader einem Betriebsgeheimnis und wird exklusiv durch ein Partnerunternehmen gefertigt. Sämtliche Entwicklungen und Erprobungen finden im BRANDES Stammhaus statt, und wir arbeiten mit zahlreichen Netzbetreiben bei der kundenseitigen Prüfung von Neuentwicklungen zusammen. Ohnehin folgt die Firma BRANDES Empfehlungen erfahrener Netzbetreiber bei der Entwicklung und Verbesserung unserer Produkte.

Überwachungspflicht kommt?

Es mag überraschen, dass Überwachungssysteme wie das BS NiCr-System für Fernwärmenetze nicht obligatorisch sind. „Es gibt viele Faktoren, die zur Entstehung von Leckagen in Fernwärmerohren beitragen“, sagt Jörg Bartsch. „Ein System, das in Bukarest vor nur 20 Jahren ohne Überwachungssystem installiert wurde, wird jetzt komplett ersetzt, weil die Leitungen alle marode sind. Dieses Mal wird unser System gleich mit eingebaut. Dabei macht das System nur 5% der Gesamtkosten des Bauvorhabens aus.“ es liegt auf der Hand, dass eine Nachrüstung eines solchen Systems nicht möglich ist. Jedoch gibt es gute Gründe dafür, dass bei der neuen Welle von Projekten ein Überwachungssystem als Versicherung gegen die Kosten künftiger Sanierungsarbeiten vorgesehen wird. „Drei Fernwärmeverbände setzen sich derzeit dafür ein, dass Leckageortungssysteme zur Pflicht werden. Das würde uns natürlich einen großen Schub geben“, bemerkt Jörg Bartsch.

Neue Märkte erschließen

Dennoch ist BRANDES bestrebt, seine Kundenmärkte zu erweitern. „Ein weiterer wichtiger Markt für uns ist die Kühlung“, sagt Jörg Bartsch. Die Überwachung von z.B. IT-Centern, bei denen Gefahren durch Kühlmittellecken gleich große Bereiche des Internetzes oder in Mobilfunknetzen betreffen können, bildet bereits seit vielen Jahren einen wichtigen Anwendungsbereich. „Da das Klima weltweit immer heißer wird, steigt auch der Bedarf an Kühlsystemen und der frühzeitigen Erkennung von Kühlmittelleckagen in Gebäuden. Bislang haben wir ein System nach Dubai geliefert, aber wir gehen davon aus, dass dieser Geschäftsbereich in Zukunft wachsen wird.“

Die Herausforderung für uns besteht darin, das Bewusstsein für unsere Systeme und deren Nutzen für unsere Kunden zu schärfen“, sagt Jörg Bartsch. „Die Sensorik muss nämlich in den Rohren installiert werden, bevor diese in den Boden eingebracht werden.“ Derzeit herrscht in den Städten und Gemeinden aufgrund der politischen Richtungslosigkeit und klaffender Haushaltsdefizite eine große Unsicherheit. „Wir warten immer noch darauf, dass die entsprechenden Gesetze verabschiedet werden,“ fährt Jörg Bartsch fort. „In einem Vierteljahr wird es mehr Klarheit geben.“

Ziele bis jetzt erreicht

Trotz der Ungewissheit ist der Geschäftsführer mit der Entwicklung des Unternehmens seit seiner Übernahme vor einem Jahr zufrieden. „Der Umsatz lag im Jahr 2022 bei 6,25 Millionen EUR und wir haben unser Ziel von sieben Millionen EUR im Jahr 2023 erreicht. Wir sind nicht nur auf dem heimischen Markt gut vertreten, sondern auch im übrigen Europa auf dem Vormarsch. Mit dem Erwerb unseres ersten Projekts in Dubai haben wir einen wichtigen Schritt in Richtung Naher Osten gemacht.“ Mit nur 41 Mitarbeitern ist das Unternehmen überschaubar, aber extrem innovativ. Die Veränderungen im letzten Jahr wurden von der Belegschaft sehr gut aufgenommen. „Wir blicken äußerst positiv in die Zukunft“, sagt Jörg Bartsch abschließend. „Fernwärme ist in aller Munde. Die Investitionen werden kommen.“

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