Wie man mit Pulver hochkomplexe Teile formt
Interview mit Thomas Bühler, CEO, und Jochen Prätz, Director Sales & Marketing der Alvier AG PM-Technology
Wirtschaftsforum: Herr Bühler, Herr Prätz, Alvier ist auf die Entwicklung und Produktion von Werkzeugkomponenten für das Pressen von komplexen, pulvermetallurgisch erzeugten Teilen spezialisiert.
Jochen Prätz: Ja, man spricht hier von sogenannten PM-Teilen, die zum Beispiel als Zahnräder in Motoren, Getrieben und Antrieben zum Einsatz kommen. Der Grundwerkstoff ist fein gemahlenes Metallpulver, welches mit hohem Druck und unseren Werkzeugen sowie anschließender Sinterung bei hohen Temperaturen zu einem festen Bauteil gepresst wird. Die Herausforderung besteht darin, zu verstehen, wie sich der Grundwerkstoff unter verschiedenen Einflüssen verhält, zum Beispiel beim Pressen. Die Produkte werden ja mit geringsten Toleranzen gefertigt. Jedes Werkzeug ist dabei individuell auf den einzelnen Kunden zugeschnitten.
Thomas Bühler: Wir bieten Komplettlösungen und unterstützen unsere Kunden schon ab der Entwicklungsphase. Wir helfen ihnen, die Machbarkeit zu realisieren. Oft gibt es schon etwas, wir bringen dann die entscheidenden Veränderungsvorschläge ein.
Wirtschaftsforum: Seit wann sind Sie in diesem technisch äußerst anspruchsvollen Markt tätig?
Jochen Prätz: Das Unternehmen wurde 1986 von vier Partnern gegründet, die ihre eigenen Konzepte umsetzen wollten. Seitdem stehen wir für Innovation und Entwicklung im Bereich spezieller Werkzeuge. 1990/91 waren wir die weltweit Ersten, die ein System zur automatischen Herstellung von schräg verzahnten Bauteilen entwickelt haben, sodass Getriebe leichter funktionieren. Hierfür wurden wir auch vom Branchenverband ausgezeichnet.
Thomas Bühler: Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema Neuentwicklung und damit, was der Markt braucht. Viele Kunden kommen zu uns, weil sie so anspruchsvolle Engineering-Lösungen brauchen, die sie woanders nicht bekommen können. Wir haben Leute, die im Markt als Problemlöser bekannt sind.
Wirtschaftsforum: Wir würden Sie Ihre Marktposition beschreiben?
Jochen Prätz: Wir gehören zu den führenden europäischen Herstellern, vor allem im Bereich von Teilen mit komplexer Geometrie.
Thomas Bühler: Und insbesondere, wenn es um die komplette Neuentwicklung von Teilen geht. Im Automotive-Bereich verzeichnen wir zum Beispiel eine verstärkte Nachfrage nach neuen Teilen für Elektromotoren, hier kommen neue Kunden zu uns.
Wirtschaftsforum: Welche Vorteile bieten Sie den Kunden?
Jochen Prätz: Unser hohes Fertigungs-Know-how. Wir verstehen das Grundprodukt und die Bedürfnisse unserer Kunden, wir optimieren und helfen den Kunden, Kosten zu reduzieren. Unser Standort steht für Präzision und Qualität, wir geben unseren Kunden Sicherheit und Zuverlässigkeit.
Thomas Bühler: Wichtig ist außerdem unsere Prototypenfertigung, die wir im Verbund mit unserer Muttergesellschaft, dem schwedischen Höganäs-Konzern, anbieten.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit?
Thomas Bühler: Der ganze Bereich Pulvermetallurgie ist nachhaltig, weil keine großen Abfälle entstehen und kein Material verschwendet wird. Das Pulver, das nicht gebraucht wird, kann wiederverwendet werden. Unser Konzern ist ganz weit vorn bei umweltgerechter Produktion.
Wirtschaftsforum: In welchen Märkten sind Sie aktiv?
Jochen Prätz: Zu 90% im Automotive-Bereich, in Europa, aber auch in Nord- und Mittelamerika sowie in Asien.
Wirtschaftsforum: Gibt es Schwerpunkte, die Sie sich für das laufende Jahr gesetzt haben?
Jochen Prätz: Wir wollen weiter Komplettlösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette anbieten, von der Idee bis zum fertigen Werkzeug. Gleichzeitig wollen wir den Wandel zur Elektromobilität weiter erfolgreich begleiten und die Prototypenfertigung ausbauen. Schon heute sind wir der einzige Werkzeughersteller in der Branche, der Prototypenteile fertigen kann. Dadurch können wir die Entwicklungskosten und -risiken unserer Kunden deutlich reduzieren.