Wie Schallschutz zur Schlüsseltechnologie wird
Interview mit Wilfried Thies, Geschäftsführer der FAIST Anlagenbau GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Thies, FAIST Anlagenbau ist ein Unternehmen mit einer über 100-jährigen Geschichte. Wie hat es sich entwickelt?
Wilfried Thies: FAIST wurde 1904 in Krumbach gegründet und begann mit der Produktion von Filzpantoffeln und Asphaltfilzen. Dies war damals ein typisches Handwerk, das durch die industrielle Fertigung optimiert wurde. 1974 folgte ein wichtiger Wendepunkt in der Unternehmensgeschichte: Wir gründeten den Bereich FAIST Anlagenbau, um Schallschutzkabinen für die Industrie zu entwickeln. In den darauffolgenden Jahrzehnten haben wir unser Angebot stetig erweitert und uns auf die Bedürfnisse moderner Industrien spezialisiert. 1996 wurde der Anlagenbau aus der KG ausgegliedert und zog in ein modernes Werk in Niederraunau um. Meilensteine wie die Einführung einer Pulverbeschichtungsanlage im Jahr 2001, der Bau eines neuen Bürogebäudes 2008 und die Eröffnung unseres Ausbildungszentrums FACE sowie einer automatisierten Fertigungshalle im Jahr 2010 zeigen, wie stark unser Fokus auf Innovation und Wachstum liegt.
Besonders wichtig war die Restrukturierung ab 2017, die letztlich im Verkauf an einen Schweizer Investor im Jahr 2020 mündete. Dies war ein Wendepunkt für FAIST, denn seither haben wir nicht nur unsere Marktposition gestärkt, sondern auch unsere Umsätze deutlich gesteigert.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielen Ihre Mitarbeiter, und wie haben sich Ihre Umsatzentwicklungen in den letzten Jahren gestaltet?
Wilfried Thies: Unsere 250 Mitarbeiter sind der Grundpfeiler unseres Erfolgs. Am Standort Bremen, der sich auf die Entwicklung und Produktion von Luftfilteranlagen spezialisiert hat, erzielen wir einen Umsatz von 50 Millionen EUR. Der Aufbau dieses Standortes war für mich der Beginn meiner Zusammenarbeit mit FAIST. Insgesamt beläuft sich unser Jahresumsatz auf 100 Millionen EUR – ein Wert, der in den letzten Jahren stetig gewachsen ist. Zum Zeitpunkt des Verkaufs im Jahr 2020 lagen wir bei etwa 57 Millionen EUR Umsatz, konnten diesen aber durch gezielte Maßnahmen und die Unterstützung unseres Investors signifikant steigern. Unsere Unternehmensphilosophie, die auf den ‘4 Fs’ basiert, spielt dabei eine zentrale Rolle. ‘FAIST’ steht für unsere Unternehmenskultur und die Zusammenarbeit im Team, die wir in den letzten Jahren neu definiert haben. ‘FIT’ fokussiert sich auf Effizienzsteigerungen, um Margen zu sichern. ‘FOR’ stellt den Kunden und dessen Bedürfnisse in den Mittelpunkt, und ‘FUTURE’ ist unser Leitmotiv für Wachstum und Innovation. Besonders hervorheben möchte ich hier unsere langfristige Partnerschaft mit Siemens Energy, die zeigt, wie stark wir in der Branche verankert sind. Als drittgrößter Systemlieferant für Siemens Energy weltweit haben wir eine Schlüsselrolle in der Versorgung mit Luftansaugsystemen und weiteren Komponenten.
Wirtschaftsforum: Der Markt bringt sicherlich auch Herausforderungen mit sich. Wie begegnen Sie diesen, insbesondere im Hinblick auf Energiekosten und Regularien?
Wilfried Thies: Die steigenden Energiekosten und immer strengere Regularien wie das Lieferkettengesetz sind für uns und viele mittelständische Unternehmen eine Herausforderung. Besonders die Dokumentationspflichten, die mit Nachhaltigkeitsgesetzen verbunden sind, erfordern zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen. Um flexibler auf Marktveränderungen zu reagieren, haben wir uns im Einkauf strategisch neu aufgestellt. So verlagern wir beispielsweise Teile unserer Beschaffung von China nach Indien. Diese Entscheidung basiert nicht nur auf wirtschaftlichen Überlegungen, sondern auch auf geopolitischen Risiken, die wir mit einem diversifizierten Ansatz minimieren möchten. Unsere globale Einkaufsmacht gibt uns dabei einen entscheidenden Vorteil. Zudem gehören wir zu den führenden Anbietern von Schallschutzlösungen für Energieanlagen und Kraftwerke, was uns eine stabile Marktposition sichert, selbst in wirtschaftlich unsicheren Zeiten.
Wirtschaftsforum: Sie erwähnten internationale Märkte. Welche Regionen sind für FAIST besonders interessant, und wie sieht Ihre Strategie aus?
Wilfried Thies: Unsere internationale Ausrichtung ist eine unserer großen Stärken. Im Akustikbereich konzentrieren wir uns auf den europäischen Markt, wo wir insbesondere in der Automobilindustrie mit schallisolierenden Lösungen überzeugen. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage in Europa expandieren wir aktuell mit unseren Akustikprodukten in den weltweiten Markt. Im Power-Bereich hingegen sind wir seit jeher weltweit tätig. Hier decken wir nahezu alle Märkte ab und profitieren von der globalen Nachfrage nach effizienten Filteranlagen und Schallschutzsystemen für Turbinen und Generatoren. Besonders spannend sind aktuell die USA und Dubai. In beiden Regionen bauen wir Standorte auf und etablieren Servicegeschäfte, um langfristig Wachstum zu sichern. Auch Messen spielen für uns eine Rolle, vor allem im Bereich Service und Aftermarket. Im Neuanlagenbereich arbeiten wir eng mit großen Kunden wie Siemens Energy und GE zusammen, mit denen wir eine langfristige Partnerschaft pflegen. Diese Kunden kennen uns gut, weshalb wir hier weniger auf Messeauftritte angewiesen sind, sondern auf direkte Kooperationen setzen.
Wirtschaftsforum: Welche Zukunftsvisionen verfolgen Sie für FAIST Anlagenbau?
Wilfried Thies: Wir blicken optimistisch in die Zukunft. Unsere Auftragsbücher für 2025 sind bereits voll und wir planen, in den nächsten Jahren rund 10 Millionen EUR in den Standort Deutschland zu investieren. Ziel ist es, unsere Produktionskapazitäten weiter auszubauen und zukunftsorientierte Projekte vo- ranzutreiben. Besonders spannend sind unsere „Future-Projekte“, mit denen wir neue Geschäftsfelder erschließen wollen. Dazu zählen der Oil-and-Gas-Sektor, der trotz des Übergangs zu erneuerbaren Energien weiterhin Potenzial bietet, sowie die Reinraumtechnik. Letztere sehen wir als eine natürliche Ergänzung zu unseren bestehenden Kompetenzen im Bereich Akustik. Mit unserer Produktion in Krumbach haben wir bereits die nötigen Fertigungsmöglichkeiten, um diesen Bereich zu erschließen. Unser langfristiges Ziel ist es, unseren Umsatz auf 130 Millionen EUR zu steigern, neue Märkte zu erschließen und unsere Marktführerschaft in Schlüsselbereichen weiter auszubauen.
Wirtschaftsforum: Was erwarten Sie von der nächsten Regierung, um Unternehmen wie Ihres zu unterstützen?
Wilfried Thies: Wir wünschen uns vor allem den Abbau von Bürokratie, insbesondere im Hinblick auf das Lieferkettengesetz, das mittelständische Unternehmen wie unseres stark belastet. Eine verlässliche Planbarkeit der Energiekosten ist ebenfalls essenziell. Es geht nicht darum, dass die Preise sinken – das erwarten wir nicht –, sondern darum, dass Unternehmen eine klare Perspektive haben. Nur so können wir strategische Investitionen wie die geplanten 10 Millionen EUR für den Standort Deutschland sicher umsetzen. Zudem erhoffen wir uns eine stärkere Unterstützung bei der Förderung von nachhaltigen Projekten und Innovationen, damit wir auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben. Der Mittelstand braucht klare und verlässliche Rahmenbedingungen. Nur so können wir langfristig planen und unsere Zukunft sichern – und dabei weiterhin Innovationen und Wachstum vorantreiben.